Warum wir den Dollar mögen und uns um Schwellenländer-Währungen Sorgen machen

Warum wir den Dollar mögen und uns um Schwellenländer-Währungen Sorgen machen

Von Mike Riddell, Fondsmanager Anleihen bei M&G Investments. (Bild: M&G)

Zürich – Der US-Dollar wird in der nahen Zukunft gegenüber den Währungen von Schwellenländern zulegen. Was die Ursachen dieser Tendenz sind und was für Konsequenzen dieser Wandel nach sich zieht, erklärt Mike Riddell, Fondsmanager Anleihen bei M&G Investments

Weltweit gibt es kaum eine Währung, die sich im letzten Jahrzehnt schlechter entwickelt hat als der US-Dollar. Doch nun ist die Zeit unserer Meinung nach reif für eine Rally. So gehen wir davon aus, dass sich die Korrelation des US-Dollar gegenüber riskanten Anlageformen nun kontinuierlich verändern wird – eine Tendenz, die bereits eingesetzt hat. Darüber hinaus vertreten wir die Auffassung, dass der geldmarktpolitische Transmissionsmechanismus in den USA wirklich gut funktioniert. Gleichzeitig sind wir für das US-Wirtschaftswachstum – insbesondere im Vergleich zu anderen Anlageregionen – zuversichtlich. Zwar scheint die US-Notenbank der Entwicklung hinterher zu hinken, doch dies wird inzwischen auch zunehmend von einigen Entscheidungsträgern erkannt. Und nachdem der US-Dollar nun lange Jahre stark unterdurchschnittlich tendiert hatte, macht er aus fundamentaler Sicht inzwischen wieder einen preiswerten Eindruck, vor allem im Vergleich zu einigen Schwellenländerwährungen.

US-Arbeitslosenquote bald auf 6,5 Prozent?
Die aktuelle Entwicklung deutet darauf hin, dass die US-Arbeitslosenquote irgendwann Mitte nächsten Jahres auf ein Niveau von 6,5 Prozent zurückgehen könnte. Dann würden US-Staatsanleihen mit Sicherheit aggressiv abverkauft werden. Dies erinnert auf fast schon unheimliche Art und Weise an das Jahr 1994. Seinerzeit hatte die Fed die Zinsen von 3 Prozent aus dem Januar 1994 bis zum Februar 1995 praktisch ohne Vorwarnung auf 6 Prozent angehoben. Die Anleger wurden davon eiskalt erwischt, und die Märkte erlitten einen herben Rückschlag.

Wahrscheinlich würde der US-Dollar bei einem Anstieg der US-Zinsen tatsächlich aufwerten, sofern die Notenbanken weltweit ihre Zinsen nicht ebenfalls anhöben, sobald die Fed dies täte. Und angesichts der jüngsten Äusserungen aus Japan hinsichtlich einer möglichen Abwertung ihrer Währung scheint dieses Szenario auch ziemlich zutreffend zu sein, zumal die Probleme in Europa anhalten. Im Jahr 1994 wertete der US-Dollar gegenüber dem japanischen Yen sowie einer Reihe europäischer Währungen allerdings überraschend ab, so dass der damalige US-Notenbankchef Alan Greenspan schließlich zugeben musste, dass der US-Dollar schwächer war als er es eigentlich sein sollte. Zwischen 1995 und 2000 wurde Greenspans Wunsch dann aber wahr, denn in diesem Zeitraum wurde der US-Dollar durch Faktoren wie vergleichsweise hohe reale Zinsen, einen Anstieg der Produktivität in den USA, Krisen in den Schwellenländern sowie eine stagnierende japanische Wirtschaft gestützt.

US-Wirtschaft macht wettbewerbsfähigen Eindruck
Darüber hinaus kommt dem US-Dollar zugute, dass die US-Wirtschaft nach der extrem schlechten Tendenz dieser Währung in den letzten 10 Jahren einen wettbewerbsfähigen Eindruck macht. Einige Industrieunternehmen verlagern ihre Produktion von China nach Mexiko, um so von der deutlichen Verbesserung der relativen Wettbewerbsfähigkeit Mexikos zu profitieren. Und seitdem habe ich auch Geschichten von Industriekonzernen gehört, die sogar in die USA zurückgekehrt sein sollen. Diese Entwicklung macht auch Sinn, da sich die realen Zinsen in den USA, welche als Barometer für den handelsgewichteten, inflationsbereinigten Wechselkurs eines Landes herangezogen werden, im Vergleich mit anderen Ländern stabil entwickeln.

Eine überraschende – und gleichzeitig auch besorgniserregende – Erkenntnis des letzten Jahres war der Umstand, dass das Wachstum der internationalen Devisenreserven der Schwellenländer mittlerweile offenbar ins Stocken geraten ist. Zum Teil kann dies mit der weltweit schwächeren Nachfrage erklärt werden, die dazu geführt hat, dass die Exporte aus den Schwellenländern zurückgehen. Ein weiterer Grund ist aber auch die schrittweise Neuausrichtung der exportorientierten Wachstumsmodelle der Schwellenländer hin zu durch den Binnenkonsum bestimmten Strukturen. Dadurch schrumpfen nämlich die weltweiten Leistungsbilanzdifferenzen.

