Rudolf Freunbichler, Managing Director De La Rue Cash Systems AG: «Besonders was Innovationen betrifft, hat die Schweiz bis heute eine Vorreiterrolle»

Rudolf Freunbichler, Managing Director De La Rue Cash Systems AG: «Besonders was Innovationen betrifft, hat die Schweiz bis heute eine Vorreiterrolle»

von Patrick Gunti


Herr Freunbichler, vor 40 Jahren wurde bei der Barclays Bank in England der erste Bancomat in Betrieb genommen. Entwickelt wurde er bei De La Rue Instruments. Ist das damalige Modell noch mit den heutigen Bancomaten vergleichbar?


Die Grundidee ist dieselbe geblieben, die Technologie jedoch hat sich extrem weiterentwickelt. Damals wie heute war das Ziel, dem Endkunden einen rund um die Uhr-Geldbezug zu ermöglichen. Auch vor 40 Jahren mussten sich die Kunden mittels Karte ausweisen, diese wurde damals jeweils eingezogen und dem Kunden per Post wieder zugestellt. Heute ist der Bancomat ein Hightech-Gerät. Modernste Technik unterstützt durch komplexe Software bietet weit mehr als nur den reinen Geldbezug am Automaten.


Wie ist die Entwicklung des Bancomats in den Schweiz verlaufen?


Die Schweiz war von Beginn weg ein führendes Land im Bancomatgeschäft. Besonders was Innovationen betrifft, hat die Schweiz bis heute eine Vorreiterrolle. Schon am Ende der Sechziger Jahre gab es in der Schweiz rund 30 Automaten. Ab 1978 wurden die einzelnen Standorte von Telekurs zentral überwacht. Heute gibt es in der Schweiz rund 5800 Geldautomaten und die Tendenz ist immer noch leicht steigend.


Mit der De La Rue Cash Systems AG verfügt der De La Rue-Konzern seit der Übernahme der Business Unit ,Cash Handling› der Ascom 2001 über eine selbstständige Schweizer Tochterfirma. Was gehört alles in diesen Bereich?


Der De La Rue Konzern hat über 6000 Arbeitnehmende in den drei Bereichen Cash Systems, Security Paper & Products und Currency. Im Bereich Cash Systems, in welchem auch die Schweiz tätig ist, unterscheiden wir zwischen Branch Teller Automation und Selfservice, Desk Top Products und OEM-Produkten. Wir in der Schweiz fokussieren uns auf den Verkauf von Lösungen im Schaltergeschäft sowie in der Selbstbedienungs-Zone.


Wie viele Geräte aus dem Cash Handling-Bereich und Bancomaten von De La Rue sind in der Schweiz in Betrieb?


De La Rue ist Marktleader im Bereich Automatische Kassentresore. Mit dem bekannten Twin Safe und dem neuen Produkt Vertera können wir einen Marktanteil von über 95 % behaupten. Im Geschäft der Selbstbedienung sind wir mit einem Marktanteil von rund 20 % gut aufgestellt. Sehr gute Performance erreichen wir zudem mit unseren Service- sowie unseren Software-Lösungen. Beide Marktleistungen werden mit grossem Erfolg auch für Geräte unserer Mitbewerber angeboten.


«Modernste Technik unterstützt durch komplexe Software bietet weit mehr als nur den reinen Geldbezug am Automaten» (Rudolf Freunbichler)


Wer sind Ihre grössten Kunden?


Wir dürfen zwei der grössten Finanzinstitute (UBS, PostFinance) sowie viele Kantonalbanken und Regionalbanken im Schweizer und Liechtensteinischen Markt zu unseren Kunden zählen. Wichtig ist auch der Verbund der Raiffeisenbanken, welcher zusammen auch ein grosses Marktvolumen ausmachen.


Wie präsentiert sich das Dienstleistungsportfolio im Bereich von Wartung und Service der Cash Handling-Automaten?


Professioneller Service ist entscheidend. Wie erwähnt bietet De La Rue auch Service für Produkte der Mitbewerber an. Unser Ziel ist es, den Kunden zu entlasten, damit er sich auf seine Kompetenzen konzentrieren kann. Unsere Dienstleistung geht von der herkömmlichen Wartung bis hin zur Vollbetreuung des Gerätes. Unsere Mitarbeiter sind Profis mit langjährigem Know-how – davon kann jeder Kunde nur profitieren. Weiter bieten wir in unserem Reparatur-Zentrum auch für Kunden ausserhalb der Finanzwelt (z.B. öffentliche Verkehrsbetriebe) unseren Reparatur-Service an.


