Wien macht es sich bequem – Warten auf die Steuer-CD

Auch diesmal wird in der Alpenrepublik zwar heiss diskutiert, wie mit Datenhehlerei und derartigen «unmoralischen Angeboten» umzugehen ist – aber über ein reines Abwägen von Pro und Kontra reichte die Debatte bisher nicht hinaus.


«Konservativere Haltung» als Angela Merkel
«Schau ma mol, wer ma schon sehn», könnte man auf gut Österreichisch dieses Zaudern umschreiben. Bundeskanzler Werner Faymann machte von Beginn an deutlich, dass er den Ankauf gestohlener, auf CD gepresster Informationen für «bedenklich» hält. Er wolle zwar alle Steuersünder verfolgen, «aber der Zweck heiligt nicht die Mittel», betonte er. Er nehme in dieser Beziehung – so formulierte er es galant – eine «konservativere Haltung» als Bundeskanzlerin Angela Merkel ein.


Daten kommen so oder so
Finanzminister Josef Pröll liegt mit Faymann ganz auf einer Linie und sieht das Vorhaben Deutschlands «extrem kritisch». Und dennoch ist dieser ganze schweizerisch-deutsche Datenklau für sein Land mehr als praktisch: «Alles, was an Daten für Österreich interessant sein könnte, bekommen wir aufgrund der Amtshilferichtlinien.»


Viele Selbstanzeigen erwartet
Zudem erwarten Experten, dass die Hälfte der Betroffenen Selbstanzeige erstatten werden, um sich vor Strafverfolgung zu schützen – wie bereits 2008 im Fall Liechtenstein geschehen. Damals ging es um 166 Fälle, darunter gab es immerhin 96 Selbstanzeigen. Dem Fiskus spülte die deutsche Nachbarschaftshilfe bis heute 12,7 Mio EUR in die Kassen. Nach Angaben der Kammer der Wirtschaftstreuhänder kann Wien dieses Mal mit 100 bis 150 Österreichern auf der Schweizer CD rechnen.


Nervosität macht sich breit
Bereits jetzt laufen bei österreichischen Steuerberatern die Telefone heiss, berichtete die Zeitung «Der Standard» kürzlich. Nervosität macht sich von Salzburg bis St. Pölten breit: Reiche Österreicher versuchen eilig, ihre Schäfchen ins Trockene zu bringen und Millionenbeträge zurück ins Heimatland zu schaffen.


Der Dinge harren, die da kommen
Und für all dies muss die Regierung gar nichts tun, sie kann sich bequem zurücklehnen und der Dinge harren, die da kommen mögen. Im Grunde braucht sie nur abzuwarten, bis Deutschland die CD bezahlt und die Daten herüberschickt – und dann auf ein lukratives Geschäft für den Fiskus hoffen. Dieses Verhalten stösst auch auf Kritik. Der Staat habe dafür zu sorgen, «dass nicht diejenigen die Gelackmeierten sind, die den Anstand haben, das Gemeinwesen zu finanzieren», kommentierte die linksliberale Zeitung «Der Standard»: «Respekt vor Angela Merkel – die deutsche Kanzlerin wenigstens weiss Recht von Unrecht zu unterscheiden.» (awp/mc/pg/26)

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