Steigende CH-Strompreise: Swissgrid schafft umstrittene Fachkommissionen ab

Wegen drohender Strompreiserhöhungen steht swissgrid seit Monaten in der Kritik. Am Freitag nun hat die Netzgesellschaft einen neuen Verwaltungsratspräsidenten bestimmt und zugleich den bestimmenden Einfluss der grossen Energiekonzerne gebrochen.

Fachkommissionen werden abgeschafft
Die Fachkommissionen, in welchen deren Vertreter sitzen, werden per sofort abgeschafft. Dies habe der Verwaltungsrat am Donnerstag beschlossen, sagte swissgrid-Sprecherin Monika Walser gegenüber der Nachrichtenagentur SDA. Über die Fachkommissionen hatten die Stromkonzerne swissgrid bisher fest im Griff. Die Anträge der Geschäftsleitung seien vorgängig von den Fachkommissionen geprüft und beurteilt worden, erklärte Walser. Deren Meinung sei dann den Verwaltungsräten zusammen mit den Anträgen der Geschäftsleitung unterbreitet worden. Nicht zuletzt wegen dieser Einflussnahme hat der Bundesrat die Statuten von swissgrid bisher nicht genehmigt. Am Freitag kritisierte auch die Wettbewerbskommission (WEKO) diese Verflechtung von Netzgesellschaft und Stromkonzernen scharf.


Wettbewerbsverzerrungen und Interessenkonflikte
Wettbewerbsverzerrungen und Interessenkonflikte seien damit vorprogrammiert, sagte WEKO-Vizedirektor Patrik Ducrey auf Anfrage. Entsprechend zufrieden zeigte er sich über den Entscheid von swissgrid. Damit sei sichergestellt, dass die Stromkonzerne keinen bestimmenden Einfluss mehr auf swissgrid hätten. Zwar sind diese immer noch im Verwaltungsrat vertreten. Das Stromversorgungsgesetz schreibt aber vor, dass die Mehrheit des Verwaltungsrats und der Geschäftsleitung von der Stromwirtschaft unabhängig sein müssen. Unabhängig muss auch der Präsident des Verwaltungsrats sein.


Gesetzeswidriger Zustand
Weil dieses Amt seit Mai interimistisch von EOS-Chef Hans Schweickardt versehen wird, sprachen Energieminister Moritz Leuenberger wie auch die WEKO von einem gesetzeswidrigen Zustand. Umso erfreuter zeigte sich Ducrey am Freitag, dass swissgrid auch gleich einen neuen Verwaltungsratspräsidenten vorstellte.


Siemens-Manager Peter Grüschow soll Präsident werden
An einer ausserordentlichen Generalversammlung Anfang Dezember soll der ehemalige Siemens-Manager Peter Grüschow in das Amt gewählt werden. Der 63-jährige Ingenieur hat während fast vierzig Jahren für den deutschen Industriekonzern gearbeitet, seit 1996 als Chef von Siemens Schweiz. Seit Ende 2005 sitzt er im Verwaltungsrat des Unternehmens. Dieses Amt wird er vor der Übernahme des Präsidiums von swissgrid abgeben. Grüschow ist auch Mitglied des Vorstandes von economiesuisse. Auf Anfrage bezeichnete er den Streit um die steigenden Strompreise als Kommunikationsproblem. Seine Aufgabe sieht er vorerst darin, zwischen den Parteien zu vermitteln.


Dialog über die Strompreise in Gang setzen
Auf Grüschow ruhen nun die Hoffnungen: Ducrey erwartet, dass ein Dialog über die Strompreise in Gang kommt. Auch Leuenbergers Sprecher André Simonazzi zeigte sich zufrieden. Die Entscheide von swissgrid liessen auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit der Stromwirtschaft hoffen, sagte er auf Anfrage.


Kräftige Erhöhungen der Strompreise in Aussicht
Mit der schrittweisen Liberalisierung des Strommarktes drohen den Schweizer Haushalten und der Wirtschaft kräftige Erhöhungen der Strompreise. Die Gründe dafür liegen teilweise bei der neuen Netzgesellschaft swissgrid. Deren Preise werden von der ElCom derzeit noch überprüft. Schon hat sich aber Energieminister Moritz Leuenberger eingeschaltet, der mit verscheidenen Massnahmen die Preiserhöhung dämpfen will. Auch die Kommissionen der eidgenössischen Räte fordern tiefere Preise. (awp/mc/gh/29)

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