migros museum: Yoko Ono – Horizontal Memories








Mit einer umfassenden Einzelausstellung im migros museum für gegenwartskunst wird die japanische Künstlerin Yoko Ono (*1933) das erste Mal einem grösseren Publikum in der Schweiz vorgestellt. Bereits in den 1950er Jahren veranstaltete Yoko Ono erste Happenings und Performances und zählte später zu einer der treibenden Kräfte der Fluxus-Bewegung. Die Ausstellung verbindet ihre wichtigsten Arbeiten der 1960er und 1970er Jahre mit neueren Werken und bildet einen Schaffensüberblick. Gezeigt werden Installationen, Skulpturen, Filme, Fotos sowie ihre bekannten Instructions (Anleitungen). Ebenfalls wird ein Schwerpunkt auf das musikalische Werk der Künstlerin gelegt.


Amaze (1971/2003)

Installation; Plexiglas, Metall, Toilette aus Porzellan und Holz, Boden aus Holz

«Kunst ist eine Art des Überlebens» – Yoko Ono
Die Ausstellung, die einen retrospektiven Charakter aufweist, zeigt die Diversität der Künstlerin Yoko Ono auf, die anhand von ausgewählten Arbeiten aus den letzten fünfzig Schaffensjahren dargestellt wird. Im Verlauf der Jahrzehnte wurde sie in Zusammenhang mit verschiedensten Kunstrichtungen wie der Concept Art, der Fluxus-Bewegung oder der Body Art gestellt, sie blieb jedoch immer unabhängig und pionierhaft. Die Fragestellung nach dem «Konzept» in der Kunst und dem Kunstobjekt zieht sich wie ein roter Faden durch ihr Schaffen. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage nach dem Betrachter und seiner Aufgabe.
 Wish Tree (1996/2005)
In der Arbeit Wish Tree (1996/2005) wird der Besucher aufgefordert, nach alter Shinto Tradition seine Träume auf Papier niederzuschreiben und an einen Baum zu hängen ? in einer Gesellschaft, die das Träumen nicht mehr als essentiell ansieht, wird so ein kollektives Verlangen nach einer Zukunft geschaffen.

Die Grenzen zwischen den Gattungen der Kust immer neu finden
Die Ausstellung präsentiert viele Arbeiten, die ein aktives Partizipieren des Besuchers einfordern, um den kreativen Prozess des Kunstwerks voranzutreiben. Durch die Multimedialität bzw. Intermedialität innerhalb ihres Schaffens zeigt sich, dass Yoko Ono immer wieder versucht hat, die klassischen Gattungsgrenzen innerhalb der Künste aufzubrechen und neu zu formulieren. Andere Arbeiten verbinden eine poetische Narration, spiegeln aber gleichzeitig die kritische Weltreflexion Yoko Onos wieder. Für die Arbeit Water Event (1971/2005), deren Wiederaufnahme in Zusammenarbeit mit dem Kurator Hans Ulrich Obrist entstanden ist, wurden fünfzig Künstlerinnen und Künstler eingeladen je eine Skulptur oder ein Konzept für einen Wasserbehälter nach ihrer Instruktion zu kreieren.

Yoko Onos historischer Hintergrund
Yoko Ono wächst unter einer traditionellen Gesellschaftsordnung in den 1930er Jahren in Japan auf. Bereits im frühen Kindesalter erhält sie Klavier- und Gesangsunterricht mit der Erwartung ihres Vaters, dass sie später einst eine Musikkarriere einschlagen wird. 1952 beginnt Yoko Ono als erste Frau mit einem Philosophie-Studium an der Gakushuin Universität in Tokio. Dort kommt sie mit den Diskursen über den Marxismus und Existentialismus in Berührung. Zusammenfallend mit dem Umzug der Familie nach Scarsdale, New York bricht Yoko Ono enttäuscht vom «akademisierten»


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Diskurs über Philosophie das Studium ab und nimmt am renommierten Sarah Lawrence College das Studium der zeitgenössischen Komposition und Poesie auf. Besonders die Wiener Schule von Arnold Schönberg und Anton Webern und ihrer Zwölftonlehre prägen die Künstlerin für ihr späteres Schaffen.

