Klaus Oesch, CEO Orell Füssli: Wir sprechen Anleger an, die eine Firma mit solidem Wachstum im zweistelligen Bereich suchen

Von André Schäppi


Moneycab: Herr Oesch, Orell Füssli (OF) hat jüngst die vollständige Übernahme der Atlantic Zeiser, die auf Anlagen für Sicherheitsdruck und Personalisierung von Produkten, Dokumenten und Verpackungen spezialisiert ist, bekannt gegeben. Sie galt als Sorgenkind, weil Restrukturierungen und die Bereinigung von Altlasten das Resultat belastet haben. Weshalb hat man sich gerade jetzt zu diesem Schritt entschlossen?


Klaus Oesch: Einige Präzisierungen dazu: 2002 haben wir Atlantic Zeiser (AZ) zu 75 Prozent übernommen. Die restlichen 25 Prozent gingen ans Management der AZ. Die strukturellen Schwächen durch die patronale Führung waren uns bekannt und wir wussten, dass wir eine Reorganisation vornehmen mussten. Die letzt jährigen Schwierigkeiten – wie Auslieferungs- und technische Probleme führten dann dazu, dass wir eine Reorganisation einleiteten. Im Rahmen der Reorganisation kam der Wunsch des Managements auf, sich von den restlichen Aktien zu trennen. Da wir die Strukturen von AZ vereinfachen und die Dachgesellschaft als GmbH , nicht wie bisher als AG führen wollen, haben wir uns zu diesem Schritt entschlossen.


Sind die Probleme denn jetzt gelöst?


Die Reorganisation ist weit fortgeschritten , das Projekt ist jedoch noch nicht abgeschlossen. Deshalb werden wir 2005 kein brillantes Jahr haben, aber auch keinen Absturz erleben.


«Wir haben mit Atlantic Zeiser eine Plattform geschaffen, von der aus wir weiter wachsen können.» Klaus Oesch, CEO Orell Füssli


Atlantic Zeiser steuert zwar mehr als die Hälfte des Segmentumsatzes, aber erheblich weniger zum Betriebsergebnis bei. Als Zielvorstellung für die Rendite gilt 13 Prozent. Halten Sie daran fest?


Ja, wir waren schon früher über dreizehn Prozent EBIT und lagen auch im letzten, problembehafteten Jahr bei zehn Prozent. Das diesjährige Resultat wird im Bereich des Vorjahres liegen. Allerdings ist für uns das Wachstum wichtiger als eine Steigerung des EBITs und da wollen wir schon zulegen.


Noch im April wurden Akquisitionen nicht ausgeschlossen. In der Zwischenzeit hat sich das Geschäftsumfeld wenig erfreulich entwickelt. Sind das nach wie vor Optionen? Wenn ja, in welchem Bereich?


Akquisitionen würden wir in allen Bereichen machen, wenn sich passende Gelegenheiten ergeben. Weil wir jedoch dieses Jahr mit AZ ziemlich absorbiert waren, haben wir keine Projekte aktiv verfolgt.


Weshalb sind Sie nach wie vor überzeugt, dass die kombinierten Technologien der beiden Firmen Wettbewerbsvorteile bringen?


So würde ich das nicht formulieren, denn der gemeinsame Nenner der AZ mit OF liegt dort, wo man Sicherheitstechnologie mit Druck zusammenbringen kann. Wir sehen AZ deshalb als Ergänzung zum Druck. Und da suchen wir schon Projekte, in denen wir beides anwenden können.


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AZ also als Aufwertung des Sicherheitsdrucks?


Wir haben mit AZ eine Plattform geschaffen, von der aus wir weiter wachsen können. Weitere Akquisitionen in diesem Bereich würden deshalb durchwegs Sinn machen und unsere Möglichkeiten im Markt weiter ausbauen.


Ihr Mitbewerber, die deutsche Giesecke & Devrient, wird bestreikt, weil sie Arbeitsplätze nach Tschechien verlagern will. Profitieren Sie von dieser Situation?


Nein, denn Notendruck ist ein langfristiges Geschäft, das dadurch nicht tangiert wird.


Apropos Verlagerung ins kostengünstigere Ausland. Eine mögliche Variante für OF?


Der Sicherheitsdruck ist ein kapitalintensives Geschäft, weshalb das für uns keine Option ist.


Lukrative Aufträge werden verschoben und müssen mit deckungsbeitragsschwachen ersetzt werden. Nicht gerade Aussichten für den Sicherheitsdruck?


Der Banknotendruck lebt wie der kommerzielle Druck von einer möglichst hohen Auslastung der kapitalintensiven Anlagen. Es ist deshalb bisweilen sinnvoll, zugunsten einer höheren Auslastung Aufträge zu verschieben, Einverständnis der betreffenden Kunden vorausgesetzt.


