ThyssenKrupp weiter in roten Zahlen – Stahlwerksverkauf dauert

ThyssenKrupp weiter in roten Zahlen – Stahlwerksverkauf dauert
Heinrich Hiesinger, ehemaliger Vorstandsvorsitzender Thyssenkrupp.

Heinrich Hiesinger, Vorstandsvorsitzender ThyssenKrupp.

Essen – Warten auf den Befreiungsschlag: Der angeschlagene Industriekonzern ThyssenKrupp steckt weiter tief in den roten Zahlen und tritt beim geplanten Verkauf der verlustreichen Stahlwerke in Übersee auf der Stelle. Unter dem Strich stand im dritten Quartal ein Verlust von 362 Millionen Euro, wie das Unternehmen am Dienstagabend nach Börsenschluss in Essen mitteilte. Ein Jahr zuvor hatte es noch 109 Millionen Euro verdient. Grund für das erneut schwache Ergebnis war wieder ein Verlust der Stahlwerke in Brasilien und den USA. Anders als im Vorquartal fielen diesmal aber keine weitere Wertberichtigungen an. Dafür stieg nun die Steuerbelastung für den Konzern.

Immer bedrohlicher wird die finanzielle Lage. Das Eigenkapital ging von Ende März bis Ende Juni um weitere 700 Millionen auf knapp 2,9 Milliarden Euro zurück. Die Eigenkapitalquote sackte um 1,5 Prozentpunkte auf 8 Prozent ab. Das ist der mit Abstand schlechteste Wert alle Industrieunternehmen im Dax. Die Netto-Finanzschulden legten noch einmal leicht auf rund 5,3 Milliarden Euro zu. Dadurch schwoll das Verhältnis der Schulden zum Eigenkapital (Gearing) von 148,2 Prozent auf 185,7 Prozent an. Damit hat der Konzern eine wichtige Bedingung in vielen Kreditverträgen gerissen. Da die Marke 150 Prozent nun überschritten ist, können Banken einige milliardenschwere Verträge kündigen. ThyssenKrupp kündigte an, mit den Instituten über eine Ausnahmeregelung (Waiver) verhandeln zu wollen.

Kapitalerhöhung auch unabhängig von Amerika-Stahlwerken möglich
Seit Mai schliesst der Vorstand eine Kapitalerhöhung nicht mehr aus. Konkrete Schritte liess Vorstandschef Heinrich Hiesinger nun weiter offen. Er betonte aber, dass eine Kapitalerhöhung nicht unbedingt vom Verlauf der Verhandlungen über den Verkauf der Stahlwerke in Übersee abhänge.

Eine Kapitalerhöhung galt lange als Tabu bei ThyssenKrupp. Denn die Krupp-Stiftung als grösster Aktionär kann dem Vernehmen nach aus eigener Kraft nicht bei der Kapitalerhöhung mitziehen. Damit wackelt deren Sperrminorität von gut 25 Prozent der Anteile und damit auch der Übernahmeschutz für den Konzern. Ende Juli war der jahrzehntelange Chef der Krupp-Stiftung, Berthold Beitz, im Alter von 99 Jahren gestorben. Nach einem Nachfolger an der Spitze der einflussreichen Stiftung wird noch gesucht.

Verhandlungen über Verkauf ziehen sich hin
Bei den sich seit Mai vergangenen Jahres hinziehenden Verhandlungen über einen Verkauf der Stahlwerke in Brasilien und den USA konnte ThyssenKrupp noch immer keinen Erfolg melden. Die Gespräche mit einem führenden Bieter seien «weit fortgeschritten» und ein zeitnaher Abschluss werde weiter angestrebt, hiess es lediglich. Zugleich betonte der Konzern auch, mit anderen Interessenten im Gespräch zu sein. Auch ein Abbruch der Verhandlungen gilt inzwsichen nicht mehr als ausgeschlossen. Soweit ist es aber noch nicht, wie Hiesinger betonte: «Solange wir Fortschritte in den Gesprächen sehen, werden wir weiter Zeit investieren.»

Die erst 2010 eröffneten Stahlwerke haben sich für ThyssenKrupp zu einem Milliardengrab entwickelt. Die Anlagen stehen noch mit 3,4 Milliarden Euro in den Büchern, gekostet haben sie bislang zusammen rund 12 Milliarden Euro. Sie sind auch der Grund für die dünne Kapitaldecke.

Prognose bestätigt
Operativ lief das Kerngeschäft, zu dem die Stahlwerke in Übersee nicht mehr gehören, im vergangene Quartal hingegen besser als geplant. Der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen und Steuern ging im Vergleich zum Vorjahreszeitraum lediglich um 14 Prozent auf 332 Millionen Euro zurück und übertraf damit die Erwartungen von Analysten. Dabei profitierte der Konzern von einem starken Geschäft der Aufzugssparte sowie des Grossanlagenbaus. Auch das Stahlgeschäft in Europa hielt sich anders als bei vielen Konkurrenten in den schwarzen Zahlen.

An seiner Prognose hielt der Vorstand sechs Wochen vor dem Ende des Geschäftsjahres fest. Im Mai hatte das Management den Ausblick für den Umsatz im Kerngeschäft noch gesenkt und erwartet nun einen niedrigen Umsatz als die 40,1 Milliarden Euro aus dem Vorjahr. Das bereinigte Ebit soll bei rund einer Milliarde Euro liegen, das wäre ein Rückgang von etwa 400 Millionen Euro. (awp/mc/ps)

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