Erb-Prozess: Konzernchef Rolf Erb streitet nach wie vor alle Vorwürfe ab

Erb-Prozess: Konzernchef Rolf Erb streitet nach wie vor alle Vorwürfe ab

Rolf Erb anlässlich des ersten Prozesses vor dem Winterthurer Bezirksgericht im Januar 2012.

Zürich – Er habe vielleicht von Hand die eine oder andere Besprechungsnotiz in die Bilanzen gemacht, aber sicher keine Abschlüsse geschönt: Rolf Erb, der letzte Konzernchef der Erb-Gruppe, hat am Montag vor dem Zürcher Obergericht erneut alle Vorwürfe gegen ihn abgestritten. Die Erb-Gruppe sei bis zu ihrem Zusammenbruch im Jahr 2003 immer liquid gewesen. Als Auslöser für den Kollaps des Grosskonzernes nannte er vor Gericht den Irak-Krieg. «Der liess den Autoverkauf zusammenbrechen.»

Weitere Faktoren, die zum Ende der Erb-Gruppe beigetragen hätten, seien der Tod seines Vaters Hugo und der Tod des langjährigen Revisors gewesen. Dann sei ein Strudel losgegangen. Bis dahin sei die Firma immer flüssig gewesen. Die Anklage wirft ihm vor, ab 1998 bis zum Ende im Jahr 2003 regelmässig Jahresabschlüsse frisiert zu haben, um so an weitere Bankkredite zu kommen. Die Verschuldung war offenbar bereits in den 1990-er-Jahren immens. Ohne Erbs mutmassliche Betrügereien wäre sie viel eher ans Licht gekommen. Die Erb-Pleite hinterliess einen Schuldenberg in dreistelliger Millionenhöhe.

Viel Geld verlor das Familienunternehmen vor allem wegen glückloser Immobilien-Investitionen in Deutschland. Rolf Erb bezeichnete diesen Geschäftszweig am Montag vor Gericht hingegen als «beinahe in der Gewinnzone». Zeugen, die in früheren Befragungen das Gegenteil behauptet hatten und die Liquidität der Firma anzweifelten, bezeichnete er als «nicht verlässlich» und durch Medien und Ermittlung beeinflusst. «Eine Buchhalterin hat doch keine Ahnung, was in der Erb-Gruppe passierte.»

«Ein astreiner Kriminalfall»
Die Staatsanwältin ist mit Erbs Darstellung nicht einverstanden. «Der Erb-Kollaps ist keine tragische Unglücksgeschichte, sondern ein astreiner Kriminalfall.» Erb verfüge über grosse kriminelle Energie. Es sei fast schon genial, wie er über Jahre hinweg geldspeiende Konstrukte am Laufen gehalten habe. Ein solches Konstrukt war die Erb Autokredit (EAK), ein firmeneigener Geldspeicher für den Autoimport, an dem auch Mitsubishi beteiligt war. Weil Erb über Jahr zu viele Kredite aus diesem Speicher bezogen haben soll und sie anders auswies, fehlen Mitsubishi heute 38 Mio CHF.

Noch ist unklar, ob alle Bezüge aus dieser EAK überhaupt vom Gericht beurteilt werden können. Den ersten Bezug tätigte Erb am 7. Oktober 1998. Diese Tat verjährt 15 Jahre später also genau am kommenden 7. Oktober, in zwei Wochen. Noch ist unklar, wann das Obergericht sein Urteil fällt und ob diese Bezüge einzeln beurteilt oder als «eine einzige Tat angesehen werden. Dann könnte als Tatzeitpunkt der letzte Bezug im Oktober 2003 gelten und die Tat wäre noch längere Zeit nicht verjährt.

19 Stunden Plädoyers
Für die Staatsanwältin ändert die Verjährungsproblematik aber wenig. Angesichts der Fülle an Vorwürfen wäre der Wegfall eines Geldbezuges bedeutungslos, sagte sie. Doch für Erb wäre seine Verzögerungs-Taktik, die er vor dem Winterthurer Bezirksgericht praktizierte und für die er auch gerügt wurde, zumindest ein Stück weit aufgegangen. Die Staatsanwältin fordert für Erb eine unbedingte Freiheitsstrafe von 10 Jahren, also noch zwei Jahre mehr als das erstinstanzliche Urteil des Winterthurer Bezirksgerichtes, wo er wegen Betrugs, Urkundenfälschung und Gläubigerschädigung verurteilt worden war.

Der Prozess dauert voraussichtlich mehrere Tage. Die Staatsanwaltschaft, die Verteidiger und die Anwälte der Gläubiger werden insgesamt 19 Stunden lang plädieren. Wegen seiner angeschlagenen Gesundheit – Erb leidet unter anderem an Herzproblemen – werden ihm bei Bedarf immer wieder Pausen erlaubt. (awp/mc/ps)

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