Eric Nussbaumer, VRP Alternative Bank ABS

Von Peter Stöferle


Moneycab: Herr Nussbaumer, auf welchen strategischen Grundpfeilern basiert das Geschäftsmodell der ABS?


Eric Nussbaumer: Unsere strategische Erfolgsposition ist die konsequente, glaubhaft gelebte und kommunizierte Ausrichtung als ethische Bank. Umgangssprachlich formuliere ich das so: Wir wollen die anständigste, transparenteste Bank der Schweiz sein und das täglich mit unseren Dienstleistungen und mit unserem Auftritt beweisen.


Im Mai dieses Jahres ist der ABS-Verwaltungsrat neu konstituiert und Sie sind zum VR-Präsidenten ernannt worden. Wie wirkt sich der vollzogene Generationenwechsel in der Arbeit des VR aus?


Wir konnten diesen Generationenwechsel im VR von langer Hand vorbereiten; ich selber bin seit 2004 Mitglied des ABS-Verwaltungsrates, bin also mit dem Unternehmen inzwischen sehr gut vertraut. Inhaltlich und strategisch steht  der neue VR also für Kontinuität. Als Team pflegen wir einen offenen, dialogfreundlichen Umgang. An unseren VR-Sitzungen darf auch mal herzlich gelacht werden, ohne dass das dem Ernst der Sache Abbruch tut.


Den Grundzügen Ihrer Personalpolitik ist zu entnehmen, dass die Führungskräfte der ABS integre, engagierte Persönlichkeiten sind, die die Grundsätze der ABS auch leben. Wie ist das zu verstehen?


Sie zitieren eine Idealvorstellung. Dass wir fachlich kompetente, integre und engagierte Führungsleute wollen und auch tatsächlich haben, stelle ich zu meiner Freude immer wieder fest. Und natürlich erwarte ich von diesen Mitarbeitenden, dass im Geschäftsalltag die Grundsätze der ABS gegen innen und aussen vorgelebt werden. Da kommt im Sitzungszimmer Bio-Kaffee auf den Tisch, der Notizblock ist aus Recyclingpapier und die Beratung folgt ethischen Leitlinien. Hingegen gibt es natürlich im privaten Bereich keinerlei «Gesinnungskontrollen» oder gar Weisungen.


Welches sind die Auswirkungen der globalen Finanzmarktkrise für die ABS?


Wir sind konsequent und seit jeher in der Realwirtschaft tätig und beklagen deshalb keine direkten Auswirkungen.


«Wir hängen heute weder unser Fähnchen nach dem Wind noch machen wir auf billige Schadenfreude.» (Eric Nussbaumer, VR-Präsident Alternative Bank ABS)


Stört es Sie, wenn Ihr Institut – zusammen mit weiteren Privat- und Kleinbanken – in der Öffentlichkeit als «Krisengewinnler» wahrgenommen wird, wenn auch durchaus anerkennend?


Die ABS pflegt seit ihrer Gründung vor 18 Jahren ein Geschäftsmodell, das auf soziale und ökologische Verantwortung setzt anstatt auf Gewinnmaximierung. Wir hängen heute weder unser Fähnchen nach dem Wind noch machen wir auf billige Schadenfreude. Ich habe wirklich keine Mühe damit, wenn jetzt immer mehr Menschen erkennen, dass unsere Grundsätze auch für sie selber attraktiv und im umfassenden Sinn gewinnbringend sind. Wenn solche Erkenntnisse aus der Finanzmarktkrise gewonnen werden, dann hat diese Krise wenigstens einen positiven Effekt.


Die Tätigkeit der ABS ist geografisch bislang auf die Schweiz begrenzt. Ist der Schritt ins Ausland fürs Sie eine Option?


