Yves Serra, CEO Georg Fischer AG

Yves Serra, CEO Georg Fischer AG
Yves Serra, CEO Georg Fischer.

Yves Serra, CEO Georg Fischer AG.

Von Christa W. Spoerle

Moneycab: Herr Serra, Georg Fischer konnte im ersten Halbjahr die Analystenerwartungen mit einer Verdoppelung des Unternehmensergebnisses und einer Umsatzsteigerung um 26% in lokalen Währungen deutlich übertreffen. Wo orten Sie die Hauptgründe für diesen Erfolg?

Yves Serra: Wir konnten das Weltwirtschaftswachstum nutzen. Da wir gleichzeitig unsere Kosten 2009/10 stark reduziert hatten, wuchs auch unsere Profitabilität.

Haben sich seit der Bekanntgabe von Ergebnis und Ausblick Mitte Juli relevante Änderungen für das Geschäft von Georg Fischer ergeben?

Durch die Nervosität an den Finanzmärkten bleiben verlässliche Prognosen schwierig. Unsere Geschäftsentwicklung verläuft aber planmässig. Momentan sehen wir in einigen Schlüsselmärkten eine gewisse Abflachung der Konjunktur, aber keine Anzeichen einer Rezession.

Halten Sie die Bemühungen für eine Stabilisierung des Frankens für genügend?

Die Massnahmen der Nationalbank und des Parlaments sind ein wichtiges Signal, das wir sehr begrüssen. Die Verteidigung einer Untergrenze im Verhältnis CHF/EUR erhöht die Planbarkeit und stützt damit die Exportwirtschaft. Aber wir würden es sehr begrüssen, wenn das Kursniveau sich bald wieder auf der Höhe der Kaufkraftparität einpendelt, also auf einem Niveau von 1,35 bis 1.40 CHF pro Euro.

Sie versuchen durch Arbeitszeitverlängerung der Frankenstärke zu begegnen. Wie hoch schätzen Sie ihre Chancen ein, dass die Gewerkschaften dem zustimmen?

Bei der Werkzeugmaschinen-Tochter GF AgieCharmilles konnte die Arbeitszeit in der Schweiz bereits von 40 auf 43 Stunden erhöht werden. Bei GF Piping Systems sind die Gewerkschaften derzeit zu keinen Verhandlungen bereit. Unsere Personalvertreter befürworten aber diese Massnahmen und ich hoffe, dass die Gewerkschaften wieder an den Verhandlungstisch zurückkommen. Ich halte eine massvolle und zeitlich begrenzte Arbeitszeiterhöhung für eine pragmatische und vernünftige Lösung in diesen für die Schweizer Exportindustrie schwierigen Zeiten. Es würde die Wettbewerbsfähigkeit unserer Schweizer Produktionsstätten unterstützen und deswegen einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der Arbeitsplätze in der Schweiz leisten.

» Unsere Akquisitionspläne fokussieren klar auf dem Bereich GF Piping Systems. Damit wollen wird dessen Umsatzanteil auf mindestens 40% des Gesamtumsatzes von Georg Fischer anwachsen lassen.»
Yves Serra, CEO Georg Fischer AG

Der starke Franken erleichtert aber mögliche Akquisitionspläne. Sie sprachen letztens von Zukäufen bei GF Piping Systems, beobachten Sie denn auch Kandidaten für die beiden anderen Bereiche?

Unsere Akquisitionspläne fokussieren klar auf dem Bereich GF Piping Systems. Damit wollen wird dessen Umsatzanteil auf mindestens 40% des Gesamtumsatzes von Georg Fischer anwachsen lassen. In den beiden anderen Bereichen stehen Investitionen und neue Standorte im Vordergrund.

Wie gross ist nach dem Abbau der Nettoverschuldung ihre finanzielle Reichweite für Akquisitionen?

Wir können rund 500 Mio CHF einsetzen. Wir kaufen aber nur, wenn es für Georg Fischer auch wirklich Sinn macht. Wir wollen nichts überstürzen und prüfen ständig mögliche Erweiterungen unserer Geschäftstätigkeiten.

Wie lange wird Europa noch ihr wichtigster Absatzmarkt bleiben?

In Europa erzielten wir 2010 etwa 70% des Umsatzes. Im Sinne einer ausgewogenen Präsenz weltweit investieren wir deutlich mehr in Asien und Amerika. Dort wachsen wir derzeit stärker. Aber es gibt auch in Europa, gerade in Deutschland, Wachstumschancen, hier vor allem durch Innovationen.

Welche Entwicklungen sehen Sie in den Bereichen GF Automotive, GF Piping Systems und Werkzeugmaschinengeschäft als die vielversprechendsten an?

Innovation ist das wichtigste Gut für ein Schweizer Unternehmen. Bei GF Automotive steht die Leichtkonstruktion im Vordergrund, um das Gewicht der Fahrzeuge zu reduzieren, speziell auch bei Hybridmodellen oder Elektroautos. GF Piping Systems arbeitet stark an Lösungen für die Wasseraufbereitung. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag zur sicheren Wasserversorgung.

«Im Sinne einer ausgewogenen Präsenz weltweit investieren wir deutlich mehr in Asien und Amerika.»

