Eigenmietwert: Weg zur Abschaffung ist umstritten

Mit dem – mehrheitlich abgelehnten – indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative des Hauseigentümerverbandes (HEV) «Sicheres Wohnen im Alter» sollen der Eigenmietwert fallen und Steuerabzüge für fast alle Wohneigentümer gestrichen werden.


Nur noch zwei Ausnahmen zugelassen
Bei den Steuerabzügen will der Bundesrat nur noch zwei Ausnahmen zulassen. Ersterwerbende könnten in begrenztem Rahmen Schuldzinsen absetzen. Unterhaltskosten könnten abgezogen werden, wenn besonders wirkungsvolle Energiespar- und Umweltschutzmassnahmen vorgenommen werden. Vor allem diese Ausnahmen – sie sollen gemäss Verfassung das Wohneigentum und das Energiesparen fördern – werden zerpflückt. Ein «Ungenügend» kommt vom HEV: Ein Grossteil der Wohneigentümer würde mit dem Gegenvorschlag steuerlich schlechter gestellt, urteilt er und hält an seiner Initiative fest.


HEV befürchtet negative Folgen für die Bauwirtschaft
Vor allem junge Leute hätten es schwerer, ein Haus oder eine Wohnung zu kaufen. Sie müssten sich hoch verschulden, könnten die Zinsen aber nicht mehr voll von den Steuern abziehen. Der Wegfall von Unterhaltsabzügen benachteilige Besitzerinnen und Besitzer von Altbauten und habe negative Folgen für die Bauwirtschaft. Die SVP lehnt den Gegenvorschlag ebenfalls ab. Die Abzüge für energetische Massnahmen würden «komplizierte und aufwendige Verfahren» auslösen, findet sie. Die Ausnahmen machten die Vorteile einer Abschaffung des Eigenmietwerts zunichte. Zudem sind der SVP, aber auch der CVP und der FDP die Abzüge für Erstkäufer zu tief.


Mieterverband will gleich alle Abzüge streichen
Der Schweizerische Mieterinnen- und Mieterverband (MV) wiederum hätte zwar nichts gegen die Streichung des Eigenmietwertes. Um Mieter und Eigentümer möglichst gleich zu behandeln, müsste aber auf sämtliche Abzüge für Wohneigentümer verzichtet werden. Auch SP und Grüne sagen Nein. Für die SP müssten der Eigenmietwert und alle Abzüge fallen. Sie befürchtet, dass der Gegenvorschlag neue legale Steuerschlupflöcher schaffen würde. Für die Grünen bliebe das Problem der unterschiedlichen Besteuerung von Mietern und Eigentümern ungelöst.


Auch Finanzdirektoren lehnen Gegenvorschlag ab
CVP und FDP würden die Streichung des Eigenmietwerts und den Abzug für energetische Massnahmen begrüssen. Die FDP möchte den «zu unbestimmt und zu eng» gefassten Begriff «besonders wirkungsvoll» einfach definiert haben. Die CVP verlangt zur Stützung der Bauwirtschaft zudem einen begrenzten Abzug für Unterhaltskosten. Für die Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren (FDK) überwiegen beim Gegenvorschlag ebenfalls die Nachteile. Die vorgeschlagene Sondersteuer für Kantone mit vielen Zweitwohnungen hat sie noch nicht beurteilt. Die Grundzüge dieser Steuer seien noch völlig offen.


EFD kündigt Rechtsgutachten an
Klärungsbedarf bestehe aus verfassungsrechtlicher Sicht, findet die FDK. In die gleiche Kerbe hauen HEV und CVP. Das Finanzdepartement (EFD) kündigte ein Rechtsgutachten zur Verfassungsmässigkeit an. Die FDP ist der Ansicht, dass mit dieser Steuer Berg- und Landkantone ihren Steuerausfall kompensieren könnten. Der MV sieht darin ein Mittel gegen «kalte Betten». Die Grünen dagegen erwarten, dass die Steuer genau dies nicht erreicht, nicht zuletzt wegen des Steuerwettbewerbs unter den Kantonen. (awp/mc/ps/19)

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