SECO-Direktor Jean-Daniel Gerber: Investieren in den Entwicklungsmotor

Von Marcus Balogh


Marcus Balogh: Was haben KMU in Entwicklungsländern mit dem Staatssekretariat für Wirtschaft SECO zu tun?

Jean-Daniel Gerber:
Sowohl für Industrieländer wie auch für weniger fortgeschrittene Volkswirtschaften ist der Privatsektor, insbesondere eben die kleinen und mittelgrosse Betriebe, ein entscheidender Entwicklungsmotor. Und die Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung in Entwicklungs- und Transitionsländern ist eben explizit Aufgabe des SECO. Ausserdem ist es ein wichtiges Element der schweizerischen Aussenwirtschaftspolitik. 

Welches Ziel verfolgt diese Politik? 

Die wirtschaftliche Entwicklungszusammenarbeit soll die Voraussetzungen schaffen, dass die Globalisierung ihr wohlstandsförderndes Potenzial für möglichst viele Menschen entfalten kann, und die Schweizer Wirtschaft mittelfristig über einen gesicherten Zugang zu diesen Märkten verfügt.

In wie vielen Ländern führt das SECO im Zusammenhang mit KMUs Aktivitäten durch?&

Zugunsten von KMUs sind wir in rund 20 Entwicklungs- und Transitionsländern tätig.

Und wie sehen diese Aktivitäten genau aus?&

Die Verbesserung des Geschäftsumfelds, die Erleichterung des Zugangs zu Finanzmitteln, sowie die Stärkung der Exportfähigkeit bilden drei sich gegenseitig ergänzende Pfeiler der SECO-Interventionen. Dafür setzen wir pro Jahr rund 60 Millionen Franken ein. Hinzu kommen ergänzende Instrumente für Schweizer KMU, die Direktinvestitionen in den Partnerländern fördern helfen – der SECO Start-up Fund, und zweitens das Investitionsförderungsmandat, das im Moment noch bei der Swiss Organization for Facilitating Investments, der SOFI liegt, ab Januar 2008 an die OSEC.



«Der Zugang zu Finanzmitteln ist für KMU in Entwicklungs- und Transitionsländern oft sehr schwierig. Das Symposium soll deshalb bei einem Fachpublikum ein besseres Verständnis für diese Problematik fördern.»


Wenn ihr Auftrag so klar ist und die finanziellen Mittel sicher gestellt sind – wozu braucht es dann noch das ‹Symposium› Investing Private Capital in Emerging and Frontier Market SMEs›?&

Der Zugang zu Finanzmitteln ist für KMU in Entwicklungs- und Transitionsländern oft sehr schwierig. Das Symposium soll deshalb bei einem Fachpublikum ein besseres Verständnis für diese Problematik fördern. Zugleich sollen Erfolg versprechende Investitionsmöglichkeiten in Ländern mit ganz unterschiedlichen Voraussetzungen diskutiert werden – nicht nur in den fortgeschrittenen Entwicklungstaaten wie Russland, Brasilien, Indien oder China sondern auch in Vietnam, Peru, Kolumbien, Ägypten und ausgewählten Staaten in Sub-Sahara Afrika. Die Veranstaltung hat den Anspruch, eine Vorreiterrolle zu spielen, indem innovative Ansätze und Antworten auf drei zentrale Fragen von Investoren präsentiert werden: «Why should I invest?», «What is the risk and return profile?» und schliesslich «How can I invest?» 

Für welche Gruppen von Investoren sind Investitionen in KMUs in Entwicklungsländern überhaupt von Interesse?&

Vor allem für private und institutionelle Investoren, die neben einem risikogerechten Ertrag einen gewissen sozialen Mehrwert erwarten und dafür auch etwas mehr Geduld aufbringen.

Welche Risiken sehen Sie in Bezug auf die Investitionen in KMUs in Entwicklungsländern?

Wesentlich erhöht ist vor allem das Länderrisiko – also die Gesamtheit der Faktoren, die das Geschäftsumfeld bestimmen. Sie sind zu einem guten Teil von der Politik der jeweiligen Regierungen abhängig. Dazu kommen Marktrisiken, wie das Wechselkursrisiko und die stärkere Anfälligkeit dieser Länder in Bezug auf die Volatilitäten an den Finanzmärkten.