Ausländische Direktinvestments in Schwellenländern nach wie vor hoch
Allerdings steht dieses rückläufige Wachstum der Devisenreserven in einem gewissen Widerspruch zu den nach wie vor hohen ausländischen Direktinvestments und den beträchtlichen Portfoliozuflüssen, welche die Schwellenländer auf sich ziehen. Unter diesen Voraussetzungen müsste man doch eigentlich erwarten, dass die Devisenreserven ansteigen würden. Gleichzeitig steht das niedrigere Wachstum der Devisenreserven auch nicht im Einklang mit der Tendenz des US-Dollar aus dem letzten Jahr. Schliesslich geht ein Rückgang des Wachstums der Devisenreserven üblicherweise mit einem starken US-Dollar einher, weil internationale Devisenreserven normalerweise in US-Dollar beziffert werden. Ausserdem würden nicht in US-Dollar denominierte Vermögenswerte in US-Dollar gerechnet an Wert verlieren. Allerdings hat der US-Dollar in diesem Zeitraum im Wesentlichen seitwärts tendiert, wenn nicht sogar nachgegeben.

Ein gleich bleibendes oder sogar sinkendes Exportwachstum ist in Verbindung mit einem seitwärts tendierenden oder sogar rückläufigen Wachstum der Devisenreserven sowie einem deutlichen Anstieg der effektiven realen Wechselkurse eine sehr gefährliche Kombination. Es wurde wissenschaftlich nachgewiesen, dass die Devisenreserven sowie die effektiven realen Wechselkurse die mit Abstand wichtigsten Frühindikatoren für Finanzkrisen sind. Dabei muss man auch berücksichtigen, dass es sich beim Kreditwachstum, beim BIP sowie bei diversen Leistungsbilanzkennzahlen ebenfalls um Frühindikatoren mit einer beträchtlichen Aussagekraft handelt, und eine Reihe von Schwellenländern macht inzwischen auch im Hinblick auf diese Kennzahlen einen wackeligen Eindruck.

Internationale Devisenreserven vielerorts nahe Rekordhoch
Gedämpft werden die Besorgnisse um das stagnierende Wachstum der internationalen Devisenreserven durch den Umstand, dass viele Länder mittlerweile Reserven auf oder in der Nähe von Rekordhochs vorhalten. Doch obwohl die Höhe der Devisenreserven für einen einzelnen Staat im Krisenfall als Sicherheitspuffer dient, kann das Wachstum der Devisenreserven für das jeweilige Land auch beträchtliche Rückschlagrisiken mit sich bringen. Ich möchte noch hinzufügen, dass Staaten mit hohen Devisenreserven Krisen zwar besser trotzen können, sie aber dadurch noch nicht davor gefeit sind. So wertete beispielsweise die taiwanesische Währung im Jahr 1997 trotz hoher Devisenreserven gegenüber dem US-Dollar um 20 Prozent ab.

Doch wann wird der US-Dollar voraussichtlich eine Aufwertung erfahren, beziehungsweise die Schwellenländerwährungen eine Abwertung? Da Schuldenkrisen in den Schwellenländern seit den 1980er Jahren üblicherweise auf Phasen folgten, in denen die US-Leitzinsen angehoben wurden und/oder der US-Dollar fest tendierte, wird dieses Szenario wohl nicht allzu bald eintreten. Im letzten Monat hielt ich jedoch einen Vortrag auf einer Konferenz und fand einen Gleichgesinnten in Russell Napier von CLSA, der sich um die Verschuldung der Schwellenländer fast dieselben Sorgen macht wie ich. Seiner Meinung nach findet man in der Vergangenheit viele Beispiele für Blasen, die geplatzt sind, noch bevor die risikofreien Zinssätze wieder angestiegen sind. So können – unabhängig von externen Faktoren – auch Überinvestitionen am Binnenmarkt, die Vergabe von Krediten an nicht solvente Schuldner, ein Rückgang der Rohstoffpreise sowie eine Kapitalflucht Schuldenkrisen auslösen.

So oder so. Der Grund dafür, dass die Devisenreserven der Schwellenländer nicht mehr ansteigen, während die Schwellenländerwährungen gleichzeitig nicht mehr aufwerten, scheint in erster Linie darin zu bestehen, dass die Schwellenländerwährungen inzwischen keineswegs mehr als günstig bewertet bezeichnet werden können, sondern schlimmstenfalls mittlerweile sogar überbewertet sind. Ein weiterer Grund, um den US-Dollar gerade jetzt zu mögen. (M&G/mc/ps)

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