Swissair-Prozess: Anwalt von Lukas Mühlemann fordert Freispruch

Die Anklage sei mangelhaft und offensichtlich unbegründet, sagte Gehrig am Donnerstag vor dem Bezirksgericht Bülach. Bereits die Untersuchung habe sowohl quantitativ als auch qualitativ schwerwiegende Mängel aufgewiesen.


Schadensbeschreibung genüge keiner Anklage
In Anklage gehöre eine möglichst genaue Beschreibung des Schadens. Dem genüge die Anklageschrift nicht. Sie stelle nicht dar, was die Bilanzdeponierung der Tochtergesellschaft SAirLines für Konsequenzen für die SAirGroup mit und ohne die unterlassenen Handlungen gehabt hätte, die den Angeklagten vorgeworfen würden. Es hätten konkret die Auswirkungen auf das Vermögen der SAirGroup bei einer Bilanzdeponierung der Tochtergesellschaft SAirLines beschrieben werden müssen, in der das Fluggeschäft zusammengefasst war.


Keine Angaben zu den Auswirkungen
Die Anklage enthalte aber keine Angaben zu den Auswirkungen einer Bilanzdeponierung auf das Vermögen der flugnahen Betriebe, die wesentliche Leistungen für die SAirGroup erbrachten. «Diese Töchter der SairLines wären aber bei einem Konkurs auch nicht überlebensfähig gewesen», sagte Gehrig.


Gläubigerschädigung vorgeworfen
Die Staatsanwaltschaft wirft Mühlemann wie den übrigen SAirGroup- Verwaltungsräten Gläubigerschädigung durch Vermögensminderung und ungetreue Geschäftsbesorgung vor.


7 Monate Freiheitsstrafe und eine Geldstrafte von 540’000 CHF
Die Staatsanwaltschaft fordert für den ehemaligen Credit-Suisse- Chef 7 Monate Freiheitsstrafe und eine Geldstrafte von 540’000 CHF bedingt bei 3 Jahren Probezeit plus eine Busse von 10’000 CHF. Mühlemann sass von 1995 bis März 2001 im Verwaltungsrat der SAirGroup.


Freispruch und angemessene Entschädigung gefordert
Gehrig forderte für Mühlemann neben dem Freispruch eine angemessene Entschädigung und die Bezahlung der Verfahrenskosten durch die Staatskasse. Zudem sei auf allfällige Forderungen von Geschädigten nicht einzutreten.


Vorwurf absurd
Der Vorwurf, die SAirLines hätte bereits im März 2001 Nachlassstundung einreichen sollen, sei absurd. «Herr Bruggisser hat in der Untersuchung für die Situation im Dezember 2000, was auch für die Situation im März 2001 gilt, zu Recht entgegnet, man hätte ihn für ein solches Verhalten in die psychiatrische Klinik Königsfelden einweisen müssen», sagte Verteidiger Bernhard Gehrig am Donnerstag vor dem Bezirksgericht Bülach.


Bei Nachlassstundung im März 2001 wäre auch SAirGroup in Konkurs gefallen
Bei einer Nachlassstundung der SAirLines im März 2001 wäre höchst wahrscheinlich auch die Muttergesellschaft SAirGroup in Konkurs gefallen, wodurch deren Gläubiger einen erheblichen Schaden erlitten hätten. Dies hätte eine Flut von Schadensersatzforderungen der ausländischen Airline-Beteiligungen ausgelöst. Zudem wäre auch der Verkaufswert der flugnahen Beteiligungen eingebrochen. «Es wäre der gesamte Konzern in den Abgrund gerissen worden, wenn Herr Mühlemann und die übrigen Verwaltungsratsmitglieder befolgt hätten, was die Staatsanwaltschaft ihnen als strafbare Unterlassung vorwirft», sagte Gehrig.


Weder SAirGroup noch SAirLines im März 2001 verschuldet
Dann wäre die Staatsanwaltschaft von vielen Seiten aufgefordert worden, die Verwaltungsräte für die mutwillige Zerstörung einer aufrecht stehenden Gesellschaft zu verfolgen. Es wäre geradezu kriminell gewesen, eine Sanierung eines solchen wichtigen Unternehmens nicht mit allen Kräften zu versuchen, sagte Gehrig. Weder die SAirGroup noch die Tochter SAirLines seien im März 2001 überschuldet gewesen. Es habe dafür auch keine Anzeichen gegeben.

Terroranschläge vom 11. September 2001 schuld
Dass die Gläubiger der SAirGroup im Oktober 2001 zu Schaden kamen, habe nichts mit den Entscheidungen und Handlungen des Verwaltungsrates im März 2001 zu tun, sagte Gehrig. Erst die Terroranschläge des 11. September 2001 hätten unmittelbar negativ auf das operative Geschäft durchgeschlagen und eine dramatische Reduktion der Beteiligungswerte auch der Nichtflug-Beteiligungen bewirkt. «Eine Schädigung der Gläubiger der SAir Group AG durch die Restrukturierungshandlungen vom März 2001 ist ausgeschlossen», sagte Gehrig.


Mühlemann kaufte im April Aktien
Ex-SAirGroup-Verwaltungsrat Lukas Mühlemann hat noch wenige Monate vor dem Untergang für 128`750 CHF. Aktien des Flugkonzerns gekauft. Der ehemalige Credit-Suisse-Chef erwarb am 3. April 2001 für sich persönlich 1`000 Aktien der SAirGroup. «Herr Mühlemann hätte diese Investition sicherlich nicht getätigt, wenn er, wie die Anklage behauptet, von der nicht behebbaren Überschuldung der SAirLines und dem wahrscheinlichen Konkurs der SAirGroup ausgegangen wäre», sagte Mühlemanns Verteidiger Bernhard Gehrig am Donnerstag im Swissair-Prozess vor dem Bezirksgericht Bülach.

Im April 2001 von Weiterbestand des Konzerns überzeugt
Dies zeige, dass Mühlemann im April 2001 überhaupt nicht mit einem Konkurs der SAirLines und der SAirGroup gerechnet habe und vom Weiterbestand des Konzerns überzeugt gewesen sei, sagte Gehrig. Folglich habe er weder eine Schädigung der SAirGroup AG, noch deren Gläubiger in Kauf genommen. Mühlemann sei deshalb freizusprechen. (awp/mc/ar)

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