Europäische Software-Cluster sind Individuen

Europäische Software-Cluster sind Individuen
Karl-Heinz Streibich, ehemaliger Vorstandsvorsitzender Software AG. (Bild: Software AG)

Karl-Heinz Streibich, Vorstandsvorsitzender der Software AG.

Darmstadt – Europäische Software-Cluster sind Individuen: Sie haben deutlich unterscheidbare Profile in Bezug auf Wachstum, F&E-Aktivitäten, Spezialisierung und wirtschaftlichen Erfolg. Dies ist ein Ergebnis der Studie „EU Software-Cluster Benchmark 2013“, die heute veröffentlicht wurde. Sie untersucht detailliert 15 europäische Ballungszentren der Software-Industrie und hebt die Identitäten dieser europäischen Silicon Valleys hervor. Dabei wird eine Aufteilung in zwei Arten von Clustern deutlich: einerseits solche, die gross sind, und andererseits solche, die „hungrig“ sind, also dynamisch wachsen. Das Silicon Valley in den USA jedoch schafft es, beide Attribute zu kombinieren und gleichzeitig gross und weiterhin wachsend zu sein. Während einige der europäischen Cluster in bestimmten Aspekten international konkurrenzfähig sind, kommt keines von ihnen auch nur in die Nähe des Silicon Valleys in der Gesamtsicht. Doch anstatt nur zu versuchen, das Silicon Valley zu kopieren, sollten europäische Software-Cluster auch individuelle Wachstumspfade verfolgen und auf das Lernen voneinander setzen, waren sich Repräsentanten mehrerer europäischer Cluster auf einer Pressekonferenz einig.

Anders als in den USA, wo das Silicon Valley der wichtigste Ort ist, an dem Software-Innovationen entstehen, die weltweit vertrieben werden, sind die Kraftzentren der europäischen Software-Industrie über den ganzen Kontinent verteilt. Was sind die Stärken und Schwächen der europäischen Software-Cluster, wo stehen sie im Vergleich zum Silicon Valley und welche Massnahmen können ergriffen werden, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern? Um Antworten auf diese Fragen zu geben, hat der deutsche Software-Cluster den „EU Software-Cluster-Benchmark 2013“ beauftragt.

Sieben Kategorien analysiert
Die Studie analysiert die europäischen Software-Cluster anhand von sieben Kategorien: Beschäftigung, Umsatz, Wachstumsdynamik, Humankapital, Unternehmensdemographie, allgemeine und branchenspezifische Rahmenbedingungen. Von den 15 untersuchten Software-Clustern erreichen nur fünf Bestnoten in mehreren Kategorien: London, Berkshire, Buckinghamshire und Oxfordshire (BBO), Île -de-France, Stockholm sowie der deutsche Software-Cluster. Während der Software-Cluster den höchsten Umsatz erreicht, erzielt London Bestnoten in Bezug auf Humankapital und allgemeine Rahmenbedingungen und ist Europas globaler Knotenpunkt für IT Services und Venture Capital. Île-de-France ist ein noch immer wachsender Software-Riese mit einer starken F&E-Infrastruktur, und Stockholm gelingt es, ein ausgewogenes hochspezialisiertes Cluster mit einem starken Umsatz zu verbinden. Sogar Cluster, die ansonsten im Vergleich weiter hinten liegen, können in einzelnen Aspekten andere Cluster in den Schatten stellen: Die Region Kopenhagen (Hovedstaden) ist besonders stark bei den branchenspezifischen Rahmenbedingungen, die Region Warschau (Masowien) zeichnet sich durch ihre Wachstumsdynamik aus.

Allerdings stellt die Studie auch heraus, dass, obwohl einige der Cluster international in einzelnen Aspekten konkurrenzfähig sind, kein europäisches Software-Cluster dem Silicon Valley in der Gesamtsicht nah kommt. Europäische Software-Cluster sind nicht ausbalanciert – die einen sind vergleichsweise gross und gesättigt, die anderen sind eher klein, aber dynamisch wachsend.

«Enorme Fortschritte»
„Die Cluster-Studie zeigt klar: Wir haben in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht. Die europäische Software-Industrie ist wichtiger Katalysator der europäischen High-Tech-Branche”, erklärte Karl-Heinz Streibich, Vorstandsvorsitzender der Software AG und ergänzt: „Die Ergebnisse unterstreichen aber auch, dass alle europäischen Cluster im globalen Vergleich Nachholbedarf haben. Industrielle Stärke auf globaler Ebene muss unser Ziel sein, um auf internationalem Parkett wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Cluster brauchen noch bessere Rahmenbedingungen und die Unterstützung der Politik, sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene.“

„Die Software-Branche ist ein wichtiger Motor für die Wettbewerbsfähigkeit der EU und beeinflusst die Innovationsfähigkeit in allen Branchen. Innovation findet heute zunehmend durch Kollaboration statt“, sagt Dr. Stephan Fischer, Vorsitzender des Software-Cluster-Strategieboards und Director TIP Strategic Innovation SAP AG, Walldorf. „Im deutschen Software-Cluster haben seit einigen Jahren grosse und mittlere Software-Unternehmen und renommierte Forschungseinrichtungen ihre komplementären Kompetenzen gebündelt um die Grundlagen für die Unternehmens-Software von Morgen zu entwickeln. In diesem Geiste haben wir auch den ‹EU-Software-Cluster Benchmark 2013› beauftragt, um die Profile der europäischen Software-Cluster zu identifizieren und Komplementaritäten zu finden, damit koordinierte Aktionen und Kooperationen zwischen den Clustern möglich werden.“

Individuelle Wachstumspfade entwickeln
Die Ergebnisse der Studie helfen, Massnahmen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Software-Cluster zu identifizieren. In einer Pressekonferenz am 25. November 2013 haben Vertreter mehrerer Cluster weitere Schritte skizziert, die Politik und Industrie ins Auge fassen sollten. Sie kamen zu der gemeinsamen Einschätzung, dass ein stärkeres Lernen der europäischen Software-Cluster voneinander helfen könnte, gute Praktiken zu identifizieren, die aufgrund des gemeinsamen politischen und kulturellen Kontextes der EU einfacher zu implementieren sein mögen als US-Praktiken. Obwohl die Kluft zum Silicon Valley immer noch sehr gross ist, sollten die europäischen Software-Cluster individuelle Wachstumspfade entwickeln, die am lokalen und regionalen Kontext ansetzen, z. B. der Industriestruktur der jeweiligen Region. (Software AG/mc/ps)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert