Schuldenkrise: EZB klar gegen Einbindung Privater

Schuldenkrise: EZB klar gegen Einbindung Privater

Frankfurt am Main – Die Europäische Zentralbank (EZB) hat sich abermals klar gegen eine zwanghafte Beteiligung privater Kreditgeber zur Lösung der europäischen Staatsschuldenkrise ausgesprochen. Eine Einbindung privater Gläubiger wie Banken könne letztlich die Finanzstabilität im gesamten Währungsraum gefährden, schreibt die Notenbank in ihrem jüngsten Monatsbericht vom Donnerstag.

Die EZB warnt zum einen vor negativen Folgen für den Bankensektor, zum anderen aber auch vor Ansteckungsgefahren auf staatlicher Ebene. Für den Finanzsektor könne eine private Beteiligung zu spürbaren Belastungen bis hin zu Problemen bei der Zahlungsfähigkeit führen, heisst es in dem Monatsbericht. Wegen der starken Vernetzung der europäischen Banken seien diese negativen Effekte nicht national begrenzbar «Daraus könnte sich die Notwendigkeit umfangreicher Rekapitalisierungsmassnahmen für Banken ergeben.»

Ansteckungsgefahr auf staatlicher Ebene
Auf staatlicher Ebene sei darüber hinaus eine Ansteckung verschiedener Länder des Eurogebiets möglich. In der Folge könnte der Zugang einzelner Euro-Länder zum Kapitalmarkt beeinträchtigt werden, selbst bei unveränderten Fundamentaldaten. Die Ansteckungskanäle auf Banken- und Staatsebene könnten sich zudem wechselseitig verstärken, warnt die Notenbank. Ausserdem sieht die EZB Risiken für den internationalen Ruf des Euro. Die Warnungen der EZB vor einer zwanghaften Beteiligung privater Investoren in der Schuldenkrise sind nicht neu. Gleichwohl hatten sich die Euro-Länder im Sommer dazu entschlossen, den Privatsektor in die Rettung Griechenlands einzubinden. Derzeit wird offenbar darüber nachgedacht, die finanzielle Beteiligung sogar auszuweiten.

Euroraum dürfte im zweiten Halbjahr nur «sehr moderat» wachsen
Im Euroraum dürfte sich die Konjunktur im zweiten Halbjahr 2011 nach Einschätzung der EZB deutlich abkühlen. Das Wachstum werde vermutlich «sehr moderat» ausfallen, heisst es weiter im Monatsbericht. Ausschlaggebend seien unter anderem die schwächere globale Nachfrage und die Schuldenkrise im Währungsraum. Zudem verweist die Notenbank auf ungünstigere Finanzierungsbedingungen. Die Wachstumsrisiken seien damit weiter nach unten gerichtet, während die Inflationsgefahren in etwa ausgeglichen seien. So dürfte die jährliche Inflationsrate in den kommenden Monaten zwar über der EZB-Zielmarke von knapp zwei Prozent bleiben, danach aber zurückgehen. Die EZB begründet ihre Einschätzung mit einem stabilen Lohnwachstum und der absehbaren Konjunkturabschwächung. Damit bekräftigt die EZB jüngste Äusserungen ihres Präsidenten Jean-Claude Trichet.

Zahlungssystem Target2 birgt «kein finanzielles Risiko»
Die EZB hat die Ungleichgewichte im Euro-Zahlungssystem «Target2» in ihrem aktuellen Monatsbericht als stabilitätsfördernd bezeichnet. Aus Target2-Forderungen gegenüber der EZB ergebe sich kein erhöhtes Risiko für nationale Zentralbanken, teilten die Währungshüter am Donnerstag mit. Auch die Kreditvergabe in den entsprechenden Volkswirtschaften werde dadurch nicht beschränkt. Die Verteilung der Liquidität innerhalb des Eurosystems «fördere die Stabilität», heisst es im EZB-Bericht. Sie ermögliche «finanziell soliden Banken – auch solchen in Länder mit finanziellen Spannungen», ihren Bedarf zu decken. Ein positiver Target2-Saldo signalisiere «ein reichliches Angebot an Bankliquidität». Es sei davon auszugehen, dass nationale Zentralbanken, die über das Zahlungssystem Forderungen gegenüber der EZB halten, «tendenziell Empfänger grenzübergreifender Zahlungen aus anderen Ländern» seien. Die Banken in diesen Ländern seien deshalb weniger auf Zentralbankliquidität angewiesen, um Unternehmen und Haushalte mit Krediten zu versorgen.  (awp/mc/ps)

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