Michel Mathys, Leiter Marketing & Sales, ERI Bancaire

Von Helmuth Fuchs


Moneycab: In der von IBS (International Banking Systems) jährlich erstellten Verkaufsliste (Annual Sales League Table) wird ERI im Jahr 2008 mit zwei neuen Kunden geführt. Alleine in den letzten Monaten 2009 häuften sich die Meldungen zu Neukunden oder erfolgreichen Projektstarts (ABN Amro, Trésorerie Générale Morocco, Centrale Bank van Suriname, SCS Alliance). Wie lief das «Krisenjahr 2009» für ERI?


Michel Mathys: 2009 war in der Tat ein schwaches Jahr für die Finanzmärkte, was folglich Auswirkungen auf die IT-Budgets der Banken hatte. ERI kam mit 20 neuen OLYMPIC Banking System-Lizenzen sehr glimpflich davon. Mit diesen Neulizenzen hat ERI nun einen Kundenstamm von über 300 Finanzinstituten in 51 Ländern. Diesen Erfolg verdanken wir der Anpassung unseres Produktes und unserer Dienstleistungen an die unterschiedlichen Marktbedürfnisse im 2009. Wir können OLYMPIC Banking System schneller zur Produktion bringen als die meisten anderen Systeme, die finanzielle Bilanz unserer Projekte ist in Bezug auf TCO und ROI ausgesprochen vorteilhaft, und die Plattform erfüllt die Anforderungen des Kunden bezüglich Dienstleistungen, Risikoverwaltung, Compliance und Kostenoptimierung. Wir werden, dank ständigem Kontakt mit unseren Kunden, auch in Zukunft nahe an den Marktbedürfnissen bleiben und diesen mit einem effizienten und wettbewerbsfähigen OLYMPIC Banking System entsprechen.



«Unsere Geschäftszahlen zeugen trotz der schwierigen Voraussetzungen in den letzten zwei Jahren von Stabilität. Die Einkommensstruktur von ERI erweist sich in einer solchen Periode als Vorteil, da wir damit weniger von neuen Geschäften abhängig sind als gewisse unserer Mitbewerber in der Start Up-Phase.» Michel Mathys, Leiter Marketing & Sales, ERI Bancaire


Der «American Banker» listet ERI für das Jahr 2008 mit einem Umsatz von 109 Millionen US-Dollar nach Temenos (407 Millionen) und Avaloq (155 Millionen). Welchen Umsatz erwarten Sie für das Jahr 2010?


Unsere Geschäftszahlen zeugen trotz der schwierigen Voraussetzungen in den letzten zwei Jahren von Stabilität. Die Einkommensstruktur von ERI erweist sich in einer solchen Periode als Vorteil, da wir damit weniger von neuen Geschäften abhängig sind als gewisse unserer Mitbewerber in der Start Up-Phase. Es gibt natürlich immer wieder neue Projekte, aber deren Art hat sich geändert: die neuen Märkte generieren durch ihre Modernisierungsbestrebungen bezüglich Infrastruktur und Globalisierung der Finanzmärkte ein grosses Auftragsvolumen, die Entscheidungen werden langsamer gefällt und immer mehr Grossprojekte werden in schrittweise Phasen unterteilt. ERI ist auch hier erfolgreich, zum Beispiel mit neuen Kunden in Afrika, Asien und Südamerika. Selbstverständlich investieren auch die traditionellen Märkte weiterhin in ihre IT-Infrastruktur, aber Aspekte wie Kosten, Effizienz, Risikomanagement und Reglementierungen haben dabei Priorität. Auch wir antworten mit entsprechenden Anpassungen und beteiligen uns zusammen mit unseren Kunden an diesen Investitionen, aber gewinnen daraus auch neue Abschlüsse.


Wie sehen die Besitzverhältnisse bei ERI aus und ist bei der breiten internationalen Kundschaft eine Finanzierung des Wachstums über ein IPO ein Thema?


Unser Unternehmen ist in Privatbesitz und profitiert von den daraus resultierenden Vorteilen, wie schnelle Entscheidungen, Kontinuität und Engagement des Managements. ERI verfolgt seit je her ein unternehmerisches Entwicklungsmodell mit Fokus auf das Weiterbestehen des Unternehmens. Wenn sich unsere Kunden für OLYMPIC Banking System entscheiden, so dauert dieser Einsatz mehrere Jahre. Deshalb ist ein zuverlässiger Partner ein wichtiges Entscheidungselement.


Das Swiss Banking gilt, auch wenn der ausländische Druck auf den Bankenplatz Schweiz zunimmt, immer noch als Gütesiegel. Was bedeutet die «Swissness» für einen international tätigen Anbieter von Bankensoftware?


