Heinz Baum, CEO Loeb AG

von Jolanda Lucchini


Im Mai 2008 wurde der 50 Mio. Franken teure Umbau des Loeb-Warenhauses in Bern beendet. Die Bauarbeiten und die Sanierung des Bahnhofplatzes vor den Loeb-Türen beeinträchtigen den Verkauf stark: Im 1. Halbjahr 2008 wurde ein Verlust von 2,7 Mio. Franken (Ebit) ausgewiesen. Fürs Gesamtjahr wird nun immerhin mit einem ausgeglichenen operativen Ergebnis (Ebit) und einem geschätzten konsolidierten Nettoerlös von 110 Mio.Fr. gerechnet. Der Unternehmensverlust nach Steuern dürfte 4 Mio. Fr. betragen, nach einem Vorjahresgewinn von 3,1 Mio. Fr. Dies soll hauptsächlich auf den nicht realisierten Buchverlusten auf dem Wertschriftenportfolio gründen. Hat sich demnach der Geschäftsgang nach der Neueröffnung nach Ihren Erwartungen entwickelt?


Ja, das neue Haus in Bern entwickelt sich gut. Die Kundenfrequenzen haben nach Abschluss des Gesamtumbaus fortlaufend zugenommen. Dies zeigt uns, dass die Akzeptanz für den «neuen» Loeb gegeben ist. Selbstverständlich ist es unser Bestreben, alle Kunden, die während des Umbaus andere Einkaufsmöglichkeiten genutzt haben, wieder zurückzugewinnen. Das dauert sicher noch eine gewisse Zeit.


Welche neuen Anreize bietet Loeb Ihrer Ansicht nach der Kundschaft seit dem Umbau?

Loeb in Bern hat ein vollkommen neues Erscheinungsbild erhalten. Das Basar-Ähnliche, das vorher Loeb prägte, ist einer klaren, übersichtlichen und grosszügigen Ladengestaltung und Warenpräsentation gewichen. Die vielen Komplimente, die wir von unseren Kunden erhalten, sind für uns Bestätigung, dass wir den richtigen Weg gewählt haben. Besonders froh sind wir auch, dass die ganze Infrastruktur nun wieder auf dem neusten Stand ist.


Gab es nebst baulichen Erneuerungen auch Veränderungen im Sortiment, die gut ankommen?

Neu ist beispielsweise die Zusammenarbeit mit Marionnaud, der neu den Parfümeriebereich im Parterre als Mieter führt. Es sind viele andere Partner dazu gekommen, so zum Beispiel Mobilezone, Swarovski, Globetrotter, Tommy Hilfiger, More & More, um nur einige davon zu nennen.


«Die Kundenfrequenzen haben nach Abschluss des Gesamtumbaus fortlaufend zugenommen. Dies zeigt uns, dass die Akzeptanz für den «neuen» Loeb gegeben ist.»


Vor zwei Jahren sprachen Sie in einem Interview von einem möglichen Steigerungspotenzial von 30 Prozent auf den Gesamtumsatz nach dem Umbau. Gehen Sie immer noch mittelfristig von einem solchen Plus aus?

Angesichts der aktuellen Wirtschaftssituation wäre eine Prognose gewagt. Wir glauben aber, dass  wir für die Zukunft gut aufgestellt sind.


Im zweiten Halbjahr 2008 haben die Geschäfte der Berner Innenstadt grosse Konkurrenz erhalten. Am Stadtrand, in Bern-Bümpliz ging Anfang Oktober das Mega-Einkaufszentrum Westside auf. Spüren Sie bereits Auswirkungen?

Es ist schwierig zu beurteilen, wie stark sich Westside auf die Berner Innenstadt auswirkt. Dass jeder Umsatzfranken, der auf einer zusätzlichen Verkaufsfläche ausgegeben wird, anderswo fehlt, ist nicht zu bestreiten. Bern ist aber nach wie vor das grösste und schönste «Einkaufscenter» der Region, das seinen Platz sicher behaupten wird.


Direkt vor den Türen Ihres Haupthauses in Bern ist zudem im Oktober der erste City-Store von Pfister eröffnet worden, der wie Loeb ein grosses Sortiment an Wohn-Accessoires anbietet.  Wie tangiert Sie das?

Unsere Sortimente sind doch sehr unterschiedlich. Grundsätzlich ziehen wir es vor, wenn starke Anbieter in unmittelbarer Umgebung angesiedelt sind und nicht auf der grünen Wiese. Die Attraktivität der Kernlage wird verstärkt und die Kundenfrequenzen steigen.


Auf dem Platz Bern ist Loeb das einzige Warenhaus, das nicht der Migros oder Coop gehört. Was ist Ihre Strategie, um sich gegen diese Grossdetailhändler zu behaupten, die sich in der letzten Zeit gegenseitig mit Preisabschlägen übertreffen?

Unsere Strategie ist eine ganz andere. Als regional stark verankertes und unabhängiges  Unternehmen setzen wir vor allem auf breite Sortimente, auf Qualität ? besonders auch in den Dienstleistungen ? sowie auf die Zusammenarbeit mit kompetenten Partnern wie z.B. Thalia Bücher.


