André Borschberg, CEO SolarImpulse: «Das Ganze ist sowohl in technologischer als auch in menschlicher Hinsicht ein herausragendes Abenteuer»

André Borschberg, CEO SolarImpulse: «Das Ganze ist sowohl in technologischer als auch in menschlicher Hinsicht ein herausragendes Abenteuer»

von Patrick Gunti


Moneycab: Herr Borschberg, Sie wollen zusammen mit Bertrand Piccard allein mit Sonnenenergie in rund 20 Tagen um die Welt fliegen. Welches ist Ihr Antrieb, Ihre Motivation für dieses spektakuläre Projekt?


André Borschberg: Mehrere. Allem voran handelt es sich um ein grundlegend unternehmerisches Projekt. An dessen Ursprung steht die Idee, ein revolutionäres Fluggerät zu schaffen. Das Ganze ist sowohl in technologischer als auch in menschlicher Hinsicht ein herausragendes Abenteuer. Hinzu kommt, dass die Umrundung der Erde seit jeher für einen Piloten die Verwirklichung eines Traums darstellt und das umso mehr, wenn er dies ohne Schadstoffemissionen realisieren kann!


Das Projekt steht auch als Symbol für erneuerbare Energien. Welche Impulse erhoffen Sie sich?


Der Begriff nachhaltige Entwicklung ist in aller Munde. Ich wünsche mir, dass wir aber auch damit beginnen, unser Verhalten zu ändern und zu lernen, die verschiedenen Dinge auch anzuwenden. Weshalb nicht mit einem Hybrid-Auto fahren, wenn wir schon über die Möglichkeit dazu verfügen?


Sie und Ihr Team sind an der Planung und Konstruktion des Prototypen. Wie weit ist diese Arbeit fortgeschritten?


Bereits erfreulich weit. Zurzeit sind wir an der Konstruktion des ersten Prototypen. Die ersten Versuchsflüge werden wir voraussichtlich in der zweiten Hälfte des Jahres 2008 durchführen. Unser Ziel ist es zu beweisen, dass es möglich ist, eine ganze Nacht lang mit der am Tag zuvor getankten Sonnenenergie zu fliegen.



Weshalb nicht mit einem Hybrid-Auto fahren, wenn wir schon über die Möglichkeit dazu verfügen? (André Borschberg, CEO und Pilot SolarImpulse)


Wie sieht der weitere Zeitplan des Projekts aus?


Der erste Nachtflug ist für 2009 vorgesehen; parallel dazu konstruieren wir das endgültige Flugzeug. Alles ist darauf ausgerichtet, im Mai 2011 die erste Erdumrundung in mehreren Etappen zu absolvieren.


Können Sie uns das Fluggerät etwas genauer vorstellen ? wie sieht die ideale Struktur aus?


Es handelt sich um ein Flugzeug mit einer beträchtlichen Flügelspannweite von mehr als 60 Meter. Diese entspricht der Spannweite eines Jumbo Jets und verleiht dem Flugzeug einen sehr hohen aerodynamischen Wirkungsgrad. Das Fluggerät muss zudem sehr leicht sein, dh. vier bis fünf Mal leichter im Verhältnis zu einem Hochleistungs-Segelflugzeug. Diese Anforderungen bedingen einerseits eine komplett neuartige Struktur, andererseits aber auch Fabrikationsprozesse, bei denen die Grenzen des Machbaren erreicht werden.


Entscheidend für das Gelingen des Projekts ist das Energiemanagement, denn die während des Tages aufgenommene Energie muss nicht nur das Flugzeug antreiben, sondern auch die Batterien für den Nachtflug aufladen. Wie funktioniert dieses Energiemanagement?


In erster Linie muss die gesamte Energiekette in Bezug auf Gewicht und Wirksamkeit optimiert werden. Indem wir jedes einzelne Element verbessern und die Leistung der gesamten Energiekette steigern, können wir die Energieverluste auf die Hälfte reduzieren. Und die beste Möglichkeit, saubere Energie zu nutzen, ist so wenig wie möglich davon zu gebrauchen!


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Die Flügel werden komplett mit Solarzellen bestückt sein. Gibt es bereits Solarzellen, die besonders viel Sonnenlicht in Strom umwandeln und gleichzeitig den zu erwartenden extremen Belastungen Stand halten?


Wir haben bestehende Zellen weiter optimiert, damit sie unseren Anforderungen in Bezug auf Gewicht und Leistungsfähigkeit entsprechen. Gleichzeitig haben wir die Flügelstruktur angepasst. Dadurch werden die Solarzellen besser von mechanischen Einwirkungen geschützt, welche durch die Deformation eines Flügels im Flug entstehen, zumal die Zellen sehr dünn und verhältnismässig empfindlich sind.


Welches wird die ideale Flughöhe sein?


Die Flughöhe ist für uns ein zusätzliches Mittel um Energie zu speichern. Tagsüber steigen wir auf bis zu 12’000 Meter, um die uns zur Verfügung stehende Solarenergie optimal zu nutzen. In der Nacht sinken wir bis auf 3000 Meter, um dann mit der in den Batterien gespeicherten Energie horizontal zu fliegen. Dementsprechend vollziehen wir jeden Tag einen Zyklus zwischen 3000 und 12’000 Höhenmetern.


