IWF: Keine Lösung im Währungsstreit

Dies hiess es lediglich zum Abschluss der zweitägigen Beratungen in Washington. Die Erklärung überspielte die Meinungsverschiedenheiten namentlich zwischen den USA und China. Die USA werfen China vor, mit dem Ankauf grosser Mengen Dollar den Yuan künstlich tief zu halten und sich so unfaire Handelsvorteile zu verschaffen. China ist aber nicht allein: Auch die USA selber, Japan, Brasilien und Südkorea verstärkten ihre Anstrengungen, um ihre Währungen zu schwächen. Dazu pumpen die Zentralbanken Geld in den Markt oder kaufen Anleihen des eigenen Staats.


DSK sieht Grundlage für weitere Fortschritte
IWF-Direktor Dominique Strauss-Kahn wollte trotz fehlender Ergebnisse nicht von einem Fehlschlag reden. Der Boden sei bereitet für weitere Fortschritte auf dem G20-Gipfel im November in Seoul. Genau das sieht die Schweiz mit Sorgen: Denn trotz der Grösse ihres Finanzplatzes ist sie in der Gruppe der sogenannten 20 führenden Industrie- und Schwellenländern nicht vertreten. Darauf verwies auch Bundesrat Hans-Rudolf Merz in Washington und unterstrich die Bedeutung des IWF für die Schweiz.


Absage an nationale Alleingänge
Strauss-Kahn warnte mehrfach und eindringlich vor einer Eskalation des Währungsstreits und nationalen Alleingängen. Die weltweiten Ungleichgewichte und die fragile wirtschaftliche Situation verlangten nach einem Klima des Vertrauens und der Kooperation. Für einen Abbau der Ungleichgewichte plädierte in Washington auch der Präsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB), Philipp Hildebrand. Länder mit Export-Überschüssen wie China müssten ihre Binnennachfrage stärken, Länder mit Import-Überschüssen wie die USA müssten ihre Exportfähigkeit verbessern.


EFD: Kein «Währungskrieg»
Frankreichs Finanzministerin Christine Lagarde forderte, dass die Gegner zunächst ihre aggressive Rhetorik mässigten: «In einem Krieg gibt es immer einen Verlierer. In der jetzigen Situation darf es aber keinen Verlierer geben.» Von einem «Währungskrieg» zu reden, sei nicht angebracht, hiess es auch im Schweizer Finanzdepartement. US-Finanzminister Timothy Geithner hatte zuvor gefordert, der IWF müsse zu einer deutlicheren Sprache finden. Eine echte Reform der Kontrolle, die der IWF über die Währungspolitik einzelner Länder ausübe, sei eine der Herausforderungen für die Organisation. EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn schlug ähnliche Töne an.


Schweiz sieht Sitz nicht gefährdet 
Bewegung gab es bei den Verhandlungen um eine Reform des IWF. Ziel ist es, dem wachsenden Gewicht aufstrebender Wirtschaftsnationen wie China und Indien auch bei den Stimmrechten und Anteilen am IWF Rechnung zu tragen. Ein Durchbruch wird ebenso am kommenden G20-Treffen in Südkorea erwartet – also wiederum ohne Schweizer Beteiligung. Dabei geht es auch um den Schweizer Sitz im wichtigen Exekutivrat des IWF. Finanzminister Merz gab sich jedoch zuversichtlich, dass die Schweiz mit ihrer Stimmrechtsgruppe auch in Zukunft im Gremium vertreten sei. Es würden keine Modelle für eine Neuverteilung der Sitze diskutiert, bei der die Schweiz nicht mehr im Rat wäre.


Merz: Treffen mit Geithner
Die Schweiz sieht sich von einer möglichen Konsolidierung der EU-Vertretung nicht betroffen. Die schweizerische Stimmrechtsgruppe besteht aus Ländern, die – abgesehen von Polen – nicht zur EU gehören. Seit dem Beitritt Kasachstans sind insbesondere alle zentralasiatischen Länder in dieser Gruppe vertreten. Die Schweizer Delegation – neben Merz und SNB-Präsident Hildebrand war auch Staatssekretär Jean-Daniel Gerber in Washington – äusserte sich insgesamt positiv zur IWF-Tagung. Merz traf auf seiner letzten Dienstreise erneut US-Finanzminister Geithner. Die UBS-Steueraffäre sei aber kein Thema mehr gewesen, hiess es im Finanzdepartement.


Ökonom Rajan warnt vor Protektionismus
Der Chicagoer Starökonom Raghuram Rajan sieht im Währungskonflikt zwischen den USA und China eine Gefahr für die Weltwirtschaft. Die Eingriffe Chinas in die Wechselkurse, aber auch die lockere Geldpolitik der USA schafften ein Übermass an Liquidität und liessen Vermögensblasen entstehen. «Wenn dann die Stimmung kippt, könnte dies zu hässlichem Protektionismus führen», sagt Rajan: «Die Sache könnte eskalieren.» Rajan, Professor an der Booth School of Business der Universität von Chicago, plädiert für eine Aufwertung der chinesischen Währung.


Yuan-Unterbewertung «unfair»
Dass China den Yuan unterbewerte, stelle eine Art Subvention für den Exportsektor dar, die diese Unternehmen gar nicht mehr brauchten, weil sie längst auf eigenen Beinen stehen könnten. «Das Ganze verzerrt lediglich die Volkswirtschaft, es ist weder effizient noch fair.» Zugleich allerdings müssten die USA ihre Geldpolitik ändern, fordert der Wissenschaftler, der früher Chefökonom des Internationalen Währungsfonds war. Es sei gefährlich, die Zinsen auf Dauer am Boden zu halten; jeder achte nur auf die Vorteile niedriger Zinsen, ohne an die Kosten zu denken. «Solche ultra-niedrigen Zinsen ermutigen die Bürger, sich weiter zu verschulden und in risikoreiche Vermögenswerte zu investieren», kritisiert Rajan: «Wir treten hier viel zu fest aufs Gaspedal.» Die Volkswirtschaften trieben so von einer Krise zur nächsten. (awp/mc/ps/02)

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