Das Label » schweizerisch » hat nach wie vor grosses Gewicht in unserem Tätigkeitsbereich, besonders im Bereich Private Banking. Die Gründe dafür sind das hohe Niveau an Sachkenntnis, das sich in unseren Programmen zeigt, die sich daraus ergebenden Aspekte Vertraulichkeit und Sicherheit und ausserdem der Global Approach zu Märkten und Finanzinstrumenten. Über 60 Bankinstitute (häufig mit Filialen und Zweigstellen) in der Schweiz verleihen uns Glaubwürdigkeit.



«Die Kompatibilität von OLYMPIC Banking System mit lokalen Gegebenheiten war schon immer Teil unseres Produktkonzeptes. Jede Anpassung geschieht mit Blick auf globale Modelle, wieder verwendbar und mit an die lokalen Bedürfnisse angepassten Parametern versehen.»


Mitte des Jahres gaben Sie bekannt, dass die Privatbank Hottinger & Cie das OLYMPIC Banking System erfolgreich eingeführt hat. Das ist deshalb bemerkenswert, weil dies der erste Kunde ist, der von Avaloq zu Ihnen gewechselt hat. Was waren die Gründe für den Wechsel und auf welche Besonderheiten mussten bei der Einführung geachtet werden?


In unserem Markt kommt es tatsächlich vor, dass Institute ihre Entscheidung bezüglich Software-Plattform in Frage stellen. Im vorliegenden Fall wollte die Bank eine besonders gut an das Privatbankengeschäft angepasste Lösung mit besserem Kosten/Nutzenverhältnis. OLYMPIC Banking System wurde gewählt, weil es diese beiden wichtigen Anforderungen erfüllt. Die Finanzkrise der letzten Monate hat eine Änderung der Paradigmen bewirkt, so dass unsere Wettbewerbsvorteile heute genau mit den Prioritäten der Banken übereinstimmen. Vielleicht ist das einer der Gründe für unseren anhaltenden Erfolg.


Von den vier bedeutendsten Anbietern von Bankensystemen in der Schweiz (Avaloq, ERI, Finnova, RTC) haben Sie die grösste Anzahl internationaler Kunden und die grösste internationale Präsenz. War die Internationalisierung von Beginn weg Ihre Strategie und wie möchten Sie das weitere Wachstum gestalten?


ERIs Geschäftsmodell zielte von Anfang an auf die globale Abdeckung der Märkte. Das Produkt wurde von Beginn weg so entwickelt, dass globale Elemente wie » Multi » (-Center, -Devisen, -Kalender, -Sprachen, -Gesetze, -Steuersysteme usw.) integriert und internationale » Hubs » geschaffen werden können. Ein einziges Kompetenzzentrum kann mehreren Einheiten Informatik- oder Bankendienstleistungen anbieten. So deckt sich das Produkt genau mit den Bestrebungen der Banken, die mit In- und Outsourcing kostendeckend arbeiten wollen sowie der aktuellen Tendenz, dass sich zahlreiche Heimmärkte zum Nachteil der Offshore-Standorte etablieren.


Während Avaloq mit ihrer Lösung erfolgreich vom Privatbankensegment in den Bereich grosser Retailbanken gewachsen ist, fokussieren Sie nach wie vor auf kleinere und mittlere Privatbanken als Kunden. Sehen Sie hier in Zukunft einen Strategiewechsel in neue Segmente oder werden Sie weiterhin das Wachstum im Privatbankensegment anstreben?


ERI hat im Private Banking mit (U)HNWI-Kunden (Ultra High Net Worth Individuals) begonnen und sich dann auf natürliche Weise in Richtung Fonds- und Wealth Management, das auf eine breitere Kundschaft ausgerichtet ist, entwickelt. Diese Strategie wurde durch einen grossen Marktanteil in Offshore-Niederlassungen sowie in den Private Banking & Wealth Management-Bereichen der grössten Bankengruppen konkretisiert und wird weiterhin stark bleiben. Parallel dazu verfolgen wir die Strategie hinsichtlich universeller Finanzinstitute von mittlerer Grösse, in der Regel Regionalbanken, die Retail Banking, zum Teil kombiniert mit Wealth Management, anbieten. In dieser Marktlücke beobachten wir einen offensichtlichen Verbesserungs- und Erneuerungsbedarf bei Informationssystemen. Bei den Kunden stösst die auf sie zugeschnittene Real Time-Verarbeitung auf lebhaftes Interesse.