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Wie hat sich der Stellenwert der Selbstbedienung in den letzten Jahren verändert und welche Folgen hat dies für die Finanzinstitute einerseits, für Ihr Unternehmen andererseits?


Die Kunden wollen immer unabhängiger werden und zudem hat sich unser Lebensstil geändert. Elektronik Banking und 24h-Zone werden immer wichtiger. Mit diesem Trend hat sich auch das Selbstbedienungsangebot vergrössert und weiterentwickelt. Bei den Finanzinstituten gab es eine Verlagerung der Kundschaft vom Schalter zum Elektronik Banking und in die 24h-Zone, was das Cross-Selling-Geschäft beeinträchtigt. Wir haben in den letzten Jahren die Lösungspalette auf die neuen Bedürfnisse abgestimmt. Das heisst, wir haben zu den Geldautomaten neue innovative und bedienerfreundliche Lösungen für die Münz- und Noteneinzahlung im Markt erfolgreich eingeführt.


Die Zahl der Transaktionen an Geldautomaten nimmt ständig zu – wie sehen Sie die Zukunft des Geldautomaten-Geschäfts?


Bargeld wird immer ein Thema sein. Der schnelle Bezug, da wo man das Geld ausgibt wird immer wichtiger. Daher auch der Trend zu Geldautomaten in Einkaufszentren und Warenhäusern. Das Bedürfnis nach Flexibilität auf Kundenseite wird auch in den nächsten Jahren ein leichtes Marktwachstum zur Folge haben.


Werden künftig zusätzliche Funktionen und Dienstleistungen möglich sein?


Bezogen auf die Geldautomaten wird es in Zukunft sicher einige neue Funktionen geben, wie das Aufladen von Mobile Prepaid-Karten. Doch eine schnell Transaktionszeit wird immer im Zentrum stehen.


Welche Herausforderungen stellen sich dabei?


Neue Funktionen müssen schnell, einfach bedienbar und einen klaren Nutzen für den Kunden bringen, dann sind sie auch erfolgreich.


«Die persönliche Vorsicht ist und bleibt jedoch weiterhin wichtiges Sicherheitselement.» (Rudolf Freunbichler)


Was unternimmt Ihr Unternehmen im F&E-Bereich und wie können Sie auf diesem Gebiet vom De La Rue-Konzern profitieren?


De La Rue ist auf dem Gebiet F&E sehr aktiv. Neue Produkte wie der Automatische Kassentresor Vertera oder auch neue Selbstbedienungs-Produkte zeigen, dass De La Rue auch im Cash Handling mit Neuentwicklungen sehr erfolgreich ist. Wir profitieren zudem von der Nähe zu den Entwicklungszentren für Software, Automatische Kassentresore sowie für Detektoren, welche ebenfalls in Marin und Bern stationiert sind.


Fishing, Lebanese Loop – man hört immer wieder von diesen und anderen Betrugsversuchen an Geldautomaten. Welche Weiterentwicklungen gibt es im Security-Bereich?


Wir arbeiten in der Prävention mit der Polizei eng zusammen um mögliche Manipulationen zu verhindern. Verschiedene mechanische Massnahmen am Gerät sind schon seit einiger Zeit im Einsatz um die heute bekannten Betrugstechniken möglichst zu unterbinden. Aus Sicherheitsgründen können wir nicht näher darauf eingehen. Die persönliche Vorsicht ist und bleibt jedoch weiterhin wichtiges Sicherheitselement.


Herr Freunbichler, besten Dank für die Beantwortung unserer Fragen.





Zur Person


Rudolf Freunbichler, Schweizer, geb. 29.6.59, verheiratet, zwei erwachsene Söhne
 
Ausbildung zum Feinmechaniker
Weiterbildungen: Handelsschule, Verkaufskoordinator, eidg. dipl. Verkaufsleiter
 
Berufliche Tätigkeiten: seit April 2001 Managing Director De La Rue Cash Systems AG, vorher mehrere Jahre bei Ascom in verschiedenen Funktionen zuletzt während 2 Jahren Leiter des Geschäftsbereichs Banking Automation Schweiz.

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