Narzissten sind schlechte Chefs

Narzissten sind schlechte Chefs

Kein Chef, wie man es sich wünscht: Hugh Laurie in der Rolle des Dr. House.

Amsterdam – Narzissten führen Arbeitsteams zu objektiv schlechten Ergebnissen. Das beweisen holländische Forscher in der Zeitschrift «Psychological Science». «Menschen glauben, dass Narzissten aufgrund ihres Selbstwertes, Selbstvertrauens und Dominanz gute Führungskräfte sind. Doch genau das Gegenteil ist der Fall», so Studienleiterin Barbora Nevicka von der Universität Amsterdam.

Die Forscher stellten 150 Versuchspersonen die Aufgabe, jeweils in Dreiergruppen über die Anstellung fiktiver Bewerber zu entscheiden. Jeder sollte mitbestimmen, wobei einer nach dem Zufallsprinzip zum Gruppenleiter ernannt wurde und die Verantwortung für den Entscheidungsprozess trug. Einige der insgesamt 45 Informationen zu jedem Kandidaten wurden teils allen in der Gruppe mitgeteilt, einige nur jeweils einem Mitglied. Um den optimalen Kandidaten zu finden, war die gesamte Information nötig.

Gutes Feedback, miese Ergebnisse
Nachdem man den Gruppenleiter per Fragebogen hinsichtlich seiner narzisstischen Veranlagung getestet und auch die anderen Gruppenmitglieder über ihn befragt hatte, zeigte sich ein interessantes Bild: Narzisstische Gruppenleiter wurden als besonders erfolgreich bewertet, lieferten aber gleichzeitig die schlechtesten Lösungen der Bewerbungs-Aufgabe. «Narzissten wirken sich schlecht auf die Leistung eines Teams aus. Durch ihre Ego-Zentriertheit und Dominanz verhindern sie die Kommunikation», so die Forscher.

Geblendete Entscheider
Eine Erkenntnis, die bei Personaltrainern kaum für Verwunderung sogt. «Typische Narzissten sprechen lange, predigen gerne und meiden es, Fragen zu stellen oder gar anderen zuzuhören. Sie reagieren allergisch auf Kritik und Vorbehalte und gehen kaum auf alternative Vorschläge ein. Lässt man ihrem Grössenwahn freien Lauf, kann das zu Katastrophen führen, wie das Beispiel der Hypo Real Estate zeigt», berichtet der Therapeut und Unternehmenscoach Werner Berschneider, Autor des Buches «Wenn Macht krank macht», gegenüber pressetext.

Verbreitetes Phänomen
Viele Führungsetagen sind von Narzissten besetzt, betont der Experte. Und das, obwohl sich Personaler in der Regel vor grandiosen, skrupellosen Narzissten hüten. Weit häufiger sei jedoch der Typ des sozial gut angepassten Narzissten, der anfangs sehr angenehm wirkt, später aber – Studien zufolge bei der siebten Begegnung – seine rein egoistische Veranlagung durchgehen lässt. «Er punktet oft, da er mit Eloquenz und Perfektionismus überzeugt und sich gut verkauft. Insgesamt schadet seine Haltung jedoch dem Unternehmen», so Berschneider.

Unternehmen gefordert

Ist es nicht gelungen, präventiv bei der Personaleinstellung auf die Persönlichkeit zu achten, sind Schutzmechanismen nötig. «In grossen Unternehmen ist es Aufgabe des Aufsichtsrates, Narzissten in Top-Positionen zu zügeln und notfalls abzusetzen. Ein Warnhinweis kann sein, dass die Kommunikation der Vorstandsmitglieder miteinander oder mit der nächsten Ebene falsch läuft», so der Experte. Der Einsatz von Mediatoren oder Moderatoren, die Konferenzen begleiten und das Kommunikationsverhalten strukturieren, sei ein gängiges Mittel.

Rechtzeitig Bremse ziehen
«Manche Psychotherapeuten bezeichnen Narzissmus als die schwierigste Störung. Aufgeben sollte man Betroffene jedoch nie», betont Berschneider. Die beste Chance für Narzissten zur eigenen Kehrtwende bringe oft der Leidensdruck bei Problemen mit Partner oder Kindern. Auch die eigene Alterung ist ihnen unerträglich, da die Grandiosität am Spiel steht, wenn Potenz und Schönheit ihren Zenit überschritten haben. «Narzissten sollten vorbeugen, damit das Leben nicht mit totalem Rückzug, Realitätsverlust oder Selbstmord endet. Wichtig ist dabei es rechtzeitig zu sehen, wenn nur noch Claqueure und beruflicher Erfolg Selbstwert einbringen.» (pte/mc/ps)

Universität Amsterdam

Originalbeitrag pressetext

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert