EZB belässt Leitzins unverändert bei 4,00 Prozent

Die Entscheidung des EZB-Rats sei einstimmig getroffen worden, sagte Trichet. Die von vielen Ökonomen erwartete Zinssenkung wird wohl noch etwas länger auf sich warten lassen. Die Rekordteuerung von 3,5 Prozent im März in der Eurozone und die im Gegensatz zu den USA vergleichsweise robuste Konjunktur halten die EZB davon offenbar vorerst ab. Viele Experten erwarten gegen Jahresende eine Zinssenkung. Dann dürfte die Finanzmarktkrise erste konjunkturelle Bremsspuren in Europa hinterlassen.


Die britische Notenbank senkte am Donnerstag unterdessen zum dritten Mal seit Dezember 2007 ihren Leitzins um 0,25 Punkte auf nun 5,00 Prozent. Die US-Notenbank hat ihren Leitzins wegen der Konjunkturabkühlung bereits kräftig auf 2,25 Prozent gesenkt.


Aufwärtsrisiken für Inflation
Die EZB sieht weiter kurzfristig starke Aufwärtsrisiken für die Inflation. Die jüngsten Daten bestätigten die Existenz eines starken kurzfristigen Aufwärtsdrucks bei der Inflation, sagte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet. Die Eurozone durchlaufe «eine recht langwierige Periode hoher Inflationsraten». Gründe seien vor allem höhere Enerige- und Nahrungsmittelpreise. Es sei entscheidend, Zweitrundeneffekte zu vermeiden. Die EZB bleibe wachsam. Das derzeitige Leitzinsniveau werde dazu beitragen, Preisstabilität zu gewährleisten.


Langwierige Periode hoher Inflation
Die Inflation dürfte in den kommenden Monaten merklich über der Marke von zwei Prozent liegen. Im laufenden Jahr dürfte sich die Inflation nur graduell abschwächen. Die EZB beobachte die Lohnverhandlungen «mit besonderer Aufmerksamkeit», sagte Trichet. Die jüngsten Informationen bestätigten auch die Einschätzung von bestehenden Aufwärtsrisiken für die Preisstabilität auf mittlere Sicht, mit Blick auf ein weiter sehr kräftiges Geldmengen- und Kreditwachstum. Die EZB werde alles tun, um Zweitrundeneffekte zu verhindern. «Die EZB hat eine Nadel in ihrem Kompass und nicht zwei», bekräftigte Trichet. Insgesamt seien die Einschätzungen des Rates zu Inflation und Wachstum im Vergleich zur vorangegangenen Sitzung unverändert. In 18 Monaten dürfte die Inflation aber das Ziel der EZB von knapp unter zwei Prozent erreichen, sagte Trichet. Es handele sich um eine vorübergehend erhöhte Inflationsperiode.


«Hohe Unsicherheit» beim Wirtschaftswachstum
Die Aussichten für das Wirtschaftswachstum seien weiter durch «hohe Unsicherheit» geprägt, sagte Trichet. Die wirtschaftlichen Fundamentaldaten seien weiter solide. Das Wachstum in der Eurozone habe sich abgeschwächt, setze sich aber fort. Die Finanzkrise könnten aber länger andauern als erwartet. Die Zentralbanken seien bereit, den Banken mit weiteren Finanzspritzen unter die Arme zu greifen.


Finanzkrise wird länger dauern als gedacht
Die seit acht Monaten andauernde Finanzmarktkrise ist nach Trichets Einschätzung noch lange nicht ausgestanden: «Die Finanzmarktturbulenzen könnten länger andauern als erwartet». Die Zentralbanken seien bereit, den Banken mit weiteren Finanzspritzen unter die Arme zu greifen. Die EZB und andere Notenbanken hatten den Banken in den vergangenen Monaten wiederholt Milliardenbeiträge bereitgestellt, um ein Austrocknen des Geldmarktes zu verhindern. «Indem wir Preisstabilität wahren, liefern wir einen wesentlichen Beitrag zum Funktionieren der Finanzmärkte», sagte Trichet.


Exzessive Wechselkursschwankungen unerwünscht
Trichet zeigte sich ausserdem einmal mehr besorgt über die jüngsten Wechselkursbewegungen. Exzessive Wechselkursschwankungen seien nicht erwünscht, bekräftigte Trichet nach der Zinsentscheidung. Auch unterstrich der Notenbankpräsident erneut, er habe mit grosser Aufmerksamkeit das Bekenntnis der US-Regierung zu einem starken Dollar zur Kenntnis genommen. Damit wiederholte Trichet frühere Aussagen zu dem anhaltend schwachen Dollar. Seit der US-Hypothekenkrise im vergangenen Sommer hat der Dollar zu vielen wichtigen Währungen, so auch zum Euro, deutlich an Wert verloren. Am Donnerstag hatte der Euro seine Rekordjagd zum Dollar fortgesetzt und mit 1,5912 US-Dollar einen neuen Höchststand erreicht. (awp/mc/pg) 

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