Lohnschere hat sich 2006 weiter geöffnet

Insgesamt haben 2006 die Chefs von 24 börsenkotierten Schweizer Firmen sowie Post, Ruag, Coop und Migros 199 Mio CHF an Entschädigungen erhalten, wie die Dachorganisation der Arbeitnehmenden Travail.Suisse am Montag in Bern vor den Medien erläuterte. Das sind 32 Mio CHF oder 19% mehr als im Geschäftsjahr 2005. Für die vergangenen vier Jahr errechnet Travail.Suisse eine durchschnittliche Lohnerhöhung von 66% oder 76 Mio CHF.  Umgekehrt betrug die reale Lohnsteigerung der Arbeitnehmenden 2006 gesamtschweizerisch 0,1%. In den vergangenen vier Jahren stiegen die Reallöhne nur gerade um 0,8%. Damit ist die reale Lohnsteigerung der Chefs zwischen 2003 und 2006 80 mal höher als die der Arbeitnehmenden.


Unfeine Spitzenreiter
Als «unfeine Spitzenreiter» bei den höchsten Entschädigungen bezeichnete Susanne Blank, Leiterin Wirtschaftspolitik von Travail.Suisse, die Grossbanken Credit Suisse und UBS, den Nahrungsmittelmulti Nestlé sowie die Pharmakonzerne Novartis und Roche.


Novartis-Chef Daniel Vasella an der Spitze
Spitzenreiter ist mit 35,2 Mio CHF Novartis-Chef Daniel Vasella, 32,3 Mio CHF erhielt im Durchschnitt ein CS- Geschäftsleitungsmitglied, 26,6 Mio CHF UBS-Chef Marcel Ospel, 21,6 Mio CHF Roche-CEO und Verwaltungsratspräsident Franz Humer und 17,5 Mio CHF Nestlé-Chef Peter Brabeck.


Weiterhin ungebremst
«Die Lohnexzesse sind weiterhin ungebremst», stellte Blank fest. Besonders problematisch sei, dass es sich inzwischen nicht «nur um eine Handvoll Superabzocker» handle, auch Chefs von bisher unbescholtenen Firmen würden zur gierigen Aufholjagd blasen. Bei seiner Untersuchung findet der Gewerkschaftsdachverband keine CEO-Entschädigung unter der Millionengrenze, mit Ausnahme jener von Postchef Ulrich Gygi und Ruag-Chef Toni Wicki.


Oerlikon öffnet Lohnschere
Dem Mischkonzern Oerlikon, als Firma bei der sich die Lohnschere 2006 am meisten geöffnet hat, verleiht Travail.Suisse den Preis «Lohnschere 2006». Bei Oerlikon stieg der Durchschnittslohn der Geschäftsleitung im Vergleich zum Tiefstlohn um 109%. Knapp dahinter auf Rang 2 ist für 2006 der Spezialchemiekonzern Lonza (+106%) klassiert. Werden die Jahre 2003 bis 2006 verglichen, liegt Lonza weit vor Oerlikon an der Spitze. Um unglaubliche 450% hat sich beim Basler Konzern die Lohnschere erhöht. Auf dem dritten Podestplatz landete 2006 der Baukonzern Implenia (+53%).


Enttäuscht und kämpferisch
Hugo Fasel, Präsident von Travail.Suisse und CSP-Nationalrat, zeigte sich enttäuscht und kämpferisch. In den vergangenen drei Jahren sei mit der Veröffentlichung der Managerlöhne das Thema zwar breit diskutiert worden, konkrete Ergebnisse gebe es jedoch nicht.  Travail.Suisse unterstütze die von Arbeitgeberseite lancierte Abzocker-Initiative und werde mit ihrer Studie fortfahren. Konkret verlangte Fasel vollständige Transparenz über die Entschädigung jedes einzelnen Geschäftsleitungsmitglieds. In den Geschäftsberichten sollte ausserdem über den tiefsten Lohn Auskunft gegeben werden, «damit sich Verwaltungsräte wenigstens einmal im Jahr damit auseinandersetzen» müssten.


Aufgrund der Machtposition bezahlt
Fasel stellte weiter fest, dass die Entschädigungsformen immer raffinierter würden. Die Konzerne seien sehr erfinderisch mit neuen Systemen bei denen weitere Entschädigungen über Optionen und Aktien nicht im gleichen Jahr bezogen würden.  «Manager werden nicht aufgrund ihrer Leistung, sondern aufgrund ihrer Machtposition als Konzernchefs bezahlt», so Fasel. Arbeitnehmende müssten heute auf einen Teil ihres verdienten Lohnes verzichten, um die maximalen Managerlöhne zu alimentieren. (awp/mc/gh)

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