OPEC in der Zwickmühle: Weiter pumpen oder Förderquoten senken?

Sollen die elf OPEC- Mitglieder angesichts relativ stabiler Preise auf hohem Niveau die Rekordproduktion der vergangenen Monate zumindest über den Winter aufrechterhalten, oder sollen sie die Förderquoten leicht senken, um ein aus Sicht der Produzenten befürchtetes Absinken der Preise zu verhindern? Der amtierende OPEC-Präsident Ahmed Fahd hat sich in den vergangenen Tagen eindeutig gegen eine Senkung ausgesprochen. Auch Saudi-Arabien oder Nigeria wollen weiter am Maximum fördern. Doch andere OPEC-Mitglieder, wie etwa Venezuela, Iran und Libyen wollen die Produktion drosseln.


Politisch korrekt oder marktorientiert?
«Die OPEC ist in einer schwierigen Lage», meint OPEC-Analyst Ehsan ul-Haq vom internationalen Energie-Berater PVM in Wien: «Die Lage am Markt spricht für eine Verringerung der Produktion. Doch dies wäre politisch nicht korrekt.» Mit insgesamt 30,3 Millionen Barrel täglich fördern die elf OPEC-Länder einschliesslich des Irak zurzeit mehr Rohöl, als der Markt benötigt. Die Vorräte in den USA haben mit 320 Millionen Barrel (je 159 Liter) einen historischen Höchststand erreicht. Die «weltweite Hysterie» nach den verheerenden Hurrikans im Golf von Mexiko sei abgeklungen. So gab etwa die Leitsorte für Europa, das Nordseeöl Brent, von rund 67 Dollar auf bis zu 54 Dollar je Barrel nach. Und das stark schwefelhaltige und daher billigere OPEC-Öl sank sogar kurzfristig unter die 50-Dollar-Marke; allerdings sind die Preise inzwischen wieder gestiegen. Dennoch: «Der Markt ist bestens versorgt», meint Analyst ul-Haq.


Psychologischer Faktor spricht gegen eine Quotensenkung in Kuwait
Allerdings schreckt die OPEC-Führung vor der Verringerung der Produktion zurück: Das Öl-Kartell, das nach wie vor fast 40 Prozent des Weltbedarfs von rund 85 Millionen Barrel deckt, «möchte nicht wieder zum Buhmann für höhere Preise gemacht werden». Die Organisation mit ihrem Hauptquartier in Wien hat in den vergangenen Monaten intensiv an der Verbesserung ihres Images gearbeitet. Schliesslich hatte man sie im Frühjahr 2004 weltweit für den rapiden Anstieg der Preise ver antwortlich gemacht, weil die OPEC-Führung die Förderquoten zunächst nicht erhöhen wollte. Vor allem dieser psychologische Faktor spreche gegen eine Quotensenkung in Kuwait, heisst es in Wien. Ausserdem könne sich die Lage am Ölmarkt schnell ändern, wenn der Winter in der nördlichen Hemisphäre erst einmal anziehe. Darüber hinaus wird der weltweite Ölverbrauch nach Berechnungen der OPEC und der Internationalen Energie-Agentur IAE 2006 noch einmal um 1,5 Millionen Barrel steigen.


Vorsichtiges Agieren ist gefragt
«Die meisten OPEC-Mitglieder sind zufrieden, wenn es bei einem Preis von 50 Dollar pro Barrel bleibt», meinte PVM-Experte ul-Haq am Freitag. Aus diesem Grunde würden die Ölminister der OPEC voraussichtlich «sehr vorsichtig» agieren. «PVM rechnet mit einer geringen Senkung der Förderquote». Möglich, aber nicht wahrscheinlich sei auch, dass die grossen Produzenten ihre bisherige Überproduktion wieder unangemeldet zurückfahren. Dritte Möglichkeit : OPEC-Präsident Ahmed Fahd wird ermächtigt, im Bedarfsfall kurzfristig zu entscheiden, wenn die Preise unerwartet stark fallen sollten. (awp/mc/th)

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