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Ein grosses Anliegen für viele Software-Anbieter ist die Hardware-Unabhängigkeit und Offenheit. Ihre Lösung ist bewusst sehr eng an die IBM iSeries Plattform mit DB2/UDB als Datenbanksystem gebunden. Vergeben Sie sich hier nicht weitere Wachstumsperspektiven zusammen mit anderen Hardware- und Datenbankanbietern?


Die Qualitäten der Plattform iSeries von IBM in Bezug auf Kosten, Verlässlichkeit, Performance und Benutzerfreundlichkeit sind unbestritten. Diese Qualitäten werden von sehr vielen Banken, die damit arbeiten, geschätzt. Man muss aber ebenso anerkennen, dass die UNIX-Plattformen einen wichtigen Markt repräsentieren, vor allem in gewissen geografischen Regionen oder bei grossen Gruppen, die ihre IT-Architektur normiert haben. Diese Voraussetzungen, zusammen mit unserer Wachstumsstrategie, haben zur Entwicklung der » Open Plattform «-Version von OLYMPIC Banking System geführt, welche wie bisher auf der iSeries oder neu auf UNIX/LINUX läuft. Wahlweise kann der Kunde DB2 oder Oracle einsetzen.



«Sie werden verstehen, dass uns Outsourcing-Lösungen nur mässig begeistern können. Wir sehen sie vielmehr als Reaktion auf den Kostendruck, aber es scheint uns fraglich, ob sie langfristig den Interessen der Banken und Informatikunternehmen wirklich dienlich sein werden.»


Von den 300 Kunden ist nur eine kleine Minderheit in der Schweiz. In welchen geografischen Regionen erwarten Sie das grösste Wachstum in den kommenden zwei Jahren und welchen Einfluss hat das auf die Entwicklung in der Schweiz, wo Sie laut dem Beratungsunternehmen Active Sourcing einen Marktanteil von zehn Prozent bei Banken mit weniger als 500 Mitarbeitenden besitzen?


Unser Marktanteil in der Schweiz beträgt – gestützt auf die Bankenliste der FINMA – rund 14%. Dieser Anteil repräsentiert knapp 20% unserer gesamten Kundschaft. Der schweizerische Bankenmarkt dürfte in den kommenden Jahren kaum signifikant wachsen, er wird vermutlich eher schrumpfen. Wir befinden uns deshalb in einem Markt, wo alte Systeme hinsichtlich Technologie, Kosten und Anpassungsfähigkeit schneller  überholt sein werden und deshalb verschwinden müssen, damit die Institute konkurrenzfähig bleiben. OLYMPIC Banking System verfügt über wirkliche Trümpfe, mit denen diese Banken davon überzeugt werden können, sich dem Kreis der OLYMPIC-Benutzer anzuschliessen. Das Wachstum wird in anderen Regionen wahrscheinlich markanter sein, zum Beispiel in Asien oder im Maghreb, wo wir durch unsere Präsenz davon profitieren können.


Die Entwicklung Ihrer Bankensoftware OLYMPIC Banking System findet vorwiegend in der Schweiz statt. Die Schweiz bildet aber pro Jahr nur wenige Informatikspezialisten aus und gilt im internationalen Vergleich als Hochpreisland. Werden Sie trotzdem am Entwicklungsstandort Schweiz festhalten und welche Rahmenbedingungen benötigen Sie dazu?


In unserer Entwicklungsabteilung beschäftigen wir rund 200 Personen, welche die Weiterentwicklung und den Unterhalt von OLYMPIC Banking System gewährleisten. Diese Informatiker verfügen sowohl über IT- als auch über Bankfachwissen. Dadurch ist der Dialog zwischen den Anwendern und unseren Entwicklergruppen sehr effizient und beeinflusst so die Fabrikationszeiten sowie die Qualität der Resultate positiv. Dies vorausgeschickt, werden Sie verstehen, dass uns Outsourcing-Lösungen nur mässig begeistern können. Wir sehen sie vielmehr als Reaktion auf den Kostendruck, aber es scheint uns fraglich, ob sie langfristig den Interessen der Banken und Informatikunternehmen wirklich dienlich sein werden.


Zurzeit sind Ihre Entwickler mit der Generation des OLYMPIC Banking Systems mit dem Namen «Version A» beschäftigt. Was werden die wichtigsten Neuerungen und Erweiterungen in diesem System sein?


