Digitalisierung im Bankwesen: Wie Technologie den Kreditprozess verändert

Digitalisierung im Bankwesen: Wie Technologie den Kreditprozess verändert
(Quelle: pexels.com / Liza Summer // https://www.pexels.com/de-de/foto/frau-kreativ-laptop-surfen-6347707/)

Berlin – Die Digitalisierung hat nahezu alle Lebensbereiche erfasst. Das Bankwesen bildet diesbezüglich keine Ausnahme. Besonders auffällig ist der entsprechende Einfluss im Kreditwesen, wo sich der gesamte Prozess von der Antragstellung bis zur Auszahlung verändert hat.

Allerdings besteht in der Umsetzung entsprechender Lösungen oft noch erheblicher Nachholbedarf. In einigen Fällen ist dies nicht ausschliesslich auf ein Verschulden der Banken zurückzuführen.

So verändert die Digitalisierung im Bankenwesen den Kreditprozess schon heute

Heutzutage haben Kunden die Möglichkeit, mit nur einem Klick Angebote zu vergleichen und online Kreditanträge zu stellen. Dies bedeutet: Die Digitalisierung hat Recherchemöglichkeiten für Kunden deutlich verbessert, da diese nun jederzeit online auf Informationen zu Krediten, Zinsen und Gebühren zugreifen können.

Eine weitere bedeutende Entwicklung im Kreditprozess ist die Möglichkeit, eine SCHUFA-neutrale Konditionsanfrage im Internet zu stellen. Das bedeutet, dass Finanzinstitute die Bonität des Kunden in einer Weise überprüfen, dass dies keinerlei negative Auswirkungen auf das Schufa-Scoring hat. Dieses wird deshalb auch nicht herangezogen, um eine Entscheidung über die Darlehensvergabe herbeizuführen. Eine sogenannte «schlechte bzw. schwache Schufa» ist also kein Hindernisgrund, um ein Darlehen zu erhalten.

Die Digitalisierung ermöglicht überdies insgesamt eine schnellere Kreditentscheidung. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) und maschinellem Lernen können Banken Kreditanträge automatisch prüfen und innerhalb weniger Minuten oder sogar Sekunden Entscheidungen treffen. Diese automatisierten Entscheidungsprozesse, auch als automatisierte Kreditentscheidungssysteme bekannt, ersetzen zunehmend manuelle Prozesse von Bankangestellten bei der Entscheidung über Kreditanträge. So erklärt sich die stark gewachsene Zahl der «Sofort-Kredite» in den vergangenen Jahren.

Ein besonderer Vorteil der Digitalisierung im Kreditprozess besteht deshalb in der Möglichkeit einer schnellen Auszahlung. Durch den Einsatz von Instant Payment-Systemen können Kreditgeber das Geld innerhalb von Sekunden nach der positiven Entscheidung auf das Konto des Darlehensnehmers überweisen.

Die Digitalisierung kann auch Probleme bereiten

Trotz dieser positiven Veränderungen durch die Digitalisierung sind jedoch ebenfalls Herausforderungen zu meistern. Risiken wie Datenmissbrauch und Identitätsdiebstahl seien beispielhaft genannt. Gerade der Kreditprozess ist diesbezüglich oft betroffen. Schliesslich können Kriminelle versuchen, im fremden Namen Darlehen zu beantragen. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Geldhäuser alle erforderlichen Sicherheitsmassnahmen ergreifen, um den Schutz von Kundendaten und die Sicherheit von Transaktionen zu gewährleisten.

Banken haben grossen Nachholbedarf bei der Digitalisierung

Im Bereich der Digitalisierung im Bankwesen besteht aber tatsächlich noch immer erheblicher Nachholbedarf. Trotz des enormen Potenzials der Technologie nutzen viele Banken nach wie vor veraltete Systeme und Prozesse, was zu unnötigem Zeit- sowie Kostenaufwand führt. Sicherheitslücken können deshalb auch zu lange bestehen bestehen bleiben. Immer mehr Fachleute im Finanzmanagement fordern daher eine verstärkte Digitalisierung der Standardprozesse in Banken.

Jedoch zeigt sich auf den Seiten der Finanzinstitute verhaltenes Interesse an innovativen digitalen Lösungen wie beispielsweise der Blockchain-Technologie. Die Skeptiker in den Banken sehen nach wie vor zu viele Risiken und Unsicherheiten bei diesen Lösungen. In einigen Fällen ist auch die regulatorische Landschaft noch nicht ausreichend geklärt, um die Einführung dieser Technologien zu erleichtern.

Dennoch sind zahlreiche Experten der Meinung, dass die Digitalisierung im Bankwesen unvermeidlich ist, um in der sich ständig verändernden Finanzlandschaft wettbewerbsfähig und agil zu bleiben. Eine zeitnahe Digitalisierung und Automatisierung könne den Banken nicht nur helfen, Prozesse schneller und effizienter zu gestalten, sondern bietet auch die Möglichkeit, die Bedürfnisse ihrer Kunden besser zu erfüllen. Dass dies immer noch zu betonen ist, sei ärgerlich.