Wir vernetzen uns zwar aktiv mit anderen ethischen Banken in Europa und der Welt. Aber ein Gang ins Ausland ist kein Thema. Die ABS hat volumenmässig heute die Grösse einer Regionalbank, pflegt aber einen gesamtschweizerischen Anspruch. Diesen Anspruch wollen wir einlösen. Unsere Priorität liegt auf absehbare Zeit also in einer feineren Verästelung in der Schweiz. Das schliesst nicht aus, dass wir auf Produkteebene die eine oder andere Zusammenarbeit mit verwandten europäischen Instituten aufbauen, wenn sich das anbietet.


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Die ABS bezeichnet sich als ein ganzheitlich auf Nachhaltigkeit ausgerichtetes Unternehmen. Wie setzt die ABS die Brundtland-Kriterien Tag für Tag aufs Neue um?


Ganzheitlich heisst für uns: Wir begnügen uns nicht damit, ein konventionelles Angebot mit ein paar grünen Tupfern zu versehen. Wir verpflichten uns zur integrativen Ethik oder eben Nachhaltigkeit. Will heissen, unsere sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Werte sollen in jede Entscheidung, Beratung oder Empfehlung einfliessen. Das unterscheidet uns von  fast alle anderen Banken. Als ganz konkretes Beispiel: Bei uns müssen Sie mit der Kundenberaterin nicht darüber sprechen, ob Sie wohl Aktien einer Rüstungsfirma kaufen sollen, weil die gerade so hoch im Kurs sind. Wir vermitteln Ihnen gar keine solchen Aktien, weil wir wissen, dass die Profite der Rüstungsindustrie mit Blut bezahlt werden. Auf der anderen Seite der Skala gewähren wir Förderkonditionen, wenn Sie eine Kredit für einen besonders ökologische Wohnsiedlung, einen Bio-Bauernhof oder eine von Frauen aufgebaute Firma benötigen.


Das Prinzip der Nachhaltigkeit gilt auch für die Immobilienfinanzierung, für welche das ABS-Immobilien-Rating mit seinen strengen Kriterien eingeführt worden ist. Fühlen Sie sich durch die Akzeptanz des Angebots seitens der Hausbesitzerinnen und -besitzer in Ihrer Strategie bekräftigt?


Wir freuen uns natürlich, dass wir im Immobilienbereich kräftig zulegen. Aber wir wollen noch mehr. Die grosse Chance der Zukunft besteht in der Sanierung des bestehenden Schweizer Gebäudeparks. Da können wir nicht nur viel Energie sparen, sondern auch viel für unsere Wohngesundheit tun. Deshalb werden wir im Frühjahr 2009 eine Sanierungshypothek lancieren, die über den reinen Energieaspekt hinausgeht. Ganzheitlichkeit ist auch hier Trumpf.


Auch beabsichtigt die ABS, künftig zunehmend Beteiligungen an kleineren Firmen – zum Beispiel über eine Beteiligungsgesellschaft – zu ermöglichen. Wie weit ist dieses Vorhaben fortgeschritten?


Dieses Projekt hat der Verwaltungsrat soeben als Bestandteil der Unternehmensziele 2009  genehmigt. 


«Das ABS E-Banking haben ganz offensichtlich viele Kundinnen und Kunden sehnsüchtig erwartet.» (Eric Nussbaumer, VR-Präsident Alternative Bank ABS)


Intern funktioniert die ABS weitgehend nach demokratischen Grundsätzen. Wie weit ist dieses «weitgehend» zu verstehen?


Da kommen zwei Dinge zusammen. Einerseits sind wir ein Unternehmen mit gesellschaftskritischen, basisdemokratischen Wurzeln. Andererseits sind wir eine klar reglementierte Aktiengesellschaft in einem auch wieder sehr hoch reglementierten Tätigkeitsfeld. Das ist ein Spannungsfeld. Wir wollen und haben aktive Mitarbeitende, die kritisch mitdenken, ihre Meinung sagen und von den Vorgesetzten angehört werden. Wir stellen für die Mitarbeitenden sogar einen Sitz im Verwaltungsrat bereit. Wir wollen aber auch saubere, professionelle, am Markt erfolgreiche Abläufe und Dienstleistungen, die innert nützlicher Frist erbracht werden. Das kann sich manchmal beissen. Deshalb haben wir im Verlauf des Jahres 2008 sehr profund und präzis die institutionalisierte Mitwirkung der Mitarbeitenden aufgearbeitet und werden die dafür notwendigen Prozesse jetzt in unsere Abläufe integrieren. Ergänzend braucht es weiterhin eine Führungskultur, die zu Mitwirkung ermuntert, aber auch Mitverantwortung einfordert.