Gibt es nicht auch ein höheres Risiko in Bezug auf Führung und Finanzierung von KMUs in diesen Ländern?&

Neuere Studien deuten darauf hin, dass das business risk, also das Risiko unerwünschter Ereignisse in der Führung und Finanzierung von KMU, in der Realität nicht zutrifft.

Aber kann man angesichts der Heterogenität der KMUs in Entwicklungsländern überhaupt solche generelle Aussagen machen – ist nicht jedes Land als Einzelfall zu betrachten?

Natürlich gibt es in der Tat grosse Unterschiede in Bezug auf das Geschäftsumfeld in Entwicklungsländern. Das zeigt zum Beispiel auch der jährlich erscheinende ‹Doing Business›-Bericht der Weltbank. Aber gerade darum ist ein Schwerpunkt des Symposiums diesem für die KMU-Finanzierung sehr wichtigen Thema gewidmet. Streng genommen müsste man aber jede KMU im Einzelfall anschauen, da deren Gedeihen letztlich von Dutzenden sowohl kontrollierbarer und wie auch nicht beeinflussbarer Faktoren abhängig ist.

Welche Formen von Investitionen halten Sie aus der Perspektive eines potenziellen Investors für sinnvoll?

Für institutionelle Investoren und Privatanleger wären direkte Aktienbeteiligungen oder Darlehen an KMU in Entwicklungs- und Transitionsländern zu riskant. Attraktive Vehikel sind hingegen Venture Capital Fonds und strukturierte Finanzierungsprodukte, speziell Verbriefungen. Das in solchen Fonds gesammelte Risikokapital wird vielversprechenden Unternehmen für 8 bis 10 Jahre von Management-Gesellschaften zur Verfügung gestellt, die mit dem lokalen KMU-Markt vertraut sind, die Einhaltung internationaler Standards einfordern und zugleich auch Beratung und technische Unterstützung leisten.

Welche Rolle haben diese Investitionen für Entwicklungsländer heute – welche Rolle werden (oder können) sie in Zukunft spielen?&

Für viele KMU in Entwicklungsländern ist der fehlende Zugang zu langfristigem Kapital nicht nur ein Haupthindernis für ihr Wachstum, sondern bedroht auch ihren Fortbestand. Lokale Finanzmärkte, wenn sie überhaupt existieren, fokussieren allzuoft auf eine Handvoll grosser Unternehmen. Der Zugang zu den internationalen Kapitalmärkten ist für KMU ebenso schwierig. Und der Mangel an Vertrauen von privaten und internationalen Investoren vergrössert die inheränten Länderrisiken für Investitionen in diese Länder noch.

Welche Rolle kann das SECO in diesem Rahmen denn übernehmen?

Rein private und kommerzielle KMU-Fonds nehmen zwar zu, bilden aber noch die Ausnahme. Verständlicherweise wollen sich Banken und private Investoren aufgrund der Länder- und Wechselkursrisiken oft nicht alleine engagieren. Hier setzen wir mit Anschub- und Risikoteilungsmechanismen an, um eine Art Demonstrationseffekt zu erzielen. Über den Swiss Investment Fund for Emerging Markets – den SIFEM – haben wir uns in den vergangenen acht Jahren zum Beispiel mit rund 250 Millionen Franken an Risikokapitalfonds für KMU in Entwicklungsländern beteiligt. Dabei investieren wir selbst keine grossen Volumina, sondern setzen die beschränkten Ressourcen ganz gezielt für die Innovationsförderung und Mobilisierung von privaten Mitteln ein. Wir achten auch streng darauf, dass die Unterstützung Marktverzerrungen vermeidet und auf keinen Fall private Investitionen verdrängt.

Welche Rolle glauben Sie kann in diesem Zusammenhang ein Finanzdienstleister wie die Credit Suisse übernehmen?

Die Credit Suisse zeigt Interesse und Engagement für innovative Investitionsmechanismen – ein Beispiel wäre die Mikrofinanz. Dieses Engagement kann als Signal verstanden werden, dass interessante Investitionsmöglichkeiten in Entwicklungsländern bestehen, namentlich über das Instrument der Risikokapitalfonds. Die Credit Suisse übernimmt hier eine Führungsrolle, bei der sie den Vorteil des «early mover» ausspielen kann. 





Das Interview wurde uns freundlicherweise von Credit Suisse IN FOCUS zu Verfügung gestellt.



 

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