Kommt die Revolution im Versicherungsmarkt aus China?

Während im Banking Anbieter von Standard-Core-Lösungen wie Temenos, Olympic, Avaloq oder Finnova laufend neue Kundengewinne vermelden, ist der Markt für Kern-Versicherungslösungen noch weitgehend von Eigenentwicklungen geprägt.
 
2000 von ehemaligen McKinsey-Leuten gegründet
Die chinesisch-schweizerische Softwarefirma eBaoTech tritt nun aber auch in der Schweiz und Europa an, dies zu ändern. Die heute rund 700-köpfige Firma wurde erst im Jahr 2000 von ehemaligen McKinsey-Leuten, die Erfahrung mit dem Aufbau von Versicherungen im riesigen chinesischen Markt und in Asien hatten, aufgebaut. In nur eineinhalb Jahren wurde in Shanghai ein System gebaut, das gemäss eBaoTech alle Prozesse in der Wertschöpfungskette einer Lebensversicherung abbilden kann und auf moderner SOA-Architektur basiert. Dass man eine von Grund auf neue «Kernversicherungs-Lösung» («Grüne Wiese») bauen konnte, ist für Tomek Bugajski, seit Ende 2003 GL-Mitglied und Mitinhaber von eBaoTech Europe, einer der wichtigen Pluspunkte.
 
Über 40 erfolgreiche Implementierungen in 20 Ländern
eute hat eBao Tech durchgehende Systeme nicht nur für Lebensversicherungen («LifeSystem»), sondern auch für Sach- und Personenversicherer «(GeneralSystem»), eine Lösung für Versicherer von sehr vermögenden Menschen («AssetLink») sowie diverse Zusatzmodule bereits im dritten Release verfügbar. Weltweit gibt es gemäss eBaoTech über 40 erfolgreiche Implementierungen in 20 Ländern. In der Schweiz kann eBao Tech mit der Swiss Life und Zurich, die «AssetLink» einsetzen, zwei prestigeträchtigen Kunden vorweisen. Zudem zählt die niederländisch-belgische Fortis in mehreren Ländern in Europa, auch im holländischen Heimmarkt, zu den Anwendern der chinesischen Versicherungslösungen.
 
Europäische Kader von der ‹Winterthur› geprägt
In Europa will eBaoTech ausgesprochen «europäisch» auftreten. Europa-Chef und Mitinhaber Daniel Adamec war Finanzchef der ‹Winterthur› und zuvor ebenfalls bei McKinsey und auch Tomek Bugajski arbeitete zuletzt bei der ‹Winterthur›. In Europa werde eBaoTech als europäischer Anbieter und Berater wahrgenommen, sagt Bugajski. Sein Team umfasst zwar nur 20 Leute, doch arbeitet eBaoTech mit Systemintegratoren wie GFT, Comit oder Atos Origin als Partner zusammen und zieht Freelancer bei. Zurzeit arbeiten insgesamt mehr als 100 Berater und Entwickler in neun europäischen Projekten in der Schweiz, Holland, Polen, Russland und Deutschland, sagt Bugajski.
 
«Versicherungen erst am Anfang der Industrialisierung»
Während in der Bankenwelt «Industrialisierung», sprich das Auseinandernehmen der Wertschöpfungskette und Auslagern bestimmter Prozesse (z.B. papiergestützter Zahlungsverkehr) schon lange ein Thema ist, stehen Versicherungen erst am Anfang, so Bugajski. «Wir wollen das Rückgrat von ‹Versicherungsfabriken›, in denen beispielsweise Policen für mehrere Versicherer verwaltet werden, sein,» umreisst Bugajski die längerfristigeren Ziele von eBao Tech in Europa. «Wir können die höchst kostspieligen und ineffizienten Prozesse von Versicherern durch unser webbasiertes System massiv entschlacken und gleichzeitig mit Innovationen zum ‹iPhone› der Versicherungsindustrie werden,» so Bugajski’s Versprechen.
 
Chinesischer Pragmatismus
Auf die Frage, wo er die grössten Unterschiede zwischen einer chinesischen Software-Company und einer aus der alten Welt sehe, betont Bugajski vor allem zwei Punkte: Pragmatismus und Geschwindigkeit. In einem Projekt versuche man zusammen mit dem Kunden, seine Produktepalette so weit wie möglich zu straffen und die historisch gewachsenen, verschiedenen Produkt-Arten und Prozessvarianten auf möglichst wenige zu konsolidieren. Möglichst viele Prozesse einer Versicherung werden mit dem fixen, releasefähigen Kern der Lösungen abgebildet. Kundenspezifische Zusatzlösungen werden, wo immer möglich, im nächsten Release in den Kernlösungen integriert. Dazu Bugajski: «Im schlimmsten Fall bauen wir für die letzten 10 aktiven Policen eines ausgelaufenen Versicherungsprodukts halt eine Excel-Lösung, aber wir erfüllen dafür unsere Budget-und Zeitvorgaben, damit solche Systemprojekte endlich auch ökonomisch sinnvoll für den Versicherer werden. Versicherungen dürfen die Erneuerung der manchmal mehr als 20 Jahre alten Systemlandschaften einfach nicht mehr hinauszögern.» (Inside-IT/mc)

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