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Welche Rolle spielen die Loeb-Filialen in der Agglomeration Bern, in Biel, Thun und im Avry-Centre bei Freiburg beim Geschäftsergebnis?

Die Ergebnisse der einzelnen Häuser geben wir nicht bekannt. Wir haben 2008 einige Umstellungen und Veränderungen vorgenommen, die sich im laufenden Jahr auswirken werden, so die Umgestaltung des Geschäfts im Einkaufszentrum Shoppyland oder die Neuausrichtung der Filiale in Bethlehem.


Die Filiale im Avry-Centre wird per Ende 2009 geschlossen, weil Loeb mit den Eigentümern des Einkaufszentrums keine Einigung über die Verlängerung des Mietvertrages finden konnte. Plant Loeb dafür an einem anderen Ort eine neue Filiale?

Nein, zurzeit hegen wir keine weiteren Expansionspläne.


Seit 2007 konzentriert sich die Loeb AG wieder verstärkt auf ihr Kerngeschäft. Unter anderem wurde das damals Verluste schreibende Smart-Center in Schönbühl abgestossen. Doch jetzt, in der Krisenzeit, boomen Kleinwagen wieder. Smart konnte 2008 seine Verkäufe in der Schweiz steigern. War der Verkauf rückblickend ein falscher Entscheid?

Nein. Der trendige Smart passte damals gut zu unserem ebenfalls flexiblen und kreativen Unternehmen. Das Smart-Konzept hat sich gewandelt und verlangte schliesslich eine Fachkompetenz in der Autobranche, für die wir zu viel Ressourcen hätten aufbringen müssen. Die heutige Situation im Autohandel zeigt uns, dass wir mit dem Verkauf richtig gehandelt haben. Die Loeb Service AG, welche den Smart verkaufte, wie auch die Bayard Wartmann AG waren übrigens – wie heute Loeb und das Musikhaus Krompholz – eigenständige Unternehmen unter dem Dach der Loeb Holding.


«Der Verkauf des Loeb-Anteils an die Mitinhaber Bayard war für beide Parteien eine Ideallösung, und die Loeb-Gruppe konnte den Fokus wieder auf das Warenhausgeschäft mit Schwerpunkt Region Bern/Espace Mittelland legen.»


Im Januar 2008 gab die von der Familie Loeb kontrollierte Firma ihre 55-Prozent- Beteiligung an Bayard Wartmann ab, obwohl dieses Modehaus ein beachtliches  zweistelliges Umsatzplus von 14.7  Prozent erzielt hatte. Der Erlös entlastete die Rechnung. Was ist der langfristige Vorteil des Verkaufs?

Bereits beim seinerzeitigen Zusammenschluss der Unternehmen Wartmann und Bayard wurde die Überprüfung der weiteren Zusammenarbeit per Ende 2007 vereinbart. Der Verkauf des Loeb-Anteils an die Mitinhaber Bayard war für beide Parteien eine Ideallösung, und die Loeb-Gruppe konnte den Fokus wieder auf das Warenhausgeschäft mit Schwerpunkt Region Bern/Espace Mittelland legen.


Nach wie vor zu Loeb Holding AG gehört das Berner Musikhaus Krompholz. Es lag 2007 umsatzmässig leicht unter dem Vorjahresresultat. Nun ist vor Weihnachten die Buchhandlung Orell Füssli mit ins Ladengeschäft eingezogen. Was verspricht man sich von der Kooperation? Hat sie sich im Weihnachtsgeschäft bereits ausgezahlt?

Die Kooperation mit Orell Füssli ist für Krompholz eine ideale Verbindung, es wird ein ähnliches Zielpublikum angesprochen und die Wertvorstellungen eines gehobenen Fachgeschäftes gelten für beide Unternehmen: breites und tiefes Angebot, Freundlichkeit, Beratungskompetenz und umfassenden Service.


Bevor Sie Ihre Funktion bei Loeb übernahmen, haben Sie in einem Interview bekräftigt, noch nie einen Fehlentscheid gefällt zu haben. Haben Sie bisher auch bei Loeb alles richtig gemacht?

Die Aussage, nie einen Fehlentscheid gefällt zu haben, könnte ich in dieser absoluten Form nicht unterschreiben. Hingegen ist es so, dass zu jedem Entscheid ein klar definiertes Ziel gehört – und wenn die Zielerreichung der Massstab ist, dann mag das so zutreffen.


Herr Baum, besten Dank für das Interview.





Zur Person
Der Deutsche Heinz Baum übernahm am 1. Oktober 2005 die Geschäftsleitung der Warenhäuser der Loeb AG. Nach mehrjähriger Tätigkeit bei Migros Waadt, Innovation Lausanne und als regionaler Verkaufschef der Genossenschaft Migros Bern war Heinz Baum während drei Jahren Geschäftsführer der Interdiscount AG. Von 1999 bis zum Amtsantritt bei Loeb leitete er die Lipo Möbelposten AG. Nach seiner Ausbildung in der Restauration wechselte Heinz Baum in den Detailhandel. Aus- und Weiterbildung in Marketing und Betriebswirtschaft erfolgten in internen Kaderausbildungsprogrammen des Migros-Genossenschafts-Bundes und externen Instituten.



 

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