Bei GF AgieCharmilles beschäftigen wir uns mit der Miniaturisierung der Metallteile durch Hochpräzisionsmaschinen. Diese kommen beispielsweise bei der Uhrenindustrie und Medizinaltechnik zur Anwendung. An der EMO, der weltgrössten Messe für Werkzeugmaschinen in Hannover, stellen wir sechs Weltneuheiten vor.

Sie wollen die Investitionen auf Wachstumsmärkte besonders in Asien ausrichten, wie sehen da ihre nächsten Pläne aus?

Wir werden in Kürze zwei neue Werke in China eröffnen, eine für Werkzeugmaschinen und eine für Rohrleitungssysteme. Insgesamt verfügen wir dann in China über 16 Produktionsstandorte. Dies erlaubt uns, stärker am Wachstum der asiatischen Märkte zu partizipieren. Es muss zwar immer mit «ups and downs» auch auf diesen Märkten gerechnet werden. Aber wir sehen in dieser Region für unsere drei Geschäftsbereiche die grössten Wachstumschancen. Dafür schaffen wir heute die Grundlagen.

Welche Bedeutung besitzt denn der Werkplatz Schaffhausen bei der Tendenz zur Dezentralisierung von Forschung und Entwicklung und Produktion noch für Georg Fischer?

Wir sind zwar ein internationales Unternehmen, aber Schaffhausen und die Schweiz bleiben für uns sehr wichtig. Forschung und Entwicklung für alle drei Bereiche werden schwergewichtig in der Schweiz betrieben. Aber auch wichtige Produktionsstätten von GF AgieCharmilles und GF Piping Systems sind in der Schweiz angesiedelt. Deshalb ist es wichtig, in der Schweiz Lösungen zu finden, um unsere Wettbewerbsfähigkeit aufrecht zu erhalten.

Sie haben die mittelfristigen Ziele für 2015 bestätigt (EBIT-Marge 8-9%, Umsatz 5 Mrd CHF). Was sind die wichtigsten Störfaktoren?

Störfaktoren gehören zum Geschäftsleben. Die wichtigsten sind die Konjunktur- und Wechselkursentwicklung. Deshalb ist es wichtig, durch Innovationen und Kundennähe am Ball zu bleiben sowie qualifizierte Leute zu haben und sicherzustellen, dass alle gut zusammenarbeiten.

Wie wichtig ist Diversity für Ihr Unternehmen und welche Massnahmen sind in Ihrem Unternehmen zum Thema geplant oder schon umgesetzt?

Wir sind in den letzten Jahren international gewachsen. Die Konzernleitung umfasst beispielsweise heute Mitglieder aus vier Nationen. Die Manager in unseren Tochtergesellschaften in Asien und Amerika sind lokal verwurzelt. Diversität ist ein Wert unserer Firmenkultur. Damit verstehen wir die lokalen Märkte besser und können die Kundenwünsche besser erfüllen.

Die soziale Vielfalt betrifft aber auch Alter und Geschlecht. Der Anteil der Frauen im gesamten Kader von Georg Fischer liegt aktuell bei rund 10 %. In China und USA sind es deutlich mehr als in Europa. Aber wir wären froh, mehr Frauen im Kader zu sehen.

Wie schätzen Sie die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Führungsnachwuchses ein?

Der Schweizer Führungsnachwuchs ist gut ausgebildet und vor allem sprachfähig. Um sich international aber behaupten zu können, müssen auch die Schweizer Nachwuchskader Erfahrungen im Ausland sammeln. Es wird noch wichtiger werden, die Mentalität der neuen Wachstumsstaaten zu kennen. Aber ich bin überzeugt, dass die Schweiz dank der Flexibilität und des Pragmatismus ihrer Führungskräfte ihre Position auch in Zukunft behaupten kann.

Herr Serra, vielen Dank für das Gespräch.

Der Gesprächspartner:
Yves Serra, Jahrgang 1953, ist Franzose und Diplomingenieur der Ecole Centrale de Paris und der University of Wisconsin-Madison. Seit 20. März 2008 leitet er die Georg Fischer AG als Präsident der Konzernleitung. Seit 1998 war er in führenden Positionen der Georg Fischer Töchter GF Piping Systems und GF AgieCharmilles tätig. Zuvor arbeitet er als CEO der Sulzer Konzerngesellschaft Hirayama Manufacturing in Japan, wo er auch eine EU Executive Ausbildung absolvierte. Seine Berufslaufbahn begann er als stv. Handelsbeauftragter der französischen Botschaft in Manila. Yves Serra ist verheiratet und Vater einer Tochter.

Das Unternehmen:
Der Georg Fischer Konzern stützt sich auf die drei Kerngeschäfte Fahrzeugtechnik, Rohrleitungssysteme und Fertigungstechnik. Die wichtigste Sparte ist der Fahrzeugbau. GF Automotive produziert hoch beanspruchbare Gussteile aus Leichtmetall und Eisen für leichte Personenwagen und Nutzfahrzeuge mit einem Umsatzanteil von 44%. GF AgieCharmilles generiert 21 Prozent des Umsatzes. Hier werden Systemlösungen für Werkzeugmaschinen angeboten. Die Sparte Rohrleitungssysteme (GF Piping Systems) stellt Kunststoffrohre für die Industrie, Wasserversorgung und Haustechnik her und macht 33% des Umsatzes aus. Georg Fischer erwirtschaftete 2010 mit 12’908 Mitarbeitenden einen Umsatz von 3,5 Mrd CHF.

Symbolbild KF für CEO Interviews


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