ASEM: EU und Asien einig über grosse Reform des globalen Finanzsystems

Der Deutsche Aktienindex (DAX) fiel am Freitag zeitweise auf den tiefsten Stand seit fast vier Jahren. In Japan schloss der Nikkei erstmals seit fünf Jahren unter der psychologisch wichtigen Marke von 8000 Punkten. Merkel rief angesichts der Börsen-Talfahrt zur Nutzung des Banken-Rettungspakets von fast 500 Milliarden Euro auf. Das Paket werde noch nicht so genutzt, wie man es «vielleicht nutzen sollte». Die Börsen-Talfahrt zeige, dass es noch Unsicherheit gebe, ob die Symptome der Krise schon überwunden seien. «Wir müssen jetzt wirklich ehrlich daran arbeiten, das, was sich in der Finanzkrise aufgestaut hat, abzuarbeiten und daraus dann wieder ein Stück Zuversicht geben für die Weltwirtschaft und für unsere eigene Wirtschaft.»


Weltfinanzgipfel der 20 grössten Wirtschaftsnationen am 14./15. November
Die 43 ASEM-Staaten wollen bereits beim Weltfinanzgipfel der 20 grössten Wirtschaftsnationen am 14./15. November in Washington Grundlinien festklopfen. «Man war einhellig der Meinung, dass wir eine Institution brauchen, die eine Überwachungsfunktion vielleicht auch schrittweise (…) einnehmen kann», sagte Merkel und verwies auf den IWF. Es habe auch grosse Übereinstimmung gegeben, dass die Finanzmärkte transparenter sein müssten und Risikogeschäfte besser abgesichert sein sollten. Die Ungleichgewichte zwischen den Staaten sollen dabei nicht beliebig gross werden.


Regeln für alle Akteure und ihre Haftung müssten verschärft werden
Die Aufsicht über die Finanzmärkte, die Regeln für alle Akteure und ihre Haftung müssten verschärft werden, heisst es im Entwurf für eine Erklärung der ASEM-Staaten, der der Deutschen Presse-Agentur dpa vorlag. «Die Staats- und Regierungschefs zeigten ihre volle Zuversicht, dass durch solche gemeinsamen Anstrengungen die Krise überwunden werden kann.» Merkel legte auf dem Gipfel ein Vier-Punkte-Reformpaket für eine neue globale Finanzmarktverfassung vor. Der IWF solle ein «Wächter über die Stabilität des weltweiten Finanzsystems» werden. Es dürfe auch keine Anreize für Top-Manager in Banken und Investmenthäuser für Hochrisikogeschäfte geben.


Zeit für Entscheidungen gekommen
Der französische Präsident und EU-Ratspräsident Nicolas Sarkozy sieht die Zeit für Entscheidungen gekommen. «Es ist eine globale Krise, deswegen müssen wir global darauf antworten», sagte er in Peking. Die EU werde gemeinsame Vorschläge entwickeln. «Europa braucht die Unterstützung Asiens für unsere Bemühungen.» EU- Kommissionspräsident José Manuel Barroso warnte vor Protektionismus und Alleingängen. «Wir können diese Herausforderungen nicht meistern, indem die Türen geschlossen werden und sich jeder nur um sein eigenes Haus kümmert.»


China und Deutschland wollen sich vor dem Weltfinanzgipfel eng abstimmen
Chinas Staats- und Parteichef Hu Jintao rief die Staats- und Regierungschefs sowie Aussenminister der 43 ASEM-Staaten zu einer «gemeinsamen und koordinierten Antwort» auf. Das Vertrauen in die Finanzmärkte müsse wiederhergestellt werden. «Die weltweite Finanzkrise hat auch die Ungewissheiten für die chinesische Wirtschaft erhöht.» Hu Jintao versprach, durch eine Ankurbelung der heimischen Nachfrage weiterhin starkes Wachstum zu sichern. Chinas schnelles Wachstum, das auch nächstes Jahr acht bis neun Prozent erreichen soll, sei ein «grosser Beitrag» zur Weltwirtschaft. China und Deutschland wollen sich vor dem Weltfinanzgipfel eng abstimmen.


Schreckensmeldungen von den Börsen in Frankfurt und Tokio
Neue Dramatik bekam das Treffen durch weitere Schreckensmeldungen von den Börsen in Frankfurt und Tokio. Der deutsche Leitindex brach bis zum Nachmittag um 9,26 Prozent auf 4101 Zähler ein. Zeitweise lag er bei 4015 Punkten auf dem tiefsten Stand seit November 2004. Auslöser für die neue steile Talfahrt waren die Angst vor einer globalen Rezession und ein massiver Ausverkauf an den internationalen Aktienmärkten. In Tokio fiel der Nikkei im Vergleich zum Vortag um 811,90 Punkte oder 9,60 Prozent und liegt nun nahe an dem Tiefstand von 1982. Die US-Börsen sackten zu Handelsbeginn kräftig ab. «Zurzeit finden wieder massive Aktienverkäufe statt, weil es vielen Investoren inzwischen ums nackte Überleben geht», sagte Marktexperte Robert Halver von der Baader Bank in Frankfurt.


Klimaschutz trotz Finanzkrise verstärken
Trotz der Finanzkrise wollen die 43 ASEM-Staaten den Klimaschutz verstärken. Nötig sei ein langfristiges weltweites Ziel, um die Treibhausgase zu verringern, heisst es in dem Entwurf für eine Klima- Erklärung, der dpa vorlag. Die 43 Länder bekennen sich zu den Vereinbarungen der UN-Konferenz von Bali 2007, auf ein neues Klimaschutzabkommen hinzuarbeiten, das das Kyoto-Protokoll nach 2012 ersetzen soll. Industrieländer sollten dabei eine führende Rolle übernehmen, Entwicklungsländer Hilfe erhalten. (awp/mc/gh/35)

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