Pius Schwegler, Vorsitzender der Geschäftsleitung RBA-Holding

von Patrick Gunti


Herr Schwegler, die 51 RBA-Banken blicken auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr 2007 mit einem um 10,2 % höheren Jahresgewinn von 303 Mio. Franken zurück. Wo liegen die Gründe für die markante Steigerung?

Alle Ertragssparten, insbesondere das Zinsengeschäft und das indifferente Geschäft, konnten deutlich gesteigert werden. Gleichzeitig blieben die Kosten im Griff.


Im Hauptgeschäft, dem Zinsgeschäft, legten die RBA-Banken um 5 % zu. Wie werten Sie das Ergebnis?

Angesichts des hart umkämpften Marktes ist diese Steigerung sicher erfreulich. Die Zunahme beim Zinsergebnis erfolgte im Gleichschritt mit dem Wachstum der Ausleihungen. Damit konnte die Zinsmarge gegenüber dem Vorjahr gehalten werden.


Noch markanter fiel die Steigerung im Kommissions- und Dienstleistungs-Geschäft aus (+ 13,2 %). Was waren die Hauptfaktoren für das ausgezeichnete Resultat?

Haupttreiber waren die Erträge aus dem Wertschriften- und Anlagegeschäft. Sie konnten auch im zweiten Halbjahr gehalten werden; die Börsenturbulenzen wirkten sich diesbezüglich nicht spürbar negativ aus.


Die RBA-Banken verfolgen eine vorsichtige Risikopolitik. Spüren Sie entsprechend in Zeiten von Turbulenzen an den Finanzmärkten und Milliardenabschreibern der Grossbanken einen Zulauf von neuen Kunden?

Die meisten Banken verzeichnen in den letzten Monaten erfreuliche weitere Fortschritte im Kundengeschäft. Gründe sind zum einen der verstärkte Fokus auf den Vertrieb, und zum andern suchen viele Kunden vermehrt Beziehungen zu traditionellen, überblickbaren und regional verankerten Banken. Die Kunden schätzen, dass ihre Kundengelder als Ausleihungen wieder in der jeweiligen Region eingesetzt werden. Das schafft Vertrauen.


«Im Retail Banking, das für die RBA-Banken die Hauptsparte ist, wird sich in der Zukunft das Aufbrechen der Wertschöpfungskette mehr und mehr durchsetzen.» (Pius Schwegler, Vorsitzender der Geschäftsleitung RBA-Holding)


Wie beurteilen Sie die Folgen der Kreditkrise und welchen Lehren können daraus gezogen werden?

Die langfristigen Folgen sind noch nicht absehbar; entsprechend ist es schwierig, bereits jetzt Lehren zu ziehen. Die RBA-Banken sind sicher in ihrer Politik bestärkt, sich auf ihr angestammtes Bankkundengeschäft zu fokussieren, und zwar in ihren regionalen Märkten, die sie bestens kennen.


Wie beurteilen Sie die Aussichten für das laufende Geschäftsjahr Ihrer Mitgliedsbanken?

Das Geschäftsjahr 2008 ist bisher erfreulich verlaufen. Die weitere Entwicklung wird zu einem wesentlich Teil davon bestimmt, ob die positive wirtschaftliche Situation anhält. Insgesamt gehen wir – Stand heute – von einem Ergebnis auf der Höhe des Vorjahres aus.


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Ende letzten Jahres hat die Entris AG mit der gemeinsamen Verarbeitungs-Plattform der RBA-Holding und der Berner Kantonalbank ihren Betrieb aufgenommen. Wie ist der Start verlaufen?

Der Start ist in jeder Hinsicht gut gelungen und reibungslos verlaufen, und dies nach einer Vorbereitungszeit von lediglich sechs Monaten. Entris ist die erste bankgruppenübergreifende Verarbeitungsplattform dieser Art in der Schweiz und gilt als zukunftsweisend. Verarbeitet werden jährlich 50 Mio. Zahlungsverkehrs-Transaktionen und Depotvolumen von CHF 50 Mrd. von rund 50 Banken.


Die Entris-Dienstleistungen sollen auch Dritten zur Verfügung stehen. Wie weit sind hier allfällige Verhandlungen mit Interessenten gediehen?

Gegenwärtig werden die Voraussetzungen geschaffen, um konkrete Angebote an Dritte machen zu können.


Nicht ohne Schlagzeilen haben sich 2007 die drei Ostschweizer Avance-Banken von der RBA-Holding losgesagt, nachdem die Verpflichtung auf die RBA-interne IT-Plattform Ibis bestätigt worden war. Ibis sei nicht mehr auf dem aktuellen Stand und biete zu wenig strategisches Potenzial, kritisieren nicht nur die Avance-Banken. Was entgegnen Sie dieser Kritik?