Wie wird die Erdumrundung konkret aussehen, wie viele Etappen sind geplant und wie lange werden diese dauern?


Wir planen dafür fünf Etappen mit Zwischenhalten auf allen Kontinenten. Jede Etappe dürfte drei bis fünf Tage und Nächte in Anspruch nehmen. Nach jeder Landung werden wir vor Ort über erneuerbare Energien informieren sowie über die dringende Notwendigkeit, uns alle raschmöglichst mit Fragen nachhaltiger Entwicklungen zu befassen.



Wenn die Technik funktioniert, bleibt noch der Faktor Mensch. Welche Aufgaben und Herausforderungen werden auf Sie zukommen?


Mit unserem Vorhaben betreten wir absolutes Neuland. Bislang hat sich noch nie ein Flugzeug von solchen Ausmassen und derartigem Gewicht in die Lüfte geschwungen. Die Manövrierfähigkeit ist dadurch sehr eingeschränkt und das Flugzeug entsprechend schwierig zu fliegen. Dies stellt bedeutende Anforderungen an den Piloten. Hinzu kommt das komplett neuartige Antriebssystem, das nicht vollständig automatisiert werden kann und daher eine stetige Überwachung durch den Piloten erfordert. Entsprechend kurz dürften voraussichtlich die Ruhephasen für die Piloten während den jeweiligen Flugperioden von drei bis fünf Tagen ausfallen.



Mit unserem Vorhaben betreten wir absolutes Neuland. Bislang hat sich noch nie ein Flugzeug von solchen Ausmassen und derartigem Gewicht in die Lüfte geschwungen. (André Borschberg)


Mit welchen Institutionen und Unternehmen arbeiten Sie bei der Entwicklung des Flugzeugs zusammen?


Mit einer sehr grossen Anzahl, für unser Projekt haben wir über 50 Partner gewinnen können. Die Eidg. Technische Hochschule Lausanne (EPFL) ist unsere wissenschaftliche Beraterin und hilft uns beispielsweise die Grenzen von Kompositmaterialien auszuweiten. Im Bereich der Solarzellen werden wir vom Institut für Mikrotechnik der Universität Neuenburg beraten. Das auf Wechselrichter für Solarzellen spezialisierte Bieler Unternehmen Sputnik Engineering AG hilft uns derweil, den Wirkungsgrad unserer Zellen zu verbessern. Gleichzeitig arbeiten wir mit BKW FMB Energie AG zusammen, insbesondere mit ihrem Solarkraftwerk auf dem Mont-Soleil, wo wir Tests für unsere Solarmodule entwickeln. Auch profitieren wir von der Zusammenarbeit mit der Swatch-Gruppe, welche über grosse Erfahrung in Bezug auf Elektroantriebe und Energiespeicherung in Batterien verfügt.


SolarImpulse ist ein Millionenprojekt ? wie wird es finanziert?


Die Finanzierung erfolgt über private Partner. Bereits in einem frühen Stadium konnten wir das Vertrauen von mehreren Personen gewinnen, die uns in der Folge von Beginn weg auf privater Basis unterstützt haben. Heute dürfen wir auf eine grosse Anzahl Firmen zählen, die finanziell und technisch zu Partnern geworden sind. Unsere beiden grössten Partner sind die belgische Solvay-Gruppe sowie die Schweizer Swatch-Gruppe über deren Marke Omega. Mit an Bord ist auch das Beratungsunternehmen Altran, welches uns seine technischen Kompetenzen in verschiedenen Bereichen zur Verfügung stellt. Ebenfalls von Beginn weg unterstützt hat uns die Innerschweizer Victorinox AG.


Herr Borschberg, wir bedanken uns für das Interview.





Zur Person:
André Borschberg, Diplom-Ingenieur EPFL (Mechanik) mit einem Masterabschluss in Managementwissenschaften von der Sloan School, MIT in Boston, verfügt über eine solide, mehr als 20-jährige Erfahrung als Unternehmer, Manager und Berater in der Unternehmensgründung. Der ehemalige Militärpilot der Schweizer Luftwaffe und Luftfahrtbesessene hat die Pilotenlizenz für Flugzeug und Helikopter, in denen er einen grossen Teil seiner freien Zeit verbringt. Er steuert SolarImpulse seit der Ankündigung des Projektes und hat als passionierte Führungspersönlichkeit ein Team von motivierten und kompetenten Spezialisten um sich geschart.


Symbol der Mission:
«Mit jeder grossen Premiere haben die Abenteurer des letzten Jahrhunderts die Grenzen des Unmöglichen weiter ausgedehnt. Heute geht die menschliche und technologische Suche weiter mit dem Ziel, die Lebensqualität der Menschheit zu verbessern. SolarImpulse wird die nächsten Kapitel in der Geschichte der Luftfahrt mit Solarenergie schreiben. Auf dem Weg zur Weltumrundung ohne Treibstoff und Schadstoffe wird SolarImpulse seinen Beitrag zur Forschung und Innovation im Dienste der erneuerbaren Energien leisten, die Bedeutung der neuen Technologien für eine nachhaltige Entwicklung aufzeigen und das wissenschaftliche Abenteuer im Zeichen der Träume und Emotionen weiterführen.»

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