Woran leiden eigentlich die 87% der auf Coronavirus getesteten Personen, die negativ testeten?

Woran leiden eigentlich die 87% der auf Coronavirus getesteten Personen, die negativ testeten?
Beim Ausbruch der Pandemie haben sich wohl die wenigsten vorstellen können, was in der Folge auf uns zugekommen ist.

Jetzt, da die erste Welle der Pandemie langsam abebbt, ist es Zeit, Antworten auf Fragen zu finden, welche bisher nicht gestellt wurden, aber für die Beurteilung des Viruses und die Massnahmen des Bundes von Bedeutung sind. Die erste dieser Fragen betrifft die bis anhin völlig aussen vor gelassene, sonst übliche Grippewelle und die Gesamtzahl der Todesfälle in der Schweiz in diesem Jahr.

Von Helmuth Fuchs

Die Massnahmen des Bundes waren von Beginn weg darauf ausgerichtet, die Gesundheit der Bevölkerung als oberstes Gut zu schützen, die Überlastung eines der weltweit teuersten Gesundheitssysteme und so auch zusätzliche Todesfälle zu vermeiden. Deshalb wurden die Massnahmen von der Bevölkerung auch grösstenteils zu Recht mitgetragen.

Gesundheitssystem erfolgreich vor der Überlastung geschützt
Die Kapazitäten an Intensivpflegeplätzen und Beatmungsplätzen in der Schweiz kam in keiner Phase auch nur annähernd in eine Grenzsituation, es gab gesamtschweizerisch immer genügend Reserven, die Kapazitäten mussten gesamtschweizerisch nie auch nur zur Hälfte ausgeschöpft werden. In den Orten mit den meisten Fällen, wie zum Beispiel in einigen Spitälern im Tessin, wurde unter Vollast und teilweise auch darüber hinaus gearbeitet und es wurden Fälle an anderer Spitäler weiter gereicht. Zahlreiche Spitäler, welchen vom Bund zur Vorbereitung auf die erwartetet (und zum Glück nicht eingetroffenen Welle) ein Verbot für nicht dringenden Eingriffe auferlegt bekamen, haben inzwischen Kurzarbeit angemeldet. Arzt- und Spitalkonsultationen nahmen rapide ab, was im Nachgang noch zu zusätzlichen Gesundheitsrisiken und vermeidbaren Todesfällen führen könnte. Kurz: Das Gesundheitssystem wurde erfolgreich vor der befürchteten Überlastung geschützt.

Die zwei prominentesten Kennzahlen, welche das Bundesamt für Gesundheit (BAG) während der Krise täglich kommunizierte, waren die Anzahl der Fälle (eine an sich sinnlose Zahl, sofern sie nicht in den Kontext der Anzahl der getesteten Personen, der Zahl der symptomlos Infizierten etc. gesetzt wird) und die Anzahl der Verstorbenen. Der Altersmedian der Verstorbenen liegt bei 84 Jahren, 97% der Verstorbenen litten mindestens an einer zusätzlichen Vorerkrankung.

Die Anzahl der Toten übersteigt diejenige einer heftigeren Grippewelle nicht
Inzwischen verstarben in der Schweiz 1’100 Personen mit einem positiven Coronabefund. Selbstverständlich ist jeder einzelne Fall bedauerlich und mit viel Leid für alle Beteiligten verbunden. Zur Einordnung hilft es aber, diese Zahl in den Kontext vergangener Jahre und der zu erwartenden Todesfälle zu setzen.

Jährlich sterben in der Schweiz fast 67’000 Personen, im Verlaufe von vier Monaten also gut 22’000 Personen. In einer überdurchschnittlich heftigen Grippeperiode von ähnlicher Dauer rechnet man in der Schweiz mit ca. 2’000 bis 2’500 Toten. Etwas genauer wird es, wenn man die wöchentlichen Todeszahlen des Bundesamtes für Statistik zu Hilfe nimmt. Hier sieht man, dass zu Beginn des Jahres die Todesfallzahlen unter dem erwarteten Durchschnitt lagen und dann, mit den während der Coronavirus-Welle steigenden Todesfällen, die Erwartungen bis Ende März übertrafen. In Woche 13, bis und mit 29. März, liegt die wöchentliche Zahl der Toten etwas über 1’400. Dies ist noch einiges unter den wöchentlichen Zahlen der Grippewellen 2015 und 2017 (ca. 1’600 Todesfälle pro Woche) und stellt zugleich in etwa die Spitze dar, da seit anfangs April die tägliche Zahl der Toten wieder abnimmt.

Hier die Grafiken des Bundesamtes für Statistik:


Die guten Neuigkeiten zusammengefasst: Keine überlasteten Spitäler und keine wirklich überschiessende Anzahl von Toten.

Woran leiden die 87 Prozent der Fälle, die negativ getestet wurden?
Als eine der grossen Fragen bleibt: Wenn bis zum 13. April 196’600 Tests von Ärzten angeordnet wurden aufgrund von klaren Symptomen, welche auf Coronavirus hinwiesen und beunruhigend genug waren, dass ein Test angeordnet wurde (leichte Fälle wurden meistens gar nicht erst getestet), von diesen 25’580, also 13%, zu positiven Resultaten führten und somit eine Infektion mit dem Virus vorlage, woran litten dann die 87% der Personen mit den 171’120 negativen Resultaten? Diese hatten offensichtlich nicht nichts, sondern beunruhigende Symptome. Da Grippe und eine Erkrankung mit dem Coronavirus anhand der Symptome offensichtlich auch von Ärzten kaum unterschieden werden können, drängt sich als Vermutung auf, dass parallel zur Coronainfektion auch eine Grippewelle abläuft.

Falls dem so ist, wäre es natürlich interessant zu wissen, ob alle Hospitalisierten und Verstorbenen auch auf Influenza-Viren getestet wurden und wie viele nebst einer Infektion mit dem Coronavirus auch an einer Influenza litten und diese Kombination zusammen mit einer schwereren Vorerkrankung zum Tode führte. Das würde dann auch die heute dem Coronavirus zugeschriebene Anzahl der Toten nochmals relativieren. Und damit eventuell auch die damit verbundenen Behandlungsmethoden zumindest für den Influenza-Anteil erweitern.

Gesundheitssystem gerettet, Wirtschaft am Abgrund?
Was man heut schon sagen kann ist, dass die Massnahmen des Bundesrates aus Sicht der gesundheitlichen Schadensbegrenzung erfolgreich waren. Die Krise mit einer das System zum Kollaps bringenden Welle hat sich nicht eingestellt. Wo sich die Krise weit über das erwartete Mass eingestellt hat ist auf der Seite der wirtschaftlichen Folgen. Mit schon über einem Drittel aller Erwerbstätigen in Kurzarbeit (die Zahl könnte noch bis auf 50% ansteigen), 60 Milliarden Franken an kurzfristiger Nothilfe, die mit Sicherheit noch ausgeweitet werden muss und täglich 2’000 Personen, die arbeitslos werden, dazu tausende von Betrieben, die akut gefährdet sind und eine nicht mehr zu verhindernde Rezession, ist der Preis auf der wirtschaftlichen Seite heute schon höher als von den meisten Experten befürchtet.

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