ERI hat in den letzten Jahren viel Energie auf das Projekt Version «A» von OLYMPIC Banking System verwandt, welches jetzt mit einer SOA-Architektur auf den Markt kommt. Der Kunde verfügt damit über eine offene Plattform, ausgerüstet mit Web Services und Front Office J2EE. Dank dieser Features bietet die webbrowser-basierte Benutzeroberfläche weitreichende Anpassungsmöglichkeiten (Portal) auch in Verbindung mit Business Process Management (BPM) und die Verwaltung von reibungslosen Arbeitsabläufen. Dies führt zu Effizienzsteigerung  und Risikominderung, während mit E-Banking vom Typ Web2 das Bild vervollständigt wird. Die technologischen und all die anderen Verbesserungen  sowie die funktionellen Erweiterungen stellen wir Release um Release zur Verfügung. Unter diesen Erweiterungen können wir CRM (Customer Relationship Management) und PMS (Portfolio Management System) erwähnen die jetzt im Core System integriert sind und somit eine komplette Front-to-Back-Lösung auf höchstem Niveau darstellen. Die Roadmap von OLYMPIC Banking System umfasst unter anderen verschiedene Projekte, die aus der engen Zusammenarbeit mit unseren Kunden entstanden sind.


ERI beschäftigt etwa 500 MitarbeiterInnen (davon 230 in der Schweiz) und hat rund 300 Kunden in 50 Ländern. Wie schaffen Sie es, eine so grosse Anzahl von Kunden in so vielen Ländern zu betreuen und gleichzeitig die Software neuen, teilweise auch sehr lokalen Marktbedürfnissen anzupassen? Welche Rolle spielen Partner bei den Implementierungsprojekten?


Die Kompatibilität von OLYMPIC Banking System mit lokalen Gegebenheiten war schon immer Teil unseres Produktkonzeptes. Jede Anpassung geschieht mit Blick auf globale Modelle, wieder verwendbar und mit an die lokalen Bedürfnisse angepassten Parametern versehen. Dies ermöglicht eine globale Strategie mit einem einzigen Produkt. Partnerschaften sind immer Teil unserer Strategie, ganz besonders, wenn Drittlösungen, welche genau bestimmten oder lokalen Bedürfnissen entsprechen, so gestaltet sind, dass sie sich auf APIs ebenso übertragen lassen wie diejenigen von OLYMPIC Banking System.


Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei. Wie sehen diese aus?


Ganz spontan ein Wunsch, den wir sicherlich mit allen direkten oder indirekten Akteuren der Finanz- und Bankenwelt teilen, nämlich die Stabilisierung der Märkte und die Rückkehr zu einem erträglichen Wachstum. Der zweite Wunsch wäre, einen Blick in die Zukunft werfen zu können, um zu sehen, wie weit sich unsere Vorstellungen von der Bank von morgen mit den Tatsachen decken: der Kunde nimmt im Entscheidungsprozess einen immer wichtigeren Platz ein, was sogar bis in den operationellen Teil führen kann, die Transparenz wird sich auf allen Stufen entwickeln, die Einnahmen werden vermehrt aus Dienstleistungen generiert werden und die mobilen Technologien werden in die internen Systeme der Banken voll integriert sein.





Der Gesprächspartner
Michel Mathys, geboren in der Schweiz, absolvierte eine Ausbildung zum Ingenieur. Er hat in verschiedenen Funktionen aktiv an mehreren Bankinformatik-Projekten in der Schweiz und im Ausland mitgewirkt: Beratung Informatikstrategie und Evaluationsprozesse, Projektleitung Installation und Leitung von User-Gruppen. Seit mehreren Jahren ist er als Marketing- und Verkaufsleiter für führende Anbieter von Anwendungssoftware tätig und nimmt in dieser Funktion auch aktiv an der Produktstrategie teil. Zurzeit ist er als Leiter Marketing und Verkauf auf Direktionsebene bei ERI Bancaire, dem Hersteller der Software OLYMPIC Banking System, tätig.


Das Unternehmen
ERI ist als international tätiges Unternehmen auf Konzeption, Entwicklung und den Vertrieb sowie Support der integrierten und in Echtzeit funktionierenden Bankensoftware OLYMPIC Banking System® spezialisiert. ERI ist auf den wichtigsten Finanzplätzen in Europa bestens eingeführt und mit Sitzen in Genf, Zürich, Lugano, London, Luxemburg, Singapur, Paris und Monaco weltweit vertreten. ERI und seine mehr als 530 hoch qualifizierten Mitarbeitenden betrachten Qualität als ihre oberste Priorität. Um seinen Kunden eine höchstmögliche Zufriedenheit zu gewährleisten, stellt ERI ihnen alle nötigen Dienstleistungen zur Verfügung: Beratung, Projektverwaltung, Analysen, Entwicklungen, Parametrierung, Unterstützung und Wartung. Mehr als 300 Kunden in annähernd 50 Ländern in Europa, Afrika, Asien sowie in den Amerikas und im Mittleren Osten arbeiten bereits mit OLYMPIC Banking System®.


 

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