REYL Market Insight: Zwischen Vorschriften und neuen Technologien – der Fondsmarkt in der Schweiz

REYL Market Insight: Zwischen Vorschriften und neuen Technologien – der Fondsmarkt in der Schweiz
Colin Vidal, Head of Business Development bei REYL.

Marktbericht von Colin Vidal, Head of Business Development, FRS

Genf / Zürich – Die Schweiz ist für ihre solide Finanzindustrie bekannt und als weltweit führendes Bankenland anerkannt. Ihre Stabilität, ihre gut entwickelte Infrastruktur und ihre anlegerfreundlichen Vorschriften haben sie zu einem attraktiven Ziel für ausländische Vermögensverwalter gemacht, die hier ihre Fonds vertreiben. Da sich der Schweizer Bankensektor jedoch im Umbruch befindet, ändern sich die Spielregeln, und die Verwalter müssen sich möglicherweise an ein neues Paradigma anpassen.

Regulatorischer Wandel: Mehr Freund als Feind
Die Schweiz bietet Anlegern und ausländischen Fondsmanagern mit dem Kollektivanlagengesetz (KAG) und der Kollektivanlagenverordnung (KAV) einen unkomplizierten und einfachen Rahmen für den Vertrieb ihrer Fonds.

Im Jahr 2020 wurden das Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) und das Finanzinstitutsgesetz (FINIG) in Kraft gesetzt und bestimmte Vorschriften geändert. Ziel der neuen Gesetze war es, den regulatorischen Rahmen zu vereinheitlichen und die Schweiz an die MiFID-Vorschriften anzupassen, um mehr Transparenz und Schutz für die Anleger zu schaffen. Dies führte zu einem aufwändigeren regulatorischen Umfeld für einige lokale Akteure, baute jedoch viele Hürden für ausländische Vermögensverwalter ab und änderte den Ansatz zur Regulierung des Fondsvertriebs an der Verkaufsstelle, einschliesslich der Aufhebung der Anforderung, dass lokale Vertriebsstellen von der FINMA reguliert werden müssen. Die Änderung der Definition des Anlegertyps hatte auch erhebliche Auswirkungen auf bestimmte Registrierungsanforderungen und erhöhte die Zahl der Anleger, die ein ausländischer Vermögensverwalter ansprechen kann.

Die Digitalisierung des Vertriebs
In der Schweiz wird der Fondsvertrieb über mehrere Kanäle abgewickelt. In der Vergangenheit waren die Hauptvertriebskanäle institutionelle Anleger, Intermediäre im Grosshandel, Intermediäre im Einzelhandel und Direktkunden. Während die traditionelle Beratung nach wie vor von entscheidender Bedeutung ist, verändern digitale Technologien die Landschaft, wobei ein zunehmender Trend zu hybriden Modellen zu beobachten ist, die die Expertise von Anlageberatern mit digitalen Tools wie Robo-Advisors und anderen datengesteuerten Analysen kombinieren.

Mit der Einführung digitaler Banken und dem Wachstum von Fondsplattformen ändern sich auch die Vertriebsmethoden. Globale institutionelle Akteure, darunter auch Schweizer Banken, investieren in die Schaffung dezentraler Plattformen auf der Grundlage der Distributed-Ledger-Technologie. Diese Digitalisierung des Vertriebs wird den Verkaufsprozess noch effizienter und transparenter machen und die Transaktionen erleichtern.

L-QIF – «The New Kid on the Block» für professionelle Investoren
Schweizer Fonds sind oft nicht die erste Wahl der Anleger, insbesondere bei alternativen Anlagen – Luxemburg mit seinem RAIF und die Kaimaninseln sind nach wie vor die bevorzugten Länder. Relativ hohe Kosten und eine längere Markteinführungszeit aufgrund des Genehmigungsverfahrens führen dazu, dass Schweizer Kunden diese ausländischen Fonds oft ihren Schweizer Pendants vorziehen.

Um wettbewerbsfähiger zu werden, hat die Schweiz den Limited Qualified Investor Fund («L-QIF») geschaffen. Diese Struktur steht nur professionellen Anlegern zur Verfügung und bedarf keiner FINMA-Bewilligung, was eine kostengünstigere und schnellere Lancierung ermöglicht. L-QIFs können sowohl offene als auch geschlossene Strukturen sein und bieten den Verwaltern mehr Flexibilität in Bezug auf die Anlageklasse und die Anlagestrategie. Auch die steuerliche Behandlung von L-QIFs ist für institutionelle und professionelle Anleger in der Schweiz ein überzeugendes Argument.

Der wechselnde, aber wachsende Appetit auf Fond
Nach einem schwierigen Jahr 2022 befindet sich der Schweizer Fondsmarkt wieder im positiven Bereich. Per Ende des ersten Halbjahres 2023 stiegen die verwalteten Vermögen auf über CHF 1,3 Billionen, was einer Zunahme von CHF 53 Milliarden oder 4,1 Prozent seit Ende 2022 entspricht. Dies ist sowohl auf die gestiegene Performance (+3 Prozent) als auch auf neue Nettozuflüsse von rund 1 Prozent zurückzuführen. Die Angst vor einer Rezession und einer anhaltenden Inflation sowie steigende Zinsen haben zu einer Umschichtung von den Aktienmärkten in weniger volatile Geldmarktfonds geführt.

Die Nachfrage nach Fonds bleibt nicht nur stark, sondern nimmt weiter zu, was die Attraktivität der Schweizer Anlegerlandschaft für ausländische Fondsmanager zeigt.

Mit dem Wandel kommen Chancen
Das Bankwesen, die Vermögensverwaltung und das Asset Management sind mit einem Paradigmenwechsel konfrontiert. Die Schweiz nimmt eine Vorreiterrolle ein und passt sich an diese Veränderungen an, um ihre Position als Drehscheibe für den Fondsvertrieb zu sichern. Sie schafft ein stabiles und vernünftiges regulatorisches Umfeld, setzt auf Technologie und schafft neue Instrumente für Marktteilnehmer, um in den Markt einzutreten. Ungeachtet der makroökonomischen Herausforderungen ist die Schweiz weiterhin gut positioniert, um eine wichtige Rolle beim Vertrieb von Investmentfonds auf der globalen Bühne zu spielen. (REYL/mc/ps)

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