Die Einflüsse, welche letztlich Hintergründe sind
Während dieser Zeit bewegt sich Yoko Ono in den Kreisen um John Cage, David Tudor und dem living theatre, das massgeblich an der Entstehung einer off Broadway Theaterszene beteiligt war. 1955 heiratet sie den japanischen Pianisten und Komponisten, Ichiyanagi Toshi, ein Schüler von John Cage. Der avantgardistische Gesellschaftskreis in dem sich Yoko Ono bewegt, sieht sich direkt als Antipode zu dem «heroisch» gewordenen Abstrakten Expressionismus – mit Happenings und Performances. Kunst soll nicht mehr als statisches Gebilde, sondern als Prozess des Entstehens, als Aktion verstanden werden. So wurde die Performance Lighting Piece von 1955, in der Yoko Ono ein Streichholz anzündet und die Konzentration des Betrachters auf dessen Verbrennung lenkt, schnell zur Ikone ihrer Instruction-Serie, die sie 1964 in ihrer Publikation Grapefruit zusammenfasst. Die Instructions isolieren meist eine alltägliche Handlung (wie eben zum Beispiel das Anzünden eines Streichholzes) und geben dieser eine vollständige Aufmerksamkeit, die sich gleichzeitig nach zen-buddhistischer Lehre mit dem «Selbst» verbindet. Nebst dem bewussten Erkennen der Handlung soll auch das eigene Subjekt dadurch wahrgenommen werden. Das Publikum bleibt nicht bloss passiver Betrachter des Geschehens, sondern wird zu einem erfahrenden, einem lehrenden Teil des Geschehens. Im gleichen Verfahren soll auch das Werk Instructions for Paintings (1961/1962) behandelt werden, der Betrachter wird aufgefordert die Bilder imaginär in ihrer Weiterführung zu gestalten.

Die Erfinderin des protofeministischen Konzeptualismus
Für grosses Aufsehen sorgt Yoko Ono schliesslich mit ihrer Performance Cut Piece (1964/1965), die sie in Kioto, Tokio, New York und London hält. Diese sichert sich wie keine andere in der Kunstgeschichte der Performance einen Platz. Emotionslos kniet Yoko Ono in traditioneller japanisch-weiblicher Pose vor das Publikum hin und fordert jeden Betrachter auf, mit einer Schere ein Stück ihrer Kleidung abzuschneiden. Nach ungefähr vierzig Minuten sitzt die Künstlerin ? immer noch mit versteinerter Miene ? entblösst vor dem Publikum. Die Performance wird heute als protofeministischer Konzeptualismus beschrieben.

Erneuerungsrevolte gegen die Filmkonventionen
1964 lässt sich Yoko Ono von Ichiyanagi Toshi scheiden. Gemeinsam mit ihrem zweiten Ehemann, Anthony Cox, wird sie Teil einer Erneuerungsrevolte gegen die Filmkonventionen der 1960er Jahre. Sie proklamieren eine alternative Filmästhetik, Offenlegung und Anerkennung der Materialität sowie des künstlichen Produktionsprozesses von Film. Zwischen 1966 und 1982 produziert Yoko Ono sechzehn Filme, wobei die jüngeren oftmals eine Gemeinschaftsproduktion mit John Lennon sind. Diese Filme teilen formale Anforderungen der unabhängigen Filmszene. In den Filmen No. 4 (Bottoms) (1966-1967) und Fly (1970) werden nackte Menschenkörper durch Einzelbildkompositionen auf eine komische und asexuelle Art und Weise gezeigt. Die starke physische Präsenz der Körper, die jedoch abgelöst von jeder Handlung und Charakterisierung sind, zeichnet diese Filme aus.