Diese Frustration der Experten unterstreicht, dass Banken im Bereich der Digitalisierung deutlich schneller werden müssen, um nicht ins Hintertreffen in der Konkurrenz mit diversen Fintechs zu geraten. Dies gilt insbesondere für die Betreuung von Firmenkunden, für die er Kreditprozess nicht minder wichtig als für Privatkunden. Viele Unternehmen beklagen sich gerade für die Darlehensvergabe lautstark, dass der Zugang zu digitalen Informationen durch veraltete Systeme und komplizierte Prozesse erschwert wird. Und diese Beschwerden werden immer schriller.

Ein weiteres bedeutendes Thema bei der Digitalisierung im Bankwesen ist das Problem der KYC (Know Your Customer)-Dokumente. Diese müssen oft physisch unterschrieben werden und werden bei vielen Banken noch immer manuell angefordert. Die Einführung digitaler Signaturen scheint für viele Banken nach wie vor eine Herausforderung zu sein. Die vollständige Abwicklung eines Kreditantrags über das Netz scheitert nicht selten an dieser Hürde.

Speziell Schweizer Banken müssen bei der Digitalisierung aufholen – dies schliesst den Kreditprozess ausdrücklich ein

Insbesondere Schweizer Banken zeigen im Vergleich zu anderen Ländern Defizite bei der Digitalisierung, wie aus einer Studie von Deloitte hervorgeht. Im internationalen Vergleich belegt die Schweiz aktuell nur den 21. Platz und kann somit nicht mit den Spitzenreitern weltweit konkurrieren. Nur eine einzige Schweizer Bank schafft es in die Top 30 und wird daher als «Digital Champion» bezeichnet.

Die Untersuchung verdeutlicht, dass Schweizer Banken vor allem im Bereich der digitalen Kanäle Unterstützung benötigen. Konkret bedeutet dies: Die sogenannten «Digital Champions» bieten über sämtliche digitale Kanäle hinweg umfangreichere Dienstleistungen an und führen diese auch schneller ein. Bei vielen Schweizer Banken gestaltet sich die Eröffnung von Konten nicht schnell und unkompliziert. In den meisten Fällen fehlt ein «vollständig digitalisierter End-to-End-Prozess».

Zudem offenbart die Studie Schwächen im digitalen Vertrieb. Nur bei 41% der Schweizer Banken ist es Kunden möglich, eine Kreditkarte digital zu bestellen, und lediglich 18% ermöglichen einen vollständig digitalen Kreditantragsprozess.

Beispiel Deutschland: Nicht immer sind allerdings die Banken für die Probleme bei der Digitalisierung verantwortlich

Nicht immer sind jedoch die Geldinstitute für Schwierigkeiten im Zuge der Digitalisierung verantwortlich. Im Falle einer Entscheidung der deutschen Bundesregierung, wichtige Online-Dienste für das Girokonto für Verbraucher zu streichen, sehen sich Banken mit Problemen konfrontiert, die sie nicht unmittelbar beeinflussen können. Durch die Entfernung des PIN-Rücksetzbriefes wird es Verbrauchern nun erschwert, Kontoeröffnungen online durchzuführen oder Online-Identifizierungen für Kreditvergaben vorzunehmen. Banken, die auf die Nutzung der eID setzen, sind daher von dieser Entscheidung stark betroffen.

Die eID-Funktion ist grundsätzlich in jedem deutschen Personalausweis vorhanden, muss jedoch gegebenenfalls noch aktiviert werden. Die Streichung des PIN-Rücksetzbriefes durch die Bundesregierung, aufgrund von Sparmassnahmen für den Haushalt 2024, kann die umfangreichen Bestrebungen der Banken im Bereich der Digitalisierung daher wenigstens verzögern, wenn nicht sogar erheblich beeinträchtigen.

In einigen Fällen haben Banken zudem keine direkte Einflussmöglichkeit auf die Digitalisierung von Dienstleistungen, da sie auf die Unterstützung von Regierungsbehörden und regulatorische Rahmenbedingungen angewiesen sind. Es ist daher von grosser Bedeutung, dass die Politik in die Digitalisierung im Finanzsektor stärker eingebunden wird und gemeinsam mit den Banken nach Lösungen sucht, die die eID-Funktion oder andere Services nicht unnötig einschränken.

Fazit: Die Digitalisierung ist prinzipiell eine positive Entwicklung für den Kreditprozess – und muss deshalb noch besser werden

Die bisherigen Erläuterungen verdeutlichen, dass die Digitalisierung im Bankwesen eine positive Entwicklung darstellt, die den Kreditprozess schneller und effizienter gestaltet. Gleichzeitig ist es jedoch von entscheidender Bedeutung, dass die Banken darauf achten, die Sicherheit und den Schutz der Kundendaten zu gewährleisten. Durch die geschickte Kombination neuester Technologien und sinnvoller Regulierungen kann der Kreditprozess der Zukunft noch besser gestaltet werden. Eine Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Geldinstitute ihre Defizite in Bezug auf die Digitalisierung aufarbeiten. Es ist ebenso wichtig, dass die Politik ihnen dabei nicht «in die Speichen greift». (Score Kompass/mc/hfu)


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert