Unia: «Lohn-Schere» hat sich weiter geöffnet

Das oberste Management verdiente bei den 42 grössten Schweizer Unternehmen im vergangenen Jahr rund 9% weniger. Ohne die sechs Unternehmen aus dem Finanzsektor erhöhten sich die Top-Saläre allerdings um 7%. Die tiefsten Löhne in den Grossunternehmen stiegen im 2007 um insgesamt 2,7% an.


Finanzindustrie mit Verhältnis von 1 zu 143
«Der Rückgang beim Finanzsektor verfälscht die Bilanz ein wenig», sagte Unia-Ökonom Hans Baumann bei der Präsentation der Gewerkschaftsstudie vor den Medien in Bern. In zwei Drittel der Unternehmen habe sich der Abstand zwischen den höchsten und den tiefsten Löhnen weiter vergrössert. Spitzenreiter ist demnach immer noch die Finanzindustrie: Die Konzernleitungsmitglieder verdienten 143 mal mehr als ein Angestellter im Tieflohnsegment. Hinter der Finanzbranche folgen die Nahrungsmittelkonzerne mit einem Verhältnis von 1 zu 97.


Starkes Wachstum der Managerlöhne bei Implenia und Industriekonzernen
Am deutlichsten öffnete sich die «Lohn-Schere» im 2007 beim Baukonzern Implenia sowie bei den Industriekonzernen OC Oerlikon, Dätwyler, Von Roll und Sulzer. Die Managerlöhne sind laut Unia in diesen Unternehmen überdurchschnittlich gestiegen.


Trend setzt sich fort
Damit hat sich der Trend der letzten Jahre auch im 2007 fortgesetzt, erklärten die Studienverfasser. Seit 2004 stiegen die Managmentlöhnen um 14,2% an, ohne Finanzsektor gar um 30%. Die tiefsten Löhne erhöhten sich dagegen im gleichen Zeitraum nur um 6,6%. Die Studie zeige eine klare Tendenz auf, obwohl sie nur die Verhältnisse bei 42 Grossunternehmen untersuche, sagte Baumann. Das Resultat wäre laut dem Unia-Ökonom ähnlich, würden alle börsenkotierten Unternehmen mitberücksichtigt. «Es ist ein Beleg dafür, dass die Ungleichheit in dieser Gesellschaft sehr stark zugenommen hat.»


Unia fordert mehr Verteilgerechtigkeit
«Wir wollen, dass die Verteilgerechtigkeit zunimmt», betonte Unia Co-Präsident Renzo Ambrosetti. Die Gewerkschaft fordere deshalb bei den nächsten Lohnverhandlungen den vollen Teuerungsausgleich und eine Reallohnerhöhung für alle. Nötig sei zudem eine Erhöhung und Ausweitung der Mindestlöhne auf 3’500 CHF und für gelernte Arbeit auf 4’500 CHF pro Monat.


«Mehr Lohn trotz hoher Inflation gerechtfertigt»
Mehr Lohn nebst Teuerungsausgleich sei trotz der hohen Inflation gerechtfertigt, betonte Baumann. «Die Prognosen für die Schweizer Wirtschaft sind mit Ausnahme des Finanzsektors relativ günstig.» Der Nachholbedarf sei zudem massiv, sagte Ambrosetti.


Umdenken in der Steuerpolitk gefordert
Neben einer Trendwende bei den Löhnen brauche es auch ein Umdenken in der Steuerpolitik, sagte Ambrosetti weiter. Die Unia fordere eine nationale Erbschaftssteuer für Vermögen über 1 Mio CHF. «Die Vererbung der Ungleichheit über Generationen muss korrigiert werden.» Auch der reduzierte Steuersatz bei der Bundessteuer für hohe Einkommen über 843’600 CHF (Unverheiratete: 712’500 CHF) gehöre abgeschafft. Die Unia mache sich zudem Gedanken über eine Luxussteuer. (awp/mc/pg)

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