Der Buchhandel zeichnet sich nicht gerade durch rosige Perspektiven aus. Hugendubel ist in diesem Bereich mit rund 49% beteiligt. Wäre es denkbar, dass man sich von diesen Aktivitäten trennt?


OF ist breit aufgestellt und der VR überprüft regelmässig das Aktivitätenportfeuille. OF hat in den letzten 500 Jahren viele Aktivitäten, ausgehend vom Buchdruck aufgenommen und viele weitergereicht oder wieder liquidiert, z.B. NZZ, OF Annoncen, Akzidenzdruck. So besehen ist jede Bereinigung des Aktivitätenportefeuilles denkbar. Zur Zeit steht nichts an.


Überspitzt formuliert könnte man OF als Gemischtwarenladen bezeichnen, den wenige Synergien verbinden.


Es ist nicht so, dass wir unsere Aktivitäten nicht periodisch überprüfen. Und wir sind der Ansicht, dass wir so, wie wir aktuell dastehen, gut positioniert sind. Das schliesst aber nicht aus, dass wir uns in die eine oder andere Richtung bewegen und auch wachsen können. Die Herausforderung für uns liegt darin, die Geschäftfelder von der patronalen Führung, wie sie für kleine Unternehmen typisch ist, in delegationsfähige Organisationen überzuführen, aus denen heraus dynamische Entwicklung möglich ist.


Weshalb ist denn OF trotzdem interessant für Anleger?


Mit unserer Ausrichtung haben wir einen Risikoausgleich. Zudem haben wir über die letzten zehn Jahre ein profitables Wachstum gezeigt, was letztlich auch zu einer anständigen Rendite und Dividendenausschüttung geführt hat. Das wollen wir auch in Zukunft beibehalten. Damit sprechen wir Anleger an, die eine Firma mit solidem Wachstum im zweistelligen Bereich suchen.


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Rund ein Drittel der Aktien der OF sind in Besitz der Schweizerischen Nationalbank. Dadurch sind Sie durch diesen Grossaktionär mit Eigeninteressen (Druckaufträge für 20 bis 40 Mio. CHF p.a.) quasi in einem geschützten Status. Das muss die Handlungsfreiheit doch ein wenig einschränken?


Wir fühlen uns recht unabhängig. Auf die Preise für den Notendruck wird kein Einfluss ausgeübt. Zudem müssen wir ja kompetitive Preise bieten, die zudem von Zeit zu Zeit mit einem Benchmark überprüft werden. In unserem Verwaltungsrat sitzt zwar ein Mitglied aus der SNB, das sich aktiv für unser Unternehmen engagiert, während die SNB als Kunde durch andere Personen auftritt.


2004 war für OF ausserordentlich gut. Wie beurteilen Sie die Aussichten für 2005 aufgrund der aktuellen Informationen?


Wir erwarten einen Umsatz über dem Vorjahr, u.a. bedingt durch den Abschluss der Konsolidierung Rösslitor-Buchhandlung. Der Gewinn wird unter dem Vorjahr liegen, aber immer noch ansprechend sein.





Zur Person
Klaus Oesch, Jahrgang 1944, studierte Elektrotechnik an der ETH Zürich und Business Administration an der INSEAD, Fontainebleau. Nach verschiedenen Leitungstätigkeiten in führenden Schweizer Unternehmen war er kurzzeitig auch als Unternehmensberater voeab im Zusammenhang mit Restrukturierungen tätig. Seit zehn Jahren ist er VR-Delegierter der Orell Füssli Holding AG und hält verschiedene VR-Mandate.


Das Unternehmen
Das diversifizierte Traditionshaus Orell Füssli vereinigt als Strategie- und Finanzholding die drei eigenständigen strategischen Geschäftsbereiche Sicherheitsdruck und industrielle Systeme, Buchhandel und Verlage und beschäftigt rund 1000 Mitarbeiter. Das Unternehmen erzielte 2004 einen Umsatz von 325 Mio.CHF.
Der Geschäftsbereich Sicherheitsdruck und industrielle Systeme ist technologisch und qualitativ führend im Sicherheitsdruck, bei der Entwicklung und Herstellung von Systemen für Sicherheitsdokumente sowie für die Individualisierung von Produkten und Dokumenten. Im Geschäftsbereich Buchhandel hält Orell Füssli mit 11 Gross- und Spezialbuchhandlungen und durch und durch den Internet-Buchladen www.books.ch eine führende Stellung in der Deutschschweiz. Zum Geschäftsbereich Verlage gehören neben den Sachbuchverlagen umfassende Online-Datenbanken mit Firmen- und Personeninformationen der Schweizer Wirtschaft.

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