Reinhard Lange, CEO Kühne + Nagel

Reinhard Lange, CEO Kühne + Nagel

Reinhard Lange, CEO Kühne + Nagel International AG.

von Bob Buchheit

Moneycab: Herr Lange, Kühne+Nagel hat im ersten Halbjahr 2011 den Reingewinn trotz massiv negativer Währungseffekte gesteigert. Im ersten Halbjahr, als der Franken noch höher stand, schafften Sie einen um ein Fünftel höheren Betriebsgewinn von 196 Millionen Franken. Trotz hoher Benzinpreise. Für 2011 bleiben Sie weiter optimistisch. Wieviel Marktanteil werden Sie gewinnen?

Reinhard Lange: Kühne + Nagel hat sich zum Ziel gesetzt, in allen Geschäftsbereichen schneller als der Markt zu wachsen. Dies ist aufgrund unserer globalen Präsenz und dem wertschöpfungsstarken Dienstleistungsportfolio im ersten Quartal gut gelungen. Das macht uns auch für das Gesamtjahr zuversichtlich.

«Selbstverständlich verspüren wir auch den Margendruck, konnten ihn bislang allerdings mit hohen Volumen und strikter Kosteneffizienz ausgleichen.»
Reinhard Lange, CEO Kühne + Nagel International AG

Kühne + Nagel zählt, was die Bewertungskennzahlen anbelangt, zu den teuersten Aktien auf dem Schweizer Kurszettel. Käme Ihnen eine Korrektur an den Börsen nicht recht?

Wir freuen uns, wenn sich die Werthaltigkeit und Solidität unseres Unternehmens im Aktienkurs widerspiegeln, allerdings können wir uns wie alle Titel Börsenturbulenzen nicht entziehen.

Frankreich und die Vereinigten Staaten zeigen zunehmend Tendenz zu protektionistischen Massnahmen im Welthandel. Was wäre denn für Sie das Horrorszenario?

Gerade in schwierigen wirtschaftlichen Zeiten zeigen sich immer mal wieder protektionistische Tendenzen. Allerdings schwinden diese relativ schnell zugunsten eines freien Handels.

Von 2009 gerechnet bis 2014 will Kühne + Nagel den Umsatz verdoppeln. Das geht doch nicht nur organisch oder durch Arrondierungsakquisitionen, oder?

Wir haben kommuniziert, dass wir im Landverkehr Zukäufe tätigen werden, um unser europäisches Netzwerk weiter zu verdichten. In unseren Kerngeschäftsfeldern See- und Luftfracht werden wir in der Tat nur zukaufen, falls es um Arrondierung oder Nischensegmente geht – beispielsweise haben wir im Bereich Perishables, das sind die Frischwaren, spezialisierte Firmen übernommen.

Steigende Frachtraten können in der Logistikbranche erst mit Verzögerung an die Kunden weitergegeben werden. Ihren Margen scheint das aber im Moment nichts anzuhaben. Woran liegt das?

Selbstverständlich verspüren wir auch den Margendruck, konnten ihn bislang allerdings mit hohen Volumen und strikter Kosteneffizienz ausgleichen.

Wollen Sie in der Luftfracht auch Nummer eins werden oder gibt es Möglichkeiten der Kooperation mit der Deutschen Post? Diese hat sich ja im Frachtgeschäft ebenfalls ambitiöse Ziele gesetzt.

Wir möchten uns auch in der Luftfracht kontinuierlich verbessern, allerdings werden dazu keine Kooperationen mit Wettbewerbern in Betracht gezogen.

«In unseren Kerngeschäftsfeldern See- und Luftfracht werden wir in der Tat nur zukaufen, falls es um Arrondierung oder Nischensegmente geht.»

Wie wird sich der Kontraktlogistikmarkt weiterentwickeln? Hier ging im ersten Quartal der Umsatz um 1,6 und der Gewinn um 8,9% zurück. Im zweiten Quartal wurde kräftig aufgeholt. Der Betriebsgewinn legte daher aufs Halbjahr gerechnet um 6,5 Prozent zu.

Im ersten Quartal haben sich im Kontraktlogistikbereich die negativen Währungseffekte besonders stark ausgewirkt, währungsbereinigt stieg der Umsatz aber um rund 8 Prozent. Der Rückgang des operativen Ergebnisses um rund 9 Prozent ist auf Anlaufkosten bei einer Reihe neuer Projekte zurückzuführen.

Welche logistischen Herausforderungen gibt es in Zukunft auf dem Landverkehr? Dort sind Sie im ersten Quartal um weitere fünf Prozent gewachsen. Kommt es hier langfristig eher zu einer Sättigung?

Im Landverkehr geht es uns darum, das europäische Netzwerk weiter zu verdichten, bis 2014 soll beispielsweise die Zahl der getakteten europäischen Linienverkehre auf 500 steigen. Nach wie vor rechnet man mit einem Wachstum des Landverkehrs, allerdings werden die Zuwachsraten nicht mehr gar so hoch sein wie kurz nach der Krise.

Ist für Sie ein Absturz der Weltwirtschaft als mögliches Szenario vom Tisch? Im Moment scheint dem Aufschwung ja etwas die Puste auszugehen.

Derzeit bereitet die wirtschaftliche Situation in den USA und in einigen europäischen Staaten den Ökonomen Sorge. Jedoch geht man nicht von einem Absturz der Weltwirtschaft als möglichem Szenario aus. Wir beobachten die Entwicklung sehr genau und halten an unseren Stärken fest: Kundennähe, Flexibilität, Kosteneffizienz und operative Exzellenz.

Finden Sie als internationales Logistikunternehmen leicht qualifiziertes Personal?

Kühne + Nagel ist ein attraktiver Arbeitgeber, deshalb hatten und haben wir bislang keine grosse Mühe, qualifiziertes Personal zu finden.

Was halten Sie vom Schweizer Führungsnachwuchs?

Es gibt in der Schweiz in allen Bereichen sehr gut ausgebildeter Führungsnachwuchs.

Der Gesprächspartner:
Reinhard Lange begann seine internationale Karriere 1971 im Kühne + Nagel-Stammhaus in Bremen. 1985 wurde er nach Hongkong versetzt und baute als Mitglied des regionalen Managements die Seefrachtorganisation im asiatisch-pazifischen Raum aus. 1991 kehrte Lange nach Deutschland zurück und war als Mitglied der Geschäftsleitung für den Bereich Seefracht verantwortlich. Bevor er in die Geschäftsleitung der Kühne + Nagel International AG berufen wurde, war Lange von 1995 bis 1999 Geschäftsführer der kanadischen Kühne + Nagel-Organisation. Seit 1999 ist der Geschäftsleitungsmitglied und seit 2009 CEO.

Das Unternehmen:
Das im Jahr 1890 von August Kühne und Friedrich Nagel in Bremen als Seehafenspedition gegründete Unternehmen ist mit rund 60 000 Mitarbeitern weltweit ein Marktführer in der See-, Luft- und Strassenspedition. Es ist auch weiterhin ein Familienunternehmen, das vom Gründer-Enkel, dem Norddeutschen Unternehmer Klaus-Michael Kühne, präsidiert wird.

Symbolbild KF für CEO Interviews


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