Mehr Schein als Sein: Verbesserungspotenziale bei der Schweizer Innovationsförderung

Mehr Schein als Sein: Verbesserungspotenziale bei der Schweizer Innovationsförderung

Michael Bornhäusser, Präsident von i-net innovation networks. (Bild: i-net)

Basel – Laut verschiedenen Studien ist die Schweiz das innovationsfreudigste Land Europas. Doch der Schein trügt. Denn die Top-Position verdankt die Schweiz vor allem dem Erfolg weniger Grosskonzerne. Bei Neugründungen ist die Schweiz dagegen höchstens Mittelmass. Deshalb fordert i-net-Präsident Michael Bornhäusser ein Umdenken bei der Innovationsförderung: Die Startup-Initiativen fokussierten zu stark auf die Hochschulen und zu wenig auf die Wirtschaft.

i-net innovation networks switzerland, die gemeinsame Innovationsförderung der Nordwestschweiz, hat im Rahmen des ersten „Swiss Innovation Regio“-Anlasses in Aarau das gute Abschneiden der Schweiz in mehreren Studien zur Innovationsfreundlichkeit hinterfragt. Michael Bornhäusser, Präsident von i-net, stellt fest, dass die in der Schweiz ansässigen Grossunternehmen aus Life Sciences, Chemie und Energietechnik die Berichte positiv beeinflussen, zum Beispiel durch die Anzahl der Patente. Vergleicht man hingegen die Zahlen der Startups sowie der innovativen und wachstumsstarken KMU aus klassischen Innovationsbranchen wie IT, Nanotechnologien oder Biotech, so liegt die Schweiz nicht auf den vorderen Rängen.

Schweiz bei innovationsgetriebenen Ländern im Mittelfeld
Dies belegen auch die Zahlen des Global Entrepreneurship Monitor aus dem Jahr 2011. Gemäss dieser Untersuchung sind hierzulande rund 6,6 Prozent der arbeitenden Bevölkerung in einem Unternehmen tätig, das seine Geschäftsaktivitäten erst in den vergangenen 42 Monaten aufgenommen hat. Damit befindet sich die Schweiz unter den innovationsgetriebenen Ländern zusammen mit Finnland, Singapur und Norwegen bei den Unternehmensaktivitäten im Mittelfeld. Zum Vergleich: Die USA, Australien und die Niederlande weisen eine Beschäftigungsrate von jeweils 12, 10 und 8 Prozent in Jungunternehmen auf.

Dieses bescheidene Abschneiden der Schweiz sieht Bornhäusser vor allem darin begründet, dass sich die Innovations- und Startup-Förderung in der Schweiz zu sehr auf die Hochschulen, insbesondere die ETH Zürich und die EPF Lausanne, konzentriert. Die Hochschulen sind für die Forschung und Ausbildung von entscheidender Bedeutung, als erfolgreiche Inkubatoren von Startups konnten sie indes bisher nicht überzeugen. Betrachtet man nämlich die ohnehin seltenen Exits von Investoren bei Schweizer Wachstumsunternehmen, handelt es sich in den wenigsten Fällen um Firmen, die als Spin-offs aus Universitäten hervorgegangen sind. So befinden sich unter den rund zwanzig Startups, die in den vergangenen drei Jahren verkauft wurden, nur gerade drei Spin-offs der ETH Zürich.

Startups von Hochschulen näher an Wirtschaft und Unternehmer bringen
Weit erfolgreicher sind Spin-offs und Gründungen von ehemaligen Mitarbeitern von Grosskonzernen oder klassische Neugründungen ohne universitären Hintergrund. Bornhäusser fordert daher, die Startups von den Hochschulen näher an die Wirtschaft und die Unternehmer zu bringen: „Es ist wichtig, dass Akademiker mit ihren Neugründungen schnell aus der ‚Komfortzone‘ des Universitätsbetriebes in die Realität des Unternehmertums eintauchen, um erfolgreich zu sein“, so Bornhäusser. „Unterstützung durch erfahrene Unternehmer hilft weit mehr bei der Geschäfts- und Unternehmensentwicklung als Forschung und Produktoptimierung ohne Ende.“

Weiter stellt der Investor und Präsident von i-net fest, dass im Rahmen der Unternehmensfinanzierung in der Schweiz – aber auch im restlichen Europa – die Flexibilität fehlt. Ein Business Angel ist quasi dazu verdammt, bis zu einem Exit investiert zu bleiben. Das kann unter Umständen mehr als zehn Jahre dauern. Im Silicon Valley hingegen können Investoren zu einem weit früheren Zeitpunkt, nämlich beim Einstieg von Venture-Capital-Fonds oder institutionellen Anlegern, mit Gewinn aus einem Unternehmen ganz oder teilweise aussteigen und anderswo investieren. So kommt relativ schnell wieder Geld in den Kreislauf für weitere Neugründungen.

Finanzierungsseite: Umdenken und Kulturwandel erforderlich
„Auf der Finanzierungsseite ist ein Umdenken und Kulturwandel erforderlich“, so Bornhäusser, „Early-Stage- und Angel-Investoren sollen die Möglichkeit haben, nach drei Jahren wenigstens wieder den Einsatz zurückzubekommen. Das geht aber nur, wenn die nachfolgenden Investoren bereit sind, den frühen Investor teilweise auszubezahlen. Wenn dieses Vorgehen in der Schweiz Schule machen würde, stünde sofort mehr Geld für Neugründer zur Verfügung, und die Schweiz könnte einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen europäischen Ländern in der Gründerszene erreichen.“

Michael Bornhäusser hat sich als Unternehmer (z. B. mit Pixelpark, SDC) einen Namen gemacht. Er ist ein international engagierter Berater (5ContinentsConsultingGroup) sowie Mitinhaber der Sallfort Privatbank, bei der er den Bereich Private Equity, Products & Services leitet. Als Investor hat er eine Reihe namhafter Erfolge erzielt. So war er im April 2013 als federführender Investor beim Verkauf des britischen Startups Ubiquisys an Cisco für 310 Mio. Dollar beteiligt. (i-net/mc/ps)

Über i-net innovation networks switzerland
i-net innovation networks ist die gemeinsame Innovationsförderung der Nordwestschweizer Kantone. Als Public Private Partnership der Kantone Aargau, Baselland, Basel-Stadt und Jura sowie führender Unternehmen aus der Region im April 2012 gegründet, unterstützt i-net Firmen in den Technologiefeldern ICT, Life Sciences, Nanotechnologie, Medtech und Cleantech. i-net bietet Unternehmen und Innovatoren kostenlos individuelle Beratung sowie weitreichende Möglichkeiten zum Wissenstransfer und Erfahrungsaustausch.
Weitere Informationen unter: www.i-net.ch

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