Die RBA-Banken haben an ihrer Versammlung Ende 2007 beschlossen, dass sie weiterhin eine einheitliche Informatik wollen. Welches diese Lösung sein soll, war nicht Gegenstand des Beschlusses. Die Lösung muss aber konkurrenzfähig sein. RBA hat deshalb detaillierte und umfangreiche Abklärungen und Bewertungen des Bank-IT-Marktes vorgenommen. Eines der Resultate ist, dass es bei jeder Plattform Verbesserungspotenzial gibt. Auch bei IBIS ist die Erneuerung im Gang; das ist eine Daueraufgabe. Einen besonderen Zeitdruck gibt es dabei nicht. Die Argumente der Avance-Banken vermögen schon unter diesen Aspekten nicht zu überzeugen.


«Im Sinn einer vorausschauenden Politik muss vor allem bekannt sein, welche alternativen Lösungen weiterverfolgt werden können, falls die Erneuerung der bisherigen IT nicht den verlangten Erfolg zeitigen sollte.» (Pius Schwegler, Vorsitzender der Geschäftsleitung RBA-Holding)


Die RBA-Holding setzt weiterhin auf eine einheitliche Informatik-Plattform. Muss das unbedingt Ibis sein oder wäre auch ein anderes Produkt oder eine Neuentwicklung denkbar?

Im Sinn einer vorausschauenden Politik muss vor allem bekannt sein, welche alternativen Lösungen weiterverfolgt werden können, falls die Erneuerung der bisherigen IT nicht den verlangten Erfolg zeitigen sollte. Gegenwärtig läuft ein Projekt für die nötigen Abklärungen. Im Vordergrund steht, dass die Zukunftsfähigkeit der Informatik für alle RBA-Banken gewährleistet ist. Neuentwicklungen fallen für die RBA-Banken mit Sicherheit nicht in Betracht.


Wo liegen in Zukunft die grössten Herausforderungen für die in der RBA-Holding zusammengeschlossenen Regionalbanken?

Im Retail Banking, das für die RBA-Banken die Hauptsparte ist, wird sich in der Zukunft das Aufbrechen der Wertschöpfungskette mehr und mehr durchsetzen. Das bietet unseren Mitgliedbanken einerseits die Möglichkeit, sich noch mehr durch die Auslagerung von Informatik und Verarbeitung zu entlasten und mittels Standardisierung und Volumenbündelung Synergien zu nutzen, Kosten im Griff zu behalten und effizienter zu werden. Andererseits können sich die Banken auf die entscheidenden Kernkompetenzen konzentrieren, die im Vertrieb liegen. Damit entsprechende Geschäftsmodelle erfolgreich sein können, braucht es einen Kulturwechsel hin zur Vertriebsorientierung. Diesen Wechsel mit möglichst positiven Wirkungen zu meistern, wird zu einer der wichtigsten Herausforderungen. Grundlegend ist und bleibt zudem, dass die Banken ihre Refinanzierung sichern können. Dafür bieten sich verschiedenste Kooperationsformen an.


Herr Schwegler, herzlichen Dank für die Beantwortung unserer Fragen.





Zur RBA-Holding
Die RBA-Gruppe ist eine Gemeinschaftsorganisation von 51 Schweizer Regionalbanken. Ziel der Gruppe ist die nachhaltige Existenzsicherung von wettbewerbsfähigen, erfolgreichen RBA-Banken, unter Wahrung ihrer juristischen Unabhängigkeit an der Front. Im Rahmen dieser RBA-Gruppe arbeiten die RBA-Banken nach dem Motto «Autonom an der Front – Zusammenarbeit im Rückwärtigen» zusammen. Damit stärken sie ihre fundamentalen eigenen Erfolgsvoraussetzungen und können die Herausforderungen aus dem Umfeld erfolgreich bewältigen. Die 51 Regionalbanken mit knapp 2300 Mitarbeitenden verfügen über rund 250 Geschäftsstellen.


Zur Person
Pius Ch. Schwegler, dipl. Wirtschaftsprüfer, ist Vorsitzender der Geschäftsleitung der RBA-Holding AG und CEO der RBA-Finanz AG. Er arbeitet seit 1995 für die Regionalbanken-Gruppe, wobei er unter anderem die neu gegründete RBA-Finanz aufbaute. In seiner früheren Tätigkeit war Pius Schwegler bei der Eidgenössischen Bankenkommission als Bankenprüfer akkreditiert und mit verschiedenen Funktionen in der Revisionsbranche betraut. Es folgten einige Jahre im Controlling der Konzernzentrale einer Grossbank, und danach leitete er als Partner von Ernst & Young den Bereich Financial Services am Sitz in Basel.

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