Wie uns Corona alle ärmer macht. Alle?

Wie uns Corona alle ärmer macht. Alle?
(Pixabay)

Die Coronakrise macht uns ärmer an sozialen Kontakten, ärmer an Arbeits- und Aufstiegsmöglichkeiten, lässt Erspartes schwinden, bedroht Gesundheit, Wirtschaft, Kultur und verringert allgemein die Perspektiven der nächsten Monate. Die Coronakrise macht vor niemandem Halt, trifft uns als Gesellschaft und deshalb als Bürger alle gleich. Könnte man meinen. Es gibt aber auch hier nicht nur Verlierer.

Kommentar von Helmuth Fuchs

Wenn man die Krise in ihrer Auswirkung auf die verschiedenen Bereiche anschaut, ergibt sich ein differenziertes Bild und es gibt auch Gewinner der Pandemie.

Gesundheit: Steigende Anzahl positiv Getesteter, aber wenig schwere Fälle und Todesfälle
Zu Beginn der Krise wurde das Ziel aller bundesrätlichen Not-Massnahmen festgelegt: Vermeidung der Überlastung de Gesundheitssystems. Das Ziel wurde erreicht, das Gesundheitswesen hielt der Belastung stand, der grösste Schaden im Gesundheitssystem entstand durch den politisch verordneten Stopp von geplanten Eingriffen (Kurzarbeit des Personals, finanzielle Ausfälle durch das faktische Arbeitsverbot). Mittlerweile fordern die Spitäler vom Bund eine Entschädigung für das geschätzte 2.6 Milliarden Defizit.

Während die Hospitalisations- und Todesfälle im März und April noch überdurchschnittlich waren, haben sich in den letzten Monaten auch bei stark steigender Anzahl positiv Getesteter sowohl die Anzahl Hospitalisierter, die Anzahl Personen in Intensivpflege, als auch die Anzahl der Todesfälle auf sehr tiefem Niveau stabilisiert. Mit der jetzt beginnenden Grippe- und Erkältungssaison dürfte der Anstieg der positiv getesteten Fälle zunehmen. Solange die Hospitalisations- und Todesfallzahlen weiterhin tief bleiben, sollte das aber aus Sicht der bundesrätlichen Zielsetzung kein Problem darstellen.

Testregime?
Der Bund möchte die gegenüber der Anfangsphase der Krise hohe Anzahl von Tests (aktuell rund 15’000 pro Tag) nochmals massiv erhöhen und läuft wahrscheinlich in den nächsten Engpass bei den Testmaterialien.

Das wirft einmal mehr die bis anhin nicht klar beantwortete Frage auf, wie eigentlich das Testregime ausschaut.

  • Wer wird wieso und anhand welcher Kriterien getestet?
  • Welches sind die Orte, die am meisten zur Verbreitung beitragen?
  • Weshalb gibt es für den Verlauf der Entwicklung keine repräsentative Gruppe, die über längere Zeit kontinuierlich getestet wird, um so Entwicklungen bezüglich Immunität, Rate der Durchseuchung etc. besser verstehen zu können?
  • Weshalb sind kontinuierliche Tests sind obligatorisch beim Pflegepersonal in Altersheimen, Pflegeheimen und Spitälern, den wahrscheinlichen wichtigsten Orten, wenn es um den Schutz von Risikogruppen geht?

Da es sich beim Testmaterial um eine endliche und nicht ganz günstige Ressource handelt, dürfte man erwarten, dass damit entsprechend sorgfältig umgegangen wird. Ohne Klarheit zu den obigen Fragen und eine bessere Kommunikation zur Teststrategie muss man leider davon ausgehen, dass hier viel Geld für nur unklare Erkenntnisse ausgegeben wird.

Die Schweiz hat bis zum 9. Oktober 1’455’655 Tests vorgenommen. Der Bund vergütet seit dem 25. Juni 2020 pro Test 169 CHF und übernimmt damit sämtliche Kosten. Das heisst, die Test haben bis anhin 246 Millionen CHF gekostet, wovon der Bund einen guten Teil übernommen hat.

Milliardengeschäft mit der Maske
Während bei den Tests der Engpass mit den Materialien noch bevorstehen könnte, wurde dieser bei den Masken in der Zwischenzeit nach anfänglichen Schwierigkeiten behoben. Auch hier hat sich der Bund massgeblich engagiert, als Einkäfer und Abnehmer.

Vom März 2020 bis Juni 2020 hat die Schweiz gemäss swissinfo im Ausland für über 560 Millionen Franken Schutzmasken eingekauft. 93 Prozent davon flossen nach China – von dort wurden Masken im Wert von über 500 Millionen Franken importiert. Seit August produziert Flawa mit Abnahmegarantie des Bundes und des Kantons Zürich auch Masken in der Schweiz.

Mit den sich schrittweise verschärfenden Maskentragepflichten in immer mehr Kantonen entwickelt sich auch die Maskenherstellung und deren Vertrieb zum Milliardengeschäft.

Vorbereitung für die Impfung(en)
Obschon die Erfahrungen bei bisherigen Versuchen, Coronaviren mit einer Impfung zu bekämpfen, eher ernüchternd waren (es gibt noch keinen Impstoff, der gegen Coronaviren wirkt), wird weltweit mit Hochdruck und neuen Ansätzen (genbasierte Impfstoffe) geforscht. Swissmedic und auch die Zulassungsbehörden in anderen Ländern stehen unter hohem politischen Druck, die Zulassungshürden und -Zeiten für kommende Impfung(en) möglichst tief zu halten, zum Beispiel durch «rollende Verfahren».