Zur Stärkung ethischer Gesichtspunkte ist vor drei Jahren bei der ABS eine externe Kontrollinstanz, die sogenannte Ethikkontrolle eingesetzt worden. Wie funktioniert diese?


Der Verwaltungsrat vereinbart mit der externen Ethikkontrollstelle einen jährlichen Kontroll-Scherpunkt. Die Kontrollstelle, angesiedelt beim Institut für Wirtschaftsethik der Universität St. Gallen, erstattet einen Bericht, der auch in unserem jährlichen Geschäftsbericht publiziert wird. Daraus leiten wir Konsequenzen und Massnahmen ab. Im Geschäftsjahr 2007 standen übrigens die Mitsprachemöglichkeiten der Mitarbeitenden im Zentrum der Kontrolle. Und unsere diesjährigen Arbeiten an diesem Thema sind ein konkretes Resultat des Kontrollberichtes. 


Die ABS ist bestrebt, sich Ihren Kundinnen und Kunden vermehrt als Erstbank zu empfehlen. Tragen diese Anstrengungen Früchte?


Das ist schwierig zu beurteilen, weil wir selbstverständlich die Kundschaft nicht fragen, ob sie noch andere Bankverbindungen pflegt. Sicher ist, dass wir bisher im Jahresverlauf einen leicht höheren Zugang von Neukundinnen und -kunden registrieren als in der Vorjahresperiode.


Neu bietet die ABS auch Dienstleistungen im Bereich e-Banking an. Wie rege wird diese Angebotsausweitung von Ihren Kundinnen und Kunden in Anspruch genommen?


Das ABS E-Banking haben ganz offensichtlich viele Kundinnen und Kunden sehnsüchtig erwartet. Nach nur sechs Monaten Betrieb gelangen schon rund 30 Prozent der Transaktionen im Zahlungsverkehr via E-Banking zu uns. Das ist ein vergleichsweise sehr hoher Wert. Bis Ende Jahr werden wir auch unsere übrige Internet-Präsenz modernisiert haben. Als Bank mit noch wenigen Standorten wollen wir in Zukunft die Möglichkeiten elektronischer Präsenz noch vermehrt nutzen.


Herr Nussbaumer, wir bedanken uns für dieses Interview.


Zur Person:
Eric Nussbaumer ist seit Mai 2008 Verwaltungsratspräsident der Alternativen Bank ABS. Nussbaumer folgte auf Claudia Nielsen, welche der Alternativen Bank seit 2001 als Präsidentin vorgestanden hatte. Im Jahre 2007 wurde der ehemalige Präsident der SP Basel-Land in den Nationalrat gewählt, wo er unter anderem den Kommissionen für Umwelt, Raumplanung und Energie (UREK) angehört. Nach seiner Berufslehre als Elektromonteur absolvierte er anschliessend ein Studium an der Ingenieurschule Technikum Winterthur, welches er 1983 erfolgreich als Elektroingenieur HTL abschloss. Seit 1988 war Nussbaumer Geschäftsführer und seit der Wahl in den Nationalrat im vergangenen Jahr ist er Mitglied der Geschäftsleitung in der ADEV Energiegenossenschaft und der damit verbundenen Firmengruppe in Liestal sowie Teilhaber der ADEV Solar Nussbaumer, Appenzeller & Co., Zürich. Der im französischen Mulhouse geborene Schweizer ist verheiratet und hat drei erwachsene Kinder.

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