Bayer bietet im Milliarden-Poker für Schering

Damit sticht Bayer-Chef Werner Wenning den Darmstädter Pharma- und Spezialchemiekonzern Merck im Bietergefecht um Deutschlands drittgrössten Pharmakonzern aus. Der Schering-Vorstand hat die Annahme des Angebots bereits empfohlen, Sitz von «Bayer Schering Pharma» soll Berlin sein.


Keine Äusserung zum Gegenangebot
Merck hatte in einer feindlichen Offerte vor knapp zwei Wochen 77 Euro je Schering-Aktien oder 14,6 Milliarden Euro geboten. Schering-Chef Hubertus Erlen und der Aufsichtsrat hatten das Merck-Angebot als «unerwünscht» und zu niedrig zurückgewiesen. Ein Sprecher von Merck wollte sich am Morgen zum Gegenangebot von Bayer nicht äussern.


Hochprofitables globales Pharmageschäft schaffen
Die Pharmageschäfte von Bayer und Schering ergänzten sich sinnvoll und folgen der gleichen strategischen Ausrichtung, sagte der Schering-Chef auf Donnerstagabend. Zusammen bildeten sie ein international wettbewerbsfähiges Unternehmen. Ziel sei es, ein hochprofitables globales Pharmageschäft zu schaffen. Bayer-Chef Wenning sagte: «Ausserdem ist dieser Zusammenschluss die beste Lösung, um den Pharma-Standort Deutschland wieder mehr Geltung zu verschaffen.»


Bayer/Schering als grösster Pharmakonzern Deutschlands
Bayer zahlt 86 Euro in bar für jede Schering-Aktie – neun Euro mehr als Merck bieten will. Durch eine Fusion von Schering mit der Pharmasparte der Bayer AG entsteht ein gemeinsamer Pharma-Umsatz von künftig mehr als neun Milliarden Euro. Damit bieten sich Bayer/Schering und der bisher grösste Pharmakonzern Deutschlands, Boehringer Ingelheim, in ein Kopf-Kopf-Rennen. Der Familienkonzern kam 2004 auf einen Umsatz von 8,2 Milliarden Euro.


Bayer-Schering-Pharma in Berlin
Bayer macht Schering in der Übernahmeofferte Zugeständnisse: Die künftig unter «Bayer-Schering-Pharma» firmierende Sparte soll am Schering-Stammsitz Berlin angesiedelt werden. Schering hatte bei einer Übernahme durch Merck ebenso wie Politiker um den Standort des einzigen DAX-Konzerns in der Bundeshauptstadt und um den Verlust von bis zu 7.500 Arbeitsplätzen gefürchtet.


EBITDA-Marge steigern
Der Leverkusener Bayer-Konzern will sich mit der Übernahme nach dem Lipobay-Desaster vor mehreren Jahren im Gesundheitsgeschäft wieder besser aufstellen und sich vor allem mit Spezialprodukten stärken. «Bis zum Jahr 2009 wollen wir die EBITDA-Marge für unseren Gesundheitsbereich von derzeit 19 Prozent auf 25 Prozent steigern», kündigte Wenning an.


Synergien im Bereich Krebsforschung
Bayer hat sich in den vergangenen Ja hren besonders auf die Therapiegebiete Krebs- und Herz-Kreislauferkrankungen spezialisiert. Vor allem auf dem Gebiet Krebsforschung (Onkologie) könnten sich Synergien ergeben. Schering ist mit Verhütungsmitteln, Hormonmedikamenten und Präparaten gegen Mulitple Sklerose ein Nischenanbieter, vor allem Fachärzte sind die Adressaten. Beide Unternehmen haben zudem nennenswerte Aktivitäten in der Diagnostik. Bei Schering brachte die Sparte im vergangenen Jahr einen Umsatz von 1,4 Milliarden Euro ein.


Credit Suisse und Citigroup vergeben Kredit
Das Geschäft soll durch bestehende Barmittel in Höhe von rund drei Milliarden Euro und Kredite finanziert werden. Als Kreditgeber stehen Credit Suisse und der Citigroup bereit. Ausserdem will Bayer seine beiden Tochtergesellschaften H.C. Starck und Wolff Walsrode aus der Geschäftssparte MaterialScience verkaufen. Die detaillierten Angebotsunterlagen sollen bis Mitte April veröffentlicht werden. Der Gesundheitsbereich werde mit einem Anteil von nahezu 50 Prozent am Bayer-Gesamtportfolio der mit Abstand grösste Bayer-Teilkonzern.


Einspareffekte von jährlich 700 Millionen Euro
Zur Bedingung für die Übernahme macht Bayer die Zustimmung von 75 Prozent des Schering-Grundkapitals. Abgeschlossen werden soll sie spätestens Ende Juni. Kartellprobleme seien nicht zu erwarten. Bayer rechnet aus dem Zusammenschluss mit Einspareffekten von jährlich 700 Millionen Euro ab 2009. Merck hatte nur Synergien von 500 Millionen Euro in Aussicht gestellt, die von Analysten allerdings bezweifelt wurden. Die notwendige Restrukturierung veranschlagt Bayer mit Kosten von rund einer Milliarde Euro.


Aktien der beiden gestiegen
Schering-Aktien schlossen am Donnerstag mit 84,97 Euro 2,4 Prozent höher und lagen damit gut einen Euro unter der neuen Offerte. Bayer-Aktien gingen mit einem Kursplus von knapp drei Prozent bei 34,75 Euro aus dem Handel. Am Freitagmorgen standen Bayer vorbörslich leicht unter Druck, Schering dagegen deutlich im Plus. (awp/mc/ab)

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