Überblick zum Entwicklungsstand der Impfstoffe:

Mit ebenso viel Druck bemühen sich die Hersteller bei den politisch Verantwortlichen, dass sie von Haftungen bei Schäden geschützt werden. Das heisst, am Schluss tragen die Geimpften die Risiken. Je nach dem, wer das Rennen macht, reden wir auch von einer völlig neuen Art von Impfung mit Eingriff in das Erbgut (mRNA-Impfstoff). Ein Vorteil von mRNA-Impfstoffen wäre, dass sie schnell und günstig in grossen Mengen hergestellt werden könnten.

Es gibt jedoch bis heute keinen einzigen Impfstoff, der auf dieser Methode beruht. Derzeit kann also niemand sicher vorhersagen, ob solche Impfstoffe tatsächlich funktionieren wie erhofft. Es existiert logischerweise auch keine Langzeitbetrachtung dazu, welche Auswirkungen eine solche Impfung im menschlichen Körper und in Kombination mit anderen Impfstoffen hat. Firmen, die an mRNA-Impfstoffen arbeiten, sind unter anderem die beiden deutschen Unternehmen Biontech und Curevac, sowie Moderna in den USA.

Mit Moderna hat der Bund einen Vertrag zum Bezug von 4.5 Millionen Impfdosen abgeschlossen und insgesamt 300 Millionen Franken für die Beschaffung eines kommenden Impfstoffes gesprochen.

Medial wird auch schon die Akzeptanz eines möglichen Impfobligatoriums abgetastet, so durch Bundesrat Alain Berset, der dem Vorschlag viel Sympathien entgegenbringt.

Das heisst, wer immer das Rennen macht, darf mit garantierten Abnahmen des Impfstoffes bei gleichzeitig höchstmöglichem Schutz bei eventuellen Nebenwirkungen rechnen.

Viel Belastung für Viele…
Der Bundesrat und seine Ämter engagieren sich auf der einen Seite bei der Versorgung mit Masken, Impfstoffen und Infrastruktur, erlassen (teilweise willkürliche) Vorschriften, stärken in der Krise ihre Rolle gegenüber den Kantonen, dem Parlament und den BürgerInnnen, deren ungehinderter Bewegungsraum immer kleiner wird. Auf der anderen Seite federn sie mit Zuschüssen, Ausfallgarantien und Direktzahlungen die wirtschaftlichen Folgen ihrer Massnahmen kurzfristig ab. Weil das auch im Vergleich zu anderen Staaten eine bis anhin erträgliche Variante der Krise war, geniessen sowohl Bundesrat als auch die Ämter viel Rückhalt in der Bevölkerung.

Es geht dabei aber vergessen, dass Vieles davon eigentlich im Ermessen jeden Einzelnen liegen sollte, solange es sich nicht um eine echte Katastrophensituation handelt, welche einen grossen Teil der Bevölkerung an Leib und Leben gefährdet. Statt die Bevölkerung stärker in die Pflicht zu nehmen und ihr die Verantwortung zu übergeben, geschieht so auf subtile Weise das Gegenteil: Das Versagen wird beim Nichtbefolgen der Vorschriften verortet und damit härtere Massnahmen begründet. Mit negativen Folgen für das Selbstverständnis und die Eigenverantwortung der Einzelnen. Statt selbst abzuwägen und auch die Folgen zu tragen, wird die Verantwortung «nach oben» delegiert.

«Was sich die Menschen angesichts der Dramatisierung öffentlichen Lebens an absurden Regelungen, widersprüchlichen Verordnungen und puren Schikanen gefallen lassen, ist schon erstaunlich. Es ist die moderne Angst vor der Freiheit, die alle Selbstverantwortung von sich abwirft und auf anonyme Kollektive und Instanzen überträgt, in denen der nachdenkliche, besinnliche, abwägende und gebildete Mensch, der im Angesicht seines Wissens und Gewissens Entscheidungen fällt, fehlt.» Rudolf Brandner, NZZ, 08.10.2020

Zudem ist auch die wirtschaftliche Sicherheit nur sehr kurzfristig, wie die beginnenden Entlassungen und sich abzeichnenden Konkurse uns zunehmenden Arbeitslosenzahlen zeigen. Auch die in der Krise massiv ausgeweitete Staatsverschuldung wird durch Sparprogramme wieder reduziert werden müssen, was wiederum zulasten der Bürger geschehen wird, entweder durch Inflation, höhere Steuern oder Leistungskürzungen des Staates.

Noch mehr Gewinn für Wenige
Aber auch hier gilt, dass nicht alle an der Krise zu leiden haben. Nebst den Masken- und Impfstoffherstellern, dürfen sich auch die Milliardäre über einen ungebrochenen Zuwachs ihres Vermögens freuen. Wer also glaubt, dass in einer Pandemie alle im selben Boot sässen, lernt, dass es nebst dem maroden Seelenverkäufer, auf dem sie selbst gelandet sind, nebenan durchaus ein paar Superyachten gibt. Die UBS und PwC liefern dazu in ihren «Billionaires Insights 2020» die Fakten, die aufzeigen, dass Milliardärsvermögen eigentlich krisensicher sind, völlig unabhängig davon, welcher Art die Krise ist.

Wir erleben gerade, wie sich unser Leben massiv verändert durch ein Virus, das an sich nur für sehr wenige in unserer Gesellschaft wirklich eine lebensbedrohliche Gefahr darstellt und gegen das wir uns mit Hygiene- Massnahmen, Abstand und Vermeidung von Massenveranstaltungen und grossen Menschenansammlungen gut schützen können. Statt die eigene Verantwortung wahrzunehmen, wird diese erleichtert an den Staat übergeben, vermutlich mit wenig Vorstellung, wie sich dies wirtschaftlich und politisch auswirken wird. Die Gewinne der Wenigen werden die Verluste der Vielen leider nicht ausgleichen können.


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