1969 findet Yoko Ono dann ihre andere Hälfte in John Lennon
Schliesslich zieht Yoko Ono 1967 nach London. Im gleichen Jahr präsentiert sie dort in der Lisson Gallery, ihre Installation Half-A-Room (1967). Die Installation gibt ein spartanisch eingerichtetes Zimmer wieder, in welchem jeder Gegenstand fein säuberlich in der Mitte auseinander geschnitten und weiss gestrichen ist. Die Installation untersucht den Begriff der «Halbierung» sowohl der physischen als auch psychischen als eine Bedingung der menschlichen Existenz. Der Raum soll nicht als unvollständig betrachtet werden, sondern lässt wiederum Imaginationsraum zur Vervollständigung. Gleichzeitig spielt dieser auf das philosophische «Konzept» des halbleeren bzw. halbvollen Wasserglases an. Als Reaktion auf ein Dokumentationsfoto der Ausstellung mit Yoko Ono im Raum, soll jemand die Frage gestellt haben, warum da nicht auch nur ein halber Mensch im Raum sei. Sie antwortete lakonisch, dass jeder Mensch nur eine Hälfte sei. 1969 findet Yoko Ono ihre andere Hälfte in John Lennon. Die Love and Peace-Aktionen zusammen mit John Lennon machen Yoko Ono in kürzester Zeit zu einer der bekanntesten Frauenfiguren der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Das Vokabular der Poesie
Die Arbeiten, die in den 1990er Jahren entstanden sind, zeigen weiterhin den kritischen Blick Onos auf unsere Gesellschaft, verbinden sich aber immer wieder mit dem Vokabular der Poesie, das sich Yoko Ono über die Jahrzehnte hinweg aufgebaut hat. In der Arbeit Wish Tree (1996/2005) wird der Besucher aufgefordert nach alter Shinto Tradition seine Träume auf Papier niederzuschreiben, und an einen Baum zu hängen ? in einer Gesellschaft, die das Träumen nicht mehr als essentiell ansieht, wird so ein kollektives Verlangen nach einer Zukunft geschaffen. Mit den Arbeiten Morning Beams (1996/2005) und Riverbed / Cleaning Piece (1996/2005), die an einen japanischen Steingarten in der Morgensonne erinnern, wird dem Besucher ein Ort der meditativen, zen-buddhistischen Ruhe geschaffen. (mm/mc/th)










!PERFORMANCE MIT YOKO ONO!


Yoko Ono wird am Donnerstag, 2. Juni 2005 um 19 h in der Schiffbauhalle eine Performance halten.

Der Vorverkauf der Tickets beginnt am 15.5.2005. Mehr Informationen unter: www.schauspielhaus.ch

Eine gemeinsame Veranstaltung des migros museum für gegenwartskunst Zürich und des Schauspielhauses Zürich.



Yoko
Riverbed/Cleaning Peace (1996/2005)


Installation
Mit den Arbeiten Morning Beams (1996/2005) und Riverbed / Cleaning Piece (1996/2005), die an einen japanischen Steingarten in der Morgensonne erinnern, wird dem Besucher ein Ort der meditativen, zen-buddhistischen Ruhe geschaffen.

Öffentliche Führungen: Jeden Sonntag jeweils um 15 h.

Di / Mi / Fr 12 -18 h, Do 12 – 20 h, Sa / So 11 – 17 h

Sonntag 12. Juni: Special Reception von 16 – 19 h mit Drinks.

Montag 13. Juni: Das Museum wird anlässlich der ART Basel von 10 – 16 h geöffnet sein.
Das migros museum für gegenwartskunst versteht sich als ein Zentrum aktueller Kunstproduktion.
Der Begriff der Gegenwartskunst umfasst dabei eine zeitliche Bestimmung,  die unbelastet ist von einem Verfallsdatum. Gegenwartskunst umschreibt zugleich die Einbettung in einen esellschaftlichen Kontext  und Teilhabe an einem Prozess des Austauschs,  der Produktion von Kunst.
Diese Haltung findet ihre Entsprechung in der Konzeption der Sammlung des migros museums für gegenwartskunst und dem Anliegen, diese Sammlung in ein lebendiges Umfeld einzubinden,
das die zeitgenössische Kunstproduktion berührt und fördert. Die Ausstellungen im migros museum für gegenwartskunst formulieren Kunstgeschichte als einen beweglichen Prozess, der offen ist  für Überprüfungen, Korrekturen und Variationen.

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