Deutsche Landesbanken machen Tempo bei Fusionsplänen

Die Landesbanken von Nordrhein-Westfalen und Bayern hatten am Vortag überraschend bekanntgegeben, dass sie eine Fusion prüfen. Bis Jahresende wollen sie Möglichkeiten für eine gemeinsame Universalbank ausloten. Damit kommt Bewegung in den Landesbanken-Sektor, für den seit Jahren eine Neuordnung angemahnt wird. Durch einen Zusammenschluss der beiden Institute, die durch die Finanzmarktkrise stark in Mitleidenschaft gezogen wurden und mit Milliardenhilfen gestützt werden mussten, würde nach derzeitigem Stand die drittgrösste Bank Deutschlands entstehen nach Deutscher Bank und Commerzbank . Schwerpunkt könnte die Unternehmensfinanzierung sein, wie WestLB-Chef Dietrich Voigtländer erklärt hatte.


WestLB schon länger in Fusionsgesprächen
Der WestLB-Chef informierte am Dienstag die Mitarbeiter in Düsseldorf über die Fusionspläne. Dabei machte er dem Vernehmen nach deutlich, dass er schon längere Zeit Sondierungsgespräche führe. Es gebe ein hohes Mass an Einigkeit mit der BayernLB, hiess es in Kreisen der Bank. Andererseits müssten aber noch viele Fragen geklärt werden. Am Ende müsse sich das Ganze rechnen. Für andere Interessenten an der WestLB sei die Tür aber nicht zugeschlagen. Das gilt dem Vernehmen nach sowohl für das Thema Landesbanken-Konsolidierung als auch für den Verkaufsprozess für die WestLB, der wie geplant Ende September mit der Schaltung einer Verkaufsanzeige gestartet wird. Die WestLB muss nach EU-Auflagen bis Ende kommenden Jahres mehrheitlich den Besitzer wechseln. Alternativ ist eine Landesbanken-Fusion möglich.


BayernLB: Fusion mit WestLB «sinnvolle Option» 
Die BayernLB hatte ihren Mitarbeitern die Pläne bereits am Vortag per Intranet dargelegt und auch die Führungskräfte informiert. «Uns ist bewusst, dass diese Nachricht für Sie überraschend kommt. Und wir wissen auch, dass ein solcher Prüfungsprozess zu Verunsicherung führt», hiess es in einem Brief an die Beschäftigten. Ziel müsse aber sein, dass die BayernLB ihre Zukunft selbst aktiv mitgestalte. Eine Fusion mit der WestLB könne dabei eine sinnvolle Option sein. Beide Landesbanken seien nach umfassenden Restrukturierungen nicht mehr dieselben Institute wie noch vor einigen Monaten. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte zuvor den Druck auf die Länder erhöht, sich nicht länger gegen eine Neuordnung bei den Landesbanken zu sperren. Am kommenden Dienstag (28. September) soll es ein Spitzentreffen von Schäuble mit den zuständigen Ministerpräsidenten und den Sparkassen geben. Auch durch die schärferen Eigenkapitalanforderungen «Basel III» hatte sich der Handlungsbedarf bei den Landesbanken nach Experteneinschätzung noch erhöht.


Überfälliger Schritt
Bei Branchenkennern gilt der Schritt seit Jahren als überfällig. Der Finanz- und Bankenexperte Wolfgang Gerke sprach in der «Passauer Neuen Presse» (Dienstag) von einem «heilsamen Zwang» zu Fusionsbestrebungen durch «Basel III». «Damit wird jetzt offenbar das erreicht, wozu die Bankenlandschaft und die politische Landschaft über Jahre nicht fähig war.» Zugleich sprach sich Gerke für weitere Konsolidierungsschritte aus. «Statt der acht Landesbanken brauchen wir maximal zwei. Besser wäre eine», sagte Gerke. Diese Meinung ist aber auch im Sparkassen-Lager zu hören. So hatte WestLB-Aufsichtsratschef Michael Breuer in der vergangenen Woche gefordert: «Wir wollen am Ende des Prozesses eine Landesbank mit einem stabilen Geschäftsmodell – eine Sparkassen-Zentralbank.» Breuer ist Präsident des Rheinischen Sparkassenverbandes.


EU-Kommission äussert Bedenken
Die Fusionspläne der beiden Landesbanken WestLB und BayernLB stossen bei der EU- Kommission auf Bedenken. «Angesichts der Tatsache, dass beide Banken sich in einem Restrukturierungsprozess befinden, führt eine Fusion nicht automatisch zur Wiederherstellung ihrer langfristigen Lebensfähigkeit», warnte EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia am Dienstag in Brüssel in einer Erklärung. Bereits seit Monaten prüft die Kommission die Restrukturierungspläne der beiden Landesbanken, die von der Finanzkrise schwer getroffen wurden. In der Krise hatten die beiden Landesbanken milliardenschwere Garantien und Finanzspritzen vom Staat erhalten. Entscheidend ist nach Worten des Kommissars, dass die Institute langfristig auf eigenen Beinen stehen können, die Lasten fair verteilt werden und der Wettbewerb so wenig wie nötig eingeschränkt wird. Dies müsse auch für eine Fusion gelten.


Kartellrechtliche Prüfung
Die geplante Fusion von WestLB und BayernLB muss von den Kartellbehörden genehmigt werden – das können die nationalen Behörden oder die EU-Kommission sein. Falls der Jahresumsatz des fusionierten Unternehmens eine bestimmte Schwelle überschreitet, ist die EU-Kommission zuständig. Unterhalb dieser Grenze befassen sich die nationalen Behörden mit dem Fall, die aber – zum Beispiel auf Anfrage der Unternehmen oder der nationalen Behörden – den Fall nach Brüssel verweisen können. «Wir setzen unsere Untersuchung der Staatsbeihilfen fort, egal ob die Fusion auf nationaler Ebene oder auf EU-Ebene zur Prüfung angemeldet wird», teilte die Kommission mit.  (awp/